Wahlkuvert wird eingeworfen
Für Beisitzerinnen und Beisitzer gibt es jetzt eine einheitliche Entschädigung.
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Politik & Recht

„Selbstauskunft“ sollte für die Gemeinden Entlastungen bringen

Gregor Wenda ist seit April vergangenen Jahres Leiter der Abteilung für Wahlangelegenheiten im Innenministerium. Der Jurist folgte damit dem langjährigen „Mister Wahl“ Robert Stein und ist im heurigen „Superwahljahr“ für den ordnungsgemäßen Ablauf der Europa- und der Nationalratswahl zuständig.

Wie wird die Online-Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis umgesetzt? Was bedeutet das für Gemeinden?

Gregor Wenda: Die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis wird unter Verwendung der ID-Austria erfolgen können. Wahlberechtigte können sich dabei – in einem Vorgang, der mit dem Zugriff auf die Plattform für Volksbegehren vergleichbar ist – einloggen und nachsehen, ob sie selbst im Wählerverzeichnis stehen bzw. an welche zuständige Gemeinde sie sich wenden müssen. Eine Überprüfung anderer Personen ist aus Datenschutzgründen weiterhin nur direkt auf der Gemeinde möglich.

Die Möglichkeit der „Selbstauskunft“ sollte für die Gemeinden jedenfalls Entlastungen bringen, zumal der Gesetzgeber auch die Samstagsöffnung während des Einsichtszeitraumes aus der Rechtsordnung entfernt hat. Bei Eintragungszeiträumen für Volksbegehren wurde die verpflichtende Öffnung der Eintragungsbehörden am Samstag bereits Ende Februar 2023 gesetzlich abgeschafft.

Bereits bei den heurigen Wahlen muss an jedem Standort ein Wahllokal barrierefrei erreichbar sein. Was soll eine Gemeinde machen, in der beim besten Willen kein barrierefreies Wahllokal zur Verfügung steht

Gregor Wenda
Gregor Wenda: „In Einzelfällen wird vielleicht an einer Neuziehung von Sprengelgrenzen nichts vorbeiführen. Am Ende des Tages muss aber jedenfalls eine Lösung gefunden werden, die die Barrierefreiheit gewährleistet. Ausnahmen sind nicht mehr möglich.“ Foto: BMI/Gerd Pachauer

Das Thema Barrierefreiheit ist ein zentrales Element des Wahlrechtsänderungsgesetzes 2023. Es wurde bereits bei einer Online-Veranstaltung im Oktober 2023 vom Bundesministerium für Inneres ausführlich behandelt. Bei diesem Termin waren mehrere hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer, viele auch aus dem kommunalen Bereich, dabei. Bei groß angelegten Informations- und Schulungsveranstaltungen in allen Bundesländern widmet sich das BMI seit November 2023 ebenfalls ausführlich der Barrierefreiheit.

Die Rechtslage ist klar: Seit 1. Jänner 2024 muss in jedem Gebäude, in dem Wahllokale eingerichtet sind, wenigstens ein solches Wahllokal barrierefrei erreichbar sein.

Gibt es in einer Gemeinde nur ein Wahllokal, muss rechtzeitig vor der Wahl eine Lösung gefunden werden, sofern bisher noch keine Barrierefreiheit besteht.

Bei der Prüfung der Barrierefreiheit sind die Rahmenbedingungen des § 6 des Bundesbehindertengleichstellungsgesetzes zu beachten. Empfohlen wird eine gründliche Prüfung aller Möglichkeiten:

  • Sind bauliche Maßnahmen oder Adaptierungen (beispielsweise Rampen für Personen mit Gehbehinderung) möglich und verhältnismäßig?
  • Sind logistische Maßnahmen möglich?
  • Findet sich ein anderes Gebäude, zum Beispiel ein Feuerwehrhaus?
  • Können eventuell mehrere Sprengel an einem Standort zusammengefasst werden?

In Einzelfällen wird vielleicht an einer Neuziehung von Sprengelgrenzen nichts vorbeiführen. Am Ende des Tages muss aber jedenfalls eine Lösung gefunden werden, die die Barrierefreiheit gewährleistet. Ausnahmen sind nicht mehr möglich.

Die konstituierende Sitzung der Sprengelwahlbehörden kann nun später stattfinden. Wie ist das geregelt?

Die konstituierende Sitzung der Sprengelwahlbehörden kann nunmehr spätestens am Wahltag stattfinden. In diesem Fall würde die Sprengelwahlbehörde in der Früh des Wahltages, zu Beginn der Wahlhandlung, erstmals zusammentreten.

Die Abgeltung für Wahlbeisitzer wurde vereinheitlicht. Lässt sich schon sagen, ob das motivierend wirkt, sich als Beisitzer zur Verfügung zu stellen?

Der Gesetzgeber ist durch die Einführung fixer Entschädigungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht und die von Amts wegen auszuzahlen sind, von einem solchen Effekt ausgegangen. So gibt es beispielsweise in einer örtlichen Wahlbehörde, in der das Wahllokal mehr als sechs Stunden geöffnet hat, nunmehr für die Tätigkeit im vollem Umfang 100 Euro – und das steuerfrei.

Gleichzeitig wurde die Entschädigung der Gemeinde für die Abwicklung der Wahl von vorher 94 Cent auf zwei Euro pro Wahlberechtigten erhöht. Deckt das die höheren Kosten, die sich aus der Vereinheitlichung der Abgeltung für die Beisitzer ergeben, ab?

Die Festlegung des genannten Betrages erfolgte, unter anderem nach Einbindung kommunaler Interessensvertretungen, im parlamentarischen Prozess, der Beschluss des Wahlrechtsänderungsgesetzes 2023 erfolgte einstimmig durch alle fünf im Nationalrat vertretenen Parteien.

Die Briefwahlstimmen werden nun schon am Wahlsonntag im Wahllokal ausgezählt. Erhöht sich dadurch der Zeitdruck?

Durch die Verlagerung der Auswertung von einer Vielzahl von Briefwahlstimmen auf die Ebene der örtlichen Wahlbehörden soll es zu einer Entflechtung der immer größer gewordenen Mengen von Wahlkarten kommen, die nach der alten Rechtslage bei den Bezirken ausgezählt wurden.

Inwieweit erhält man dadurch ein genaueres vorläufiges Ergebnis?

Da ein signifikanter Teil der Briefwahlstimmen aufgrund der Wahlrechtreform 2023 bereits in das vorläufige Ergebnis am Wahltag einfließt, wird es jedenfalls zu einem präziseren Ergebnis kommen.

Nicht zuletzt durch die Möglichkeit, ein Volksbegehren online zu unterstützten, gibt es eine Flut an Volksbegehren. Ist es tatsächlich so, dass man ab einer bestimmten Zahl an Unterschriften eine deutlich höhere Abgeltung erhält als die Kosten tatsächlich ausmachen?

Im Volksbegehrengesetz 2018 ist geregelt, dass für die Anmeldung eines Volksbegehrens 622 Euro zu leisten sind. Sofern zumindest 8.969 Unterstützungserklärungen gesammelt werden, kann ein Einleitungsantrag für dieses Volksbegehren gestellt werden.

Im Falle einer Stattgebung ist dann ein Kostenbeitrag von derzeit 2.799,50 Euro zu leisten. Sollte das Volksbegehren erfolgreich sein, also im Rahmen des Eintragungsverfahrens zumindest 100.000 Unterschriften, erzielen, ist eine Rückerstattung des Fünffachen der Summe aus beiden Beträgen vorgesehen.

Ist das nicht ein Geschäftsmodell, das eigentlich unterbunden werden sollte?

Volksbegehren sind ein wichtiges Instrument der direkten Demokratie, das seit der Reform des Jahres 2018, insbesondere durch die Ermöglichung der Online-Unterstützung, weiter an Bedeutung gewonnen hat. Ob rechtlicher Änderungsbedarf im Volksbegehrengesetz besteht, wäre von den im Parlament vertretenen Parteien zu diskutieren.

Wann werden die Wahlzettel gedruckt? Wie vermeidet man Pannen wie bei den Briefwahlkuverts bei der Bundespräsidentenwahl?

Die Stimmzettel bei der Europawahl werden gedruckt, sobald die Wahlvorschläge von der Bundeswahlbehörde abgeschlossen und veröffentlicht worden sind. Bald danach startet das Ausrollen der Wahlkarten – wir rechnen damit rund um den 26. Tag vor dem Wahltag.

Seit der Wiederholung der Bundespräsidentenwahl 2016 werden wieder ganz normale, handelsübliche Kuverttaschen für die Wahlkarten verwendet. In Zusammenarbeit mit dem zuständigen Drucksorten-Prorvider wurden zusätzliche Qualitätssicherungsmaßnahmen eingeführt; seit 2016 haben bereits mehrere bundesweite Wahlereignisse stattgefunden, ohne dass es zu Problemen mit den Drucksorten gekommen wäre.

Was ist, wenn die Wahlen nun schon im Frühjahr stattfinden? Entstehen dann Probleme bei der Vorbereitung?

Rechtlich wäre dies möglich, insbesondere durch die Neuerungen des Wahlrechtsänderungsgesetzes 2023 würden auf die Wahlbehörden und administrativen Behörden aber sicherlich große Herausforderungen zukommen.

Wo können sich Gemeinden hinwenden, wenn sie Fragen haben?

Die Gemeinden sind wichtige Partner bei der Vollziehung von Wahlereignissen. Im Zusammenspiel mit den unmittelbar zuständigen übergeordneten Behörden – sei es auf Bezirksebene, sei es auf Landesebene – steht natürlich auch die Wahlabteilung des Bundesministeriums für Inneres zur Verfügung. Zur Vorbereitung der Europawahl werden vom BMI unter anderem wieder Leitfäden, Niederschriften, Checklisten und ein E-Learning-Programm bereitgestellt werden.