Bad Feilnbach
In Bad Feilnbach in Oberbayern soll auf einer zentralen Fläche in der Ortsmitte „Wohnen und Leben“ entstehen. Erworben hat das 5.000 m2 große Grundstück ein Projektentwickler aus der Region.
© Bad Feilnbach

Partizipation

Beispiele für gelungene Bürgerbeteiligung

Wohnen in der Ortsmitte 

Bad Feilnbach, Oberbayern

In Bad Feilnbach in Oberbayern soll auf einer zentralen Fläche in der Ortsmitte „Wohnen und Leben“ entstehen. Erworben hat das 5.000 m2 große Grundstück ein Projektentwickler aus der Region, um dort Wohnen und Leben, Versorgen und Freiraum zu verwirklichen, lebendig und mit Qualität – und vor allem bedarfsgerecht. Dafür setzten Gemeinde und Projektentwickler von Anfang an auf die Beteiligung der Bürgerschaft.

Unter fachkundiger Begleitung von Partizipationsexperten fand diese offen für den ganzen Ort in zwei Schritten statt: eine eineinhalbtägige Ideenwerkstatt und eine halbtägige Planungswerkstatt. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser beiden Werkstätten arbeitete im Anschluss ein Architekturbüro den städtebaulichen Entwurf für das Grundstück aus.

Immer mit dabei waren der Projektentwickler, der Bürgermeister, Vertreter des Gemeinderats und die Architekten. So war sichergestellt, dass der Bedarf und die Vorstellungen aus der Bürgerschaft auch direkt bei denen ankommen, die letztendlich planen und entscheiden.

Baugemeinschaft als Quartiersentwicklung 

Pressbaum, Niederösterreich

Einer Gruppe von engagierten Menschen wurde es ermöglicht, in Pressbaum, 20 Kilometer westlich von Wien, auf dem Pfarrgrund bedarfsgerechten und maßgeschneiderten Wohnraum zu schaffen. Auf einem Grundstück von rund 14.000 m2 wurden zehn zwei- und dreigeschoßige Wohnhäuser und ein Gemeinschaftshaus errichtet, die sich in zwei Reihen entlang der Hangneigung um einen zentralen Dorfplatz gruppieren.

Von Planungsbeginn an ein großes Anliegen war der Baugruppe, zehn Prozent der Gesamtwohnfläche für gemeinschaftliche Nutzung zu widmen. Entstanden ist ein Gemeinschaftshaus mit Veranstaltungsraum, Gemeinschaftsküche, Aufenthaltsräumen und Gästewohnung sowie ein großer gemeinsamer Garten statt vieler kleiner, privater Gärten. 

Etwa hundert Personen sind im Frühjahr 2018 nach Pressbaum gezogen: junge Familien, Paare und Singles unterschiedlichen Alters. Eine Wohneinheit wurde für eine Flüchtlingsfamilie freigehalten und finanziert. Dank vielfältiger Unterstützung und einer erfolgreichen Crowd­funding-Kampagne hat eine geflüchtete Familie die Möglichkeit erhalten, in der neuen Heimat stabile Wurzeln zu schlagen.

Baugruppenwerkstatt in Pressbaum
In Pressbaum wurden auf einem Grundstück von rund 14.000 m2 zehn zwei- und dreigeschoßige Wohnhäuser und ein Gemeinschaftshaus errichtet, die sich in zwei Reihen entlang der Hangneigung um einen zentralen Dorfplatz gruppieren. Foto: nonconform

Leer stehende Wurstfabrik wird urbaner Lebensraum

Illingen, Saarland

Die Gemeinde Illingen im Saarland mit rund 16.000 Einwohnern kümmert sich schon länger um ein aktives Leerflächenmanagement und besetzt hier die überregionale Pionierrolle. Mit mutigen Kampagnen („Bin zu haben“ oder „Ich bin als nächstes dran“) konnte eine Sensibilisierung in den Köpfen der Bevölkerung erreicht werden. Auch der Kampf gegen die Errichtung eines großen Einkaufszentrums auf der grünen Wiese wurde durch intensiven Einsatz der politisch Verantwortlichen vorbildhaft abgewendet. 

Der größte Knackpunkt war aber über viele Jahre das Projekt rund um das leer stehende Fabriksgelände einer ehemaligen Wurstfabrik, das sogenannte Höll-Areal. Seit dem Jahr 2001 stand das über 40.000 m² große, inmitten der Ortsmitte und direkt an den Marktplatz anschließend gelegene Verwaltungs- und Produktionsgebäude leer.

Leer stehende Wurstfabrik wird urbaner Lebensraum
Das Gesicht der Illinger Ortsmitte verändert sich derzeit von Tag zu Tag. Teile der alten Industriekultur werden neu genutzt, einige Ruinen des Höll-Geländes sind verschwunden und erste sichtbare neue Räume sind begehbar. Foto: Gemeinde Illingen

Nach mehr als zwölf Jahren Stillstand nahm die Kommune die Zügel in die Hand und ging mit einem sehr breit angelegten Bürgerbeteiligungsprozess mutig in Vorleistung. In einem wahren Ideenfestival mit sehr hoher Beteiligung entwickelten Bürgerinnen und Bürger mit der nonconform ideenwerkstatt neue Nutzungskonzepte und Gestaltungsvorschläge für die Zukunft der Ortszentrums mit Schwerpunkt auf Nach- und Umnutzung der alten Fabrik.

Ein gemeinsames großes Ziel wurde schließlich zum Motor für Entwicklung und Umsetzung. Eine Mischung aus privaten, institutionellen und öffentlichen Bauherren investierte rund 40 Millionen Euro und ist derzeit dabei, die Vision Realität werden zu lassen. Die ersten Projektteile werden 2019 fertiggestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das Gesicht der Illinger Ortsmitte verändert sich derzeit von Tag zu Tag. Teile der alten Industriekultur werden neu genutzt, einige Ruinen des Höll-Geländes sind verschwunden und erste sichtbare neue Räume sind begehbar. Ein attraktives neues Zentrum entsteht: Wohnen, Einkaufen, Arztbesuche, Kneipe, Essen und Trinken – alles auf kurzem Weg mitten im Zentrum und über Treppe und Aufzug geht’s zu Bahn und Bus. Es ist ein innovatives Generationen-Konzept und ein Magnet für das ganze Illtal.