Robert Mayer
Robert Mayer: „Wenn Städter, die es gewohnt sind, dass es eine Berufsfeuerwehr gibt, aufs Land ziehen, behalten sie oft ihre Einstellung, dass es im Bedarfsfall Profis gibt, die helfen. Es gibt in ganz Österreich aber nur sechs Berufsfeuerwehren.“
© Österreichischer Bundesfeuerwehrverband

Ehrenamt

Feuer und Flamme für die Feuerwehr

Die Freiwilligen Feuerwehren sind ein Hauptpfeiler des sicheren Zusammenlebens in Österreich. Ohne die tausenden Freiwilligen wären Unwetterereignisse wie Anfang August in Kärnten und der Steiermark nicht zu bewältigen. KOMMUNAL sprach mit Bundesfeuerwehrpräsident Robert Mayer kurz vor dessen Aufbruch zum 24. Bundesfeuerwehrjugendleistungsbewerb in Osttirol.

Herr Präsident, die Feuerwehren – und vor allem die freiwilligen Feuerwehren – sind eine zentrale Stütze des kommunalen Lebens. Wie sieht es denn mit den Mitgliederzahlen aus? Gibt es noch genügend Freiwillige?

Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden, die Statistiken der letzten Jahre zeigen eine positive Entwicklung, gerade in der Feuerwehrjugend ist der Zulauf nach wie vor groß.

Ich freue mich sehr, dass immer mehr Frauen und vor allem auch Mädchen den Weg in die Feuerwehr bzw. Feuerwehrjugend finden. Besonders hervorheben möchte ich, dass immer mehr Frauen auch Führungsverantwortung übernehmen und in Kommandofunktionen gewählt werden sowie sich auf Abschnitts- und Bezirksebene engagieren.

Aber auch als Atemschutzgeräteträgerin oder Kraftfahrerin behaupten sich Feuerwehrfrauen im täglichen Einsatzdienst. Das zeigt auch die Statistik 2022, aus welcher hervorgeht, dass im Vergleich zum Jahr davor ein Plus von 2.819 Frauen und Mädchen dokumentiert wurde. Das bedeutet, dass rund 60 % der Neumitglieder im Jahr 2022 weiblich sind. Dennoch spielt unter Beobachtung der zukünftigen Entwicklungen das Freiwilligenmanagement bei uns eine sehr große Rolle.

Im Bundesfeuerwehrverband (ÖBFV) befasst sich der Fachausschuss Freiwillige Feuerwehren umfassend mit diesem Thema und wird auch zukünftig sehr gefordert sein. Wir müssen verstärkt auf die Bedürfnisse der Ehrenamtlichen sowie auch potenzieller Neumitglieder eingehen und den Feuerwehrdienst attraktiv gestalten. Die Gesellschaft wandelt sich, darauf müssen auch wir eingehen, um unsere Mitglieder zu motivieren und langfristig zu halten bzw. neue Mitglieder zu finden.

Wie können Bürgerinnen und Bürger besser in das Feuerwehrwesen eingebunden werden? Vor allem in Gebieten, die etwas urbaner sind, also etwa in den Speckgürtelgemeinden?

Wenn Städter, die es gewohnt sind, dass es eine Berufsfeuerwehr gibt, aufs Land ziehen, behalten sie oft ihre Einstellung, dass es im Bedarfsfall Profis gibt, die helfen. Es gibt in ganz Österreich aber nur sechs Berufsfeuerwehren.

Manchmal bekommen Feuerwehren Anrufe, dass ein Keller unter Wasser steht. Vorort zeigt sich dann, dass es gerade ein paar Zentimeter sind, aber viele Leute sind es gewohnt, gleich zum Hörer zu greifen. Hier muss Bewusstsein geschaffen werden, dass Feuerwehrleute Freiwillige sind, die man aus ihrem Beruf oder ihrer Freizeit holt.

Gerade in den erwähnten Speckgürtelgemeinden gibt es oft solche vermeidbaren Einsätze. Dazu kommt noch, dass in diesen Orten die Mitgliederzahlen der Feuerwehren nicht so hoch sind wie bei ländlicheren Gemeinden. Die Mitgliederzahlen wachsen rund um die großen Städte leider nicht so wie die Bevölkerung.

Die Anonymisierung bringt es leider mit sich, dass oft das Bewusstsein fehlt, dass man auch selbst Verantwortung für die Allgemeinheit hat. Es ist eine Mentalitätsfrage, wie sehr man sich in seine Gemeinde einbringt. Beteiligt man sich am öffentlichen Leben oder lebt man nur in seinem Haus und kümmert sich nicht um das Rundherum? Das ist nicht nur ein Thema für die Feuerwehren, sondern betrifft das Gemeindeleben generell.

Kann die Feuerwehr dazu beitragen, Migrantinnen und Migranten in das Gemeindeleben zu integrieren?

Das wird in vielen Orten bereits gemacht. Wichtig ist natürlich, dass die Personen gute Deutschkenntnisse haben, denn im Einsatz muss man sich darauf verlassen können, dass man einander versteht. Wer sich engagieren möchte, findet in der Feuerwehr sicher Anschluss.

Wir bemerken aber schon, dass in anderen Ländern das Feuerwehrwesen ganz anders organisiert ist und ein anderes Standing hat. In Österreich ist das Vertrauen in die Feuerwehren sehr hoch, in manchen Ländern ist das nicht so.

Stimmt es, dass Feuerwehren, die mit Blaulicht und Sirene im Einsatz waren, Klagen wegen Lärmbelästigung erhalten haben?

Ja, das ist tatsächlich leider schon vorgekommen. Natürlich ist es nicht schön, wenn man nachts durch ein Folgetonhorn geweckt wird, aber da dient ja einerseits der Alarmierung und anderseits auch der Sicherheit der Feuerwehrleute. Glücklicherweise waren diese Klagen nur Einzelfälle, aber es zeigt sich natürlich eine traurige Entwicklung, dass man gleich klagt, wenn einem etwas stört.

Wenn man zuletzt Bilder von Brandkatastrophen in Südeuropa gesehen hat, dann steht da oft ein Feuerwehrmann in Uniform und etliche Helfer in Zivilkleidung. Ist es bei uns gewünscht, dass Laien helfen, oder ist das eher ein Gefährdungsfaktor?

Grundsätzlich ist es gut, wenn viele Menschen helfen. Wichtig ist, dass die Hilfe nicht unkoordiniert abläuft. Die Sicherheit der zivilen Helfer muss genauso sichergestellt sein wie die der Feuerwehrleute. Es gibt in Österreich dazu Modelle, die das gewährleisten sollen.

Oft ist die Unterstützung der zivilen Helfer bei der Beseitigung von Schäden wichtiger als ein Einsatz unmittelbar während einer Katastrophe.

Die Änderung der Gemeindestrukturen – sehr viele Zweitwohnsitzer vor allem in urbanen Speckgürteln – bringen es ja mit sich, dass viele Menschen nicht die Bindung zur jeweiligen Gemeinde wie die lokale „Stammbevölkerung“ haben. Wirkt sich das auf die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren aus? Und wenn ja, wie?

Es zeichnet sich hier eine sehr problematische Entwicklung ganz allgemein ab. Die Bindung an die Wohngemeinde, sich zu engagieren und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, findet immer seltener statt, gleichzeitig möchten aber alle Vorzüge (auch die uneingeschränkte Hilfe), konsumiert werden.

Diese Entwicklung und die Mobilität unserer Gesellschaft sind Faktoren, die wir schon seit einiger Zeit beobachten und uns darauf einstellen müssen. So gibt es mittlerweile die Möglichkeit von Zweitmitgliedschaften, damit Feuerwehrmitglieder am Wochenende in ihrer Stammfeuerwehr aktiv sein können und unter der Woche ihr Engagement bei der Feuerwehr in der Nähe des Arbeits- oder Ausbildungsplatzes einbringen können. Dadurch wird auch die Chance auf Anschluss und das Knüpfen neuer sozialer Kontakte in einer neuen Umgebung – wenn man beispielsweise ein Studium beginnt – gefördert.

Zu einer Zweit-Feuerwehr zu gehen, setzt allerdings natürlich einiges voraus: Die Harmonisierung der Ausbildung, um nicht bei jeder Feuerwehr neu anfangen zu müssen oder so gut wie möglich standardisierte Fahrzeuge, um unnötigen Einschulungsaufwand zu vermeiden. Die Tageseinsatzbereitschaft ist mancherorts aber tatsächlich eine Herausforderung.

Gerade in strukturschwächeren Gemeinden, wo werktags wenige Mitglieder in der Ortschaft sind, kommt es immer wieder zu Engpässen. Aufgrund der Dichte unseres Systems haben wir aber die Ressourcen, dass wenn bei einer Feuerwehr zu wenige Mitglieder verfügbar sind, Nachbarfeuerwehren zur Unterstützung alarmiert werden können.

Aber die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Feuerwehren funktioniert im Wesentlichen sehr gut …

Ja, die Feuerwehr ist wesentlicher Teil der Gemeinde. Und auch die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, was für die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen enorm wichtig ist.

Ist also alles perfekt oder gibt es Optimierungspotential?

In den Bundesländern wurden Instrumentarien geschaffen, die sowohl für die Gemeinde wie auch für die Feuerwehren Planungssicherheit ermöglichen. Das betrifft vor allem notwendige Investitionen.

Da und dort kann man sicher noch an Schrauben drehen, aber im Großen und Ganzen funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut. Man darf halt nicht vergessen, dass es ein Ehrenamtssystem ist und daher manchmal sensibler als ein professionelles System.

Digitalisierung ist derzeit in vielen Bereichen ein wichtiges Thema. Wo kann bei Feuerwehren Digitalisierung stattfinden?

Im Einsatz ist Feuerwehrwesen Handarbeit, aber natürlich hält die Digitalisierung auch bei den Feuerwehren Einzug. Einerseits in der Verwaltung und andererseits bei der digitalen Einsatzführungsunterstützung, die sich derzeit im Aufbau befindet. Dadurch soll der Einsatzleitung die Planung und die Abwicklung von Einsätzen – vor allem bei größeren Einsätzen und Katastrophen – erleichtert werden.

Beim Thema Digitalisierung arbeiten wir derzeit eng mit Universitäten und mit der Wirtschaft zusammen, wie Daten besser nutzbar gemacht werden können. Künftig können dann „smarte Bauten“ der Einsatzleitung wichtige Informationen geben.

Drohnen werden bereits intensiv genutzt, jetzt geht es darum, auch Roboter verstärkt zu nutzen.

Dazu läuft ein KIRAS-Projekt (KIRAS ist das österreichische Förderungsprogramm für Sicherheitsforschung), bei dem Fördergeld für wissenschaftliche Projekte zur Erhöhung der Sicherheit ausgeschüttet wird.

Die Energiekrise hat einiges an Verunsicherung mit sich gebracht in Bezug auf neue Brandszenarien. Beispielsweise PV-Anlagen am Dach. Wie hat man darauf reagiert? Musste man überhaupt reagieren, weil unseren Informationen nach man den Brand einer PV-Anlagen auch mit Wasser löschen kann?

Der ÖBFV arbeitet derzeit an einer Richtlinie, um die Einsatzkräfte vorzubereiten. Die Feuerwehr reagiert ständig auf neue Entwicklungen und Produkte am Markt, seien es alternativ angetriebene Fahrzeuge, smarte Gebäude oder eben PV-Anlagen und Energiespeicher, um die Sicherheit und Gefahrenabwehr gewährleisten zu können.

Die Feuerwehr bringt sich in die Forschung ein, dafür gibt es beispielsweise das ÖBFV-Kompetenzzentrum „wissensbasierte Gefahrenabwehr“, um zukünftige Gefahren besser antizipieren zu können.

Das wirft auch die Frage auf nach der Lebensdauer bzw. der Eignung der Fahrzeuge und Ausrüstung für neue Gefahrenlagen auf. Sind die Feuerwehren auf moderne Gefahren ausreichend vorbereitet, auch mit Schulungen?

Wir stehen aktuell einer sehr rasanten technischen und herausfordernden Entwicklung gegenüber. Das betrifft einerseits das Einsatzspektrum und andererseits die Technisierung der Ausrüstung und Ausstattung.

Die derzeitigen Finanzierungen decken überwiegend Investitionen in Ausrüstung und Gerät ab, wobei wir hier eine erhebliche Schieflage aufgrund der massiven Teuerungen haben. In den Landesfeuerwehrverbänden wurde in den letzten Jahren bereits begonnen, neue Fahrzeug- und Ausrüstungskonzepte umzusetzen.

Im Besonderen geht es dabei beispielsweise um Logistikfahrzeuge, die sich speziell bei den Katastropheneinsätzen und Großschadenslagen bestens bewähren. Ein besonderer Fokus gilt auch der Ausrüstung für Vegetationsbrände bzw. Waldbrände.

Der Fokus wird in Zukunft neben der technischen Entwicklung auch sehr stark bei der Ausbildung liegen müssen. Die Landesfeuerwehrschulen müssen entsprechend finanziert werden, um nicht nur auszubilden, sondern auch dringend notwendige Inhalte entwickeln zu können.

Durch die Teilnahme an Forschungsprojekten versuchen wir, am Zahn der Zeit zu bleiben und uns aktiv in Entwicklungen einzubringen. Die Ergebnisse müssen dann praxistauglich in die Breite gebracht werden.

Über den ÖBFV wurden in Summe sechs Kompetenzzentren in unterschiedlichen Bundesländern etabliert, damit sich jeder Verband mit Expertenwissen einbringen kann. Das ist ein Erfolgsmodell. Im Bereich der Tunnelausbildung wird am steirischen Erzberg von uns auch ein Tunneltrainingszentrum betrieben, um Feuerwehrmitglieder auf die Herausforderungen in dem speziellen Umfeld zu trainieren.

Sie waren ja im Juli in der Republik Moldau, wo der Feuerwehrverband und unter anderem der Gemeindebund den Aufbau von Freiwilligen-Strukturen unterstützen (und nicht nur dort), auch mit Fahrzeugen. Wenn diese Fahrzeuge in anderen Ländern weiterlaufen können, wieso müssen diese Fahrzeuge bei uns nach einer gewissen Kilometerleistung oder aus Altersgründen ausgemustert werden?

Die meisten Löschfahrzeuge haben eine Mindestnutzungsdauer von 25 Jahren. Teilweise werden diese auch länger betrieben. In dieser Zeit entwickelt sich der Stand der Technik massiv weiter.

In der vorher gestellten Frage findet sich eigentlich die Antwort zu dieser Frage. Wenn man die Länder vergleicht und damit auch die Anforderungen an das Feuerwehrwesen, dann erklärt sich die notwendige Modernisierung bei uns.

In der Republik Modau entsteht, Dank des großartigen Engagements auch aus Österreich (insbesondere durch Vorarlberg), ein freiwilliges Feuerwehrsystem. Die Anforderung sind dabei wesentlich anders im Hinblick auf das Einsatzgeschehen als bei uns.

Wir sprechen hier vorwiegend von der Brandbekämpfung und beispielsweise nicht von der großen Palette an technischen Einsätzen. Diese Unterschiede erlauben noch eine einfachere Technologie, da auch die Nutzungsintensität durch Einsatz und Ausbildung so hoch ist. Das Feuerwehrsystem in Österreich basiert auf gut ausgebildeten und gut ausgestatteten Feuerwehren und Feuerwehrmitgliedern. Durch die Ehrenamtlichkeit entfallen die Personalkosten, die bei einer so schlagkräftigen Feuerwehr nicht finanzierbar wären.

Finanziert werden viele Geräte und Ausrüstungsgegenstände oft mit Zeltfesten und unter Beteiligung der Gemeinden. Zeltfeste sind vor allem von Seiten der Gastronomie immer wieder in der Kritik, sie schwächen angeblich die örtliche Gastronomie und tragen so zum vielbeschworenen „Wirte-Sterben“ in Gemeinden bei? Wie sehen Sie diese Argumentation?

Veranstaltungen der Feuerwehr sind aus verschiedenen Gründen notwendig. Zum einen ist es gerade in der Arbeit mit ehrenamtlichen Frauen und Männern unumgänglich, das soziale Miteinander, den gesellschaftlichen Aspekt zu fördern.

Unsere Mitglieder stellen sich neben Familie und Beruf in den Feuerwehrdienst und gehen damit teilweise auch ein hohes Risiko ihrer eigenen Gesundheit ein. Nur wenn die Kameradinnen und Kameraden einander gut kennen und viel Zeit miteinander verbringen, können sie sich im Einsatzfall blind vertrauen und im wahrsten Sinne des Wortes gemeinsam durchs Feuer gehen.

Nur wenn die Kameradinnen und Kameraden einander gut kennen und viel Zeit miteinander verbringen, können sie sich im Einsatzfall blind vertrauen und im wahrsten Sinne des Wortes gemeinsam durchs Feuer gehen.

Der Kontakt untereinander und mit der Bevölkerung im Rahmen von Veranstaltungen sichern uns ein gelebtes Miteinander schon seit Generationen und stärken den ländlichen Raum durch Traditionspflege, Brauchtum und Zusammenhalt.

Die Feste sind aber auch ein wesentlicher Faktor, wenn es um die Finanzierung von Fahrzeugen und Gerätschaften geht. Verantwortlich für die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft ist immer die jeweilige Gemeinde.

Vielerorts leisten die Feuerwehren aber auch einen nicht unwesentlichen finanziellen Beitrag zum laufenden Betrieb und zu Anschaffungen. In manchen Bundesländern steuern Feuerwehren sogar ein Drittel der Finanzmittel bei der Anschaffung eines Fahrzeuges bei und unterstützen so das Budget der Gemeinde. Dieses Geld muss ja auch irgendwo herkommen – hier kommen Spendenaktionen und der Reinerlös von Veranstaltungen ins Spiel.

Zudem kaufen für solche Feste die Feuerwehren im Regelfall auch regional ein, wodurch in die Wirtschaft investiert wird. Und auch die Gastronomie wird vielerorts schon mit ins Boot geholt. Die Feuerwehr hat durch die 72-Stunden-Regel die Möglichkeit, in diesem Zeitraum pro Jahr Veranstaltungen auszurichten, das ist aus meiner Sicht vertretbar. Ich denke aber, dass es vielmehr positive Zusammenarbeit mit der Gastronomie gibt und ein Wirte-Sterben nicht von Feuerwehrfesten ausgelöst wird.

Ist die Finanzierung vor allem der vielen Freiwilligen Feuerwehren am Land mit Hilfe der Gemeinden – die ja auch nicht mit viel Geld gesegnet sind – noch zeitgemäß?

Gerade in ihrem Heimatbundesland Oberösterreich (aber nicht nur dort) gibt es Gemeinden mit bis zu acht Feuerwehren – das kann eine Gemeinde bei den massiven anderen Anforderungen an Gemeinden, die während und nach der Corona-Pandemie ja noch gestiegen sind, ja gar nicht stemmen. Gibt es hier Abhilfe, etwa durch die Länder?

Es ist eine langjährige Forderung des Bundesfeuerwehrverbandes, die Mittel aus dem Katastrophenfonds und der Feuerschutzsteuer deutlich anzuheben, um die Förderungen in adäquater Höhe sicherzustellen. Die derzeitige Rechtslage sieht die Gemeinde in der Pflicht, die Feuerwehren zu finanzieren.

Durch verschiedene Planungsinstrumente in den Landesfeuerwehrverbänden wurde in den letzten Jahren auch eine konkrete Bedarfsplanung für Ausrüstung und Ausstattung der Feuerwehren in der Gemeinde erstellt, wodurch auch mehr Planungssicherheit entstanden ist.

Das dichte Netz unserer Feuerwehren macht unsere Stärke aus – wie wir erst unlängst bei den Unwettern in Kärnten und der Steiermark gesehen haben. Gerade weil es in Österreich doppelt so viele Feuerwehren wie Gemeinden gibt, haben Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit besondere Bedeutung.

Gerade weil es in Österreich doppelt so viele Feuerwehren wie Gemeinden gibt, haben Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit besondere Bedeutung.

Nicht jede Feuerwehr braucht eine Drehleiter, nicht jede Feuerwehr braucht das größte Tanklöschfahrzeug. Die strategische Positionierung und die Ausarbeitung von Alarmplänen machen es möglich, Katastrophenhilfsdienst-Einheiten und Stützpunktfeuerwehren zu erhalten, die ein Sondergerät verwalten und betreiben und bei Bedarf überörtlich in den Einsatz bringen. Hier wird Kooperation und Zusammenarbeit schon seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert.

Es hat in den letzten Jahren auch kommunale Investitionspakete für Gemeinden seitens des Bundes gegeben. Darin waren aber alle Fahrzeuge ohne alternative Antriebe und somit auch gängige Feuerwehrfahrzeuge ausgenommen.

Ein Umstieg auf E-Fahrzeuge im Feuerwehrbereich wäre aus heutiger Sicht noch unfinanzierbar. Ergänzen möchte ich, dass bspw. der Straßenverkehr - und damit die Verursacher tausender technischer Einsätze - keinen Beitrag zur Beschaffung und zum Erhalt der notwendigen technischen Einsatzgeräte leisten.

Nachbesserungsbedarf gibt es definitiv beim Katastrophenfonds, hier hat sich die Deckelung seit 2013 nicht mehr verändert, eine Valorisierung wurde damals nicht eingeführt. Die aktuellen Entwicklungen sowie auch die Teuerung machen uns ordentlich zu schaffen, weshalb wir hier aktiv an einer Verbesserung arbeiten müssen und auf die Unterstützung unserer Partner hoffen. Nach einem Gespräch mit Herrn Finanzminister Brunner erhoffen wir uns hier konkrete Lösungen, damit wir eine nachhaltige Absicherung unseres Feuerwehrsystems herstellen können.

Hochwasser
Bei den Unwetterkatastrophen im August mussten von Feuerwehrleuten unzählige Arbeitsstunden geleistet werden. Foto: Richard Berger| FEUERWEHR.AT

Noch eine Belastung, die gerade in den vergangenen Monaten immer spürbarer wird, ist die Zahl und Dauer der Einsatz nach Unwetterereignissen. Hangrutschungen, Hagelschäden, Murenabgänge usw. nehmen immer mehr zu und es wird vermehrt die Frage gestellt, wie die Freiwilligen Feuerwehren das schaffen sollen? Auch die langen Abwesenheiten vom Arbeitsplatz wird immer wieder diskutiert. Wie reagiert man da im Verband?

Wir sind hier neben der Akzeptanz und Unterstützung der Familie auch von der Wirtschaft ganz klar abhängig. Wir sehen es aber als eine wertvolle Partnerschaft und eine Win-win-Situation für beide Seiten.

Der ÖBFV unterstützt dieses Zusammenspiel aus Unternehmen und Gesellschaft indem z. B. regelmäßig „feuerwehrfreundliche Arbeitgeber“ ausgezeichnet werden, um jene Unternehmen vor den Vorhang zu holen, die sich hier besonders hervortun.

Viele Bereiche aus dem öffentlichen Dienst (Gemeinden, Länder…) schaffen die Möglichkeit von Dienstfreistellungen. Zusätzlich wurde aus Mitteln des Kat-Fonds eine Möglichkeit geschaffen, Arbeitgeber zu entschädigen, wenn sie ihre Arbeitnehmer bei Großschadensereignissen freistellen.

In allen Bundesländern wurden Einheiten etabliert, um Ablösen aus nicht so stark betroffenen Regionen sicherzustellen (Katastrophenhilfsdienste). Das funktioniert aufgrund der Flächendeckung und der guten Ausstattung sehr gut. Generell sehen wir sehr großes Verständnis der Arbeitgeber, wenn es um Katastrophen- oder Großschadensereignisse geht.

Bei dieser Gelegenheit bedanke ich mich bei allen Arbeitgebern, die das Engagement ihrer Mitarbeiter zu schätzen wissen und durch die Unterstützung dieser Menschen einen wesentlichen Beitrag zu mehr Sicherheit in unserem Land leisten.

Bedingt durch den Klimawandel wird prognostiziert, dass Großschadensereignisse zunehmen werden. Macht das auch Änderungen der Ausrüstung und bei der Ausbildung nötig?

Ja, etwa bei Fahrzeugkonzepten und im Logistikbereich. Man braucht etwa mehr Großpumpen und Stromerzeuger. Solche Sondergerätschaften müssen aber nicht bei jeder Feuerwehr vorhanden sein, sondern in Stützpunkten, auf die bei Bedarf zugegriffen werden kann.

Fahrzeuge sind heute flexibler als früher und können leichter umgerüstet werden. Diese Flexibilität braucht man auch bei der Ausbildung. Waldbrände haben heute oft eine andere Qualität als früher, hier muss die Vegetationsbrandbekämpfung anders erfolgen. Auch die zunehmenden Starkregenereignisse und Überschwemmungen machen einen Schulungsaufwand notwendig.