Durchsetzbarkeit des Kostentragungsanspruchs

Bis vor kurzem war die Frage, wie ein Eisenbahnunternehmen seinen Kostenanspruch gegen die Gemeinde durchsetzen kann, völlig unklar. In einem Kompetenzfeststellungsverfahren hat der VfGH nun Klartext gesprochen.

Zur Frage, welche Kosten unter die Kostentragungspflicht der Gemeinden als Träger der Straßenbaulast fallen sowie zur Frage, welche Kostentragungsregelungen das Eisenbahngesetz vorsieht, wurde bereits ausführlich berichtet. Offen war die Frage, wie ein Eisenbahnunternehmen seinen Anspruch auf Kostentragung gegen die Gemeinde durchsetzen kann, wenn es keine zivilrechtliche Vereinbarung gibt.



Nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden hat, dass es sich bei diesem Anspruch um keinen zivilrechtlichen Anspruch handelt, der vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden kann, und sich darüber hinaus der Landeshauptmann als Behörde für unzuständig erklärt hat, hat das Eisenbahnunternehmen den Verfassungsgerichtshof (VfGH) angerufen, um die Zuständigkeit endgültig zu klären.



Im konkreten Fall ging es um die Frage der Zuständigkeit und  Durchsetzbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf 50 Prozent der Kosten (ein Einvernehmen konnte nicht hergestellt werden und die Frist für einen Kostenentscheidungsantrag war abgelaufen).



Der VfGH kam - trotz Fehlen einer expliziten gesetzlichen Grundlage für einen derartigen Antrag - zu dem Schluss (VfGH vom 8. März 2016, KI3/2015), dass zur Entscheidung über einen Antrag des Eisenbahnunternehmens auf Verpflichtung der Gemeinde zur Tragung konkret bezifferter Kosten, welche durch den Bescheid des Landeshauptmannes (Anordnungsbescheid) entstanden sind bzw. entstehen, gemäß § 48 Abs. 2 EisbG der Landeshauptmann zuständig ist. Daraus folgt, dass der Landeshauptmann auf Antrag des Eisenbahnunternehmens über den gesetzlichen Kostenanspruch in Höhe von 50 Prozent in Form einer bescheidmäßigen Verpflichtung der Gemeinde zur Tragung von konkret bezifferten Kosten zu entscheiden hat. Es ist damit zu rechnen, dass das Eisenbahnunternehmen auf diese Weise einen vollstreckbaren Titel erlangen und damit seinen Anspruch gegen die Gemeinde tatsächlich durchsetzen kann.



Zwar ist davon auszugehen, dass die Gemeinde in diesem Verfahren als Antragsgegnerin Parteistellung hat, es stellt sich aber die Frage, inwieweit Einwendungen, etwa hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Ansprüche („goldene Bahnschranken“), Berücksichtigung finden (können). Ebenso unklar ist, ob etwa Sonderinteressen des Eisenbahnunternehmens (Geschwindigkeitserhöhung) in diesem Verfahren geltend gemacht werden können. Denn anders als im Kostenentscheidungsverfahren (siehe gleich) gibt es hinsichtlich der Kostentragungpflicht von 50 Prozent weder eine agierende Sachverständigenkommission noch eine Regelung für die Kostenteilungsmasse (50 Prozent wovon?). § 48 Abs. 2 EisbG legt nur fest, dass die Kosten je zur Hälfte zu tragen sind.



Fragen werden auch im Falle eines Kostenentscheidungsantrages nach § 48 Abs. 3 aufgeworfen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Behörde – so es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen – zu entscheiden hat, welche Kosten („…“) erwachsen und dementsprechend in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast („…“) die erwachsenden Kosten zu tragen haben.



Die Behörde hat daher infolge eines derartigen Antrags zwei Dinge zu entscheiden: die Kostenteilungsmasse (welche Kosten sind bei der Teilung einzubeziehen – Erhaltungskosten, Grabungskosten, Sicherungskosten etc.) und das Ausmaß der jeweiligen Kostentragung. Beim „Ausmaß“ wird es sich wohl nicht um eine ziffernmäßige Summe handeln (können), sondern um ein Verhältnis der Aufteilung (etwa 40 Prozent zu 60 Prozent), widrigenfalls man mit dem Problem konfrontiert wäre, dass die Kosten im Zeitpunkt der Entscheidung noch gar nicht feststehen - so im Besonderen hinsichtlich der Erhaltungskosten.



Aber auch bei der Entscheidung darüber, welche Kosten in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind, wird es sich nicht um ziffernmäßige Summen handeln (können), sondern um eine Aufzählung von Kosten, die bei der Umsetzung der angeordneten Maßnahmen grundsätzlich anfallen (Kosten für die Sicherungsanlage, Erhaltungskosten etc.). Bei der Kostenfestsetzung hat sich zwar die Behörde einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass diese die Kosten (Errichtungskosten, Erhaltungskosten etc.) konkret bestimmen kann, die Kosten demgemäß ziffernmäßig vorlägen und die Behörde bescheidmäßig absprechen könnte, wer wieviel an Kosten (ziffernmäßig) zu tragen hat.



Die Kostenfestsetzung im Rahmen eines Kostenentscheidungsverfahrens orientiert sich nach gewissen Kriterien, die im Verfahren zu berücksichtigen sind und auch von beiden Seiten (Gemeinde, Eisenbahnunternehmen) eingewendet werden können. Sollte etwa ein Eisenbahnunternehmen durch die Auflassung einer bestehenden Kreuzung, für die bislang das Eisenbahnunternehmen alleine die Kosten getragen hat, Ersparnisse erzielen, so sind diese bspw. bei der Kostenfestsetzung im Rahmen der infolge der Auflassung zu setzenden Ersatzmaßnahmen (Umgestaltung der Verkehrswege) zu berücksichtigen und schmälern den Kostentragungsumfang der Gemeinden. Gleiches hat zu gelten, sollte die technische Sicherung einer Eisenbahnkreuzung auf ein betriebswirtschaftliches (Sonder-)Interesse des Eisenbahnunternehmens zurückzuführen sein (Erhöhung der Geschwindigkeit). Sollte hingegen eine technische Sicherung auf die Siedlungsentwicklung und das gestiegene Verkehrsaufkommen auf der Straße zurückzuführen sein, so könnte sich die Kostenentscheidung für die Gemeinde negativ auswirken.



Wie schon beim Kostentragungsanspruch von 50 Prozent gemäß § 48 Abs. 2 EisbG begründet auch § 48 Abs. 3 EisbG (Kostenentscheidungsantrag) keine gesetzliche Grundlage für einen Antrag auf Verpflichtung der Gemeinde zur Tragung von konkret bezifferten Kosten. Es ist aber davon auszugehen, dass die Entscheidung des VfGH auch auf das infolge eines Kostenentscheidungsantrags festgestellte (neue) Aufteilungsverhältnis analog anzuwenden ist. Daraus folgt, dass nach einem Kostenentscheidungsverfahren, in dem festgestellt wird, welche Kosten in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und wie die Kosten zu teilen sind (Aufteilungsverhältnis), ein weiterer Antrag erforderlich sein wird, in dem die bescheidmäßige Verpflichtung der Tragung von konkret bezifferten Kosten gefordert wird.

Auch Gemeinden können Anträge stellen



Vielfach wird verkannt, dass auch Gemeinden Kostenentscheidungsanträge stellen können und im Falle des Falles auch stellen sollten. Abgesehen vom Eigeninteresse einer Gemeinde, weniger als 50 Prozent der Kosten tragen zu müssen, hat auch das BMVIT im Zusammenhang mit der Kostenersatzpflicht des Bundes (Verletzung der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus) vermeint, dass Gemeinden, die dem Grunde nach einen Anspruch gegen den Bund auf Ersatz der durch die EisbKrV 2012 verursachten Kosten haben, einer Schadensminderungspflicht unterliegen.



Sollte etwa eine technische Sicherung in erster Linie auf eine betriebswirtschaftliche Maßnahme des Eisenbahnunternehmens (Sonderinteresse) zurückzuführen sein und würde daher ein Kostenentscheidungsverfahren zugunsten der Gemeinde ausgehen, so wäre – laut BMVIT – die Gemeinde angehalten, ein derartiges Verfahren anzustrengen, widrigenfalls das BMVIT den Kostenersatz gänzlich oder zumindest teilweise (jedenfalls im Ausmaß der möglichen Schadensminderung) verweigern würde.



Wenngleich es sich bei dieser Meinung des BMVIT um nur eine von vielen handelt, die dazu führen sollen, dass der Bund keinen Ersatz leisten muss, gänzlich abwegig ist die Schadensminderungspflicht, die der Bund nunmehr ins Treffen führt, nicht. Zumindest in jenen Fällen, in denen es geradezu offensichtlich ist, dass die Gemeinde weit weniger als 50 Prozent zu zahlen hätte, sollte ein derartiger Antrag auch aus diesem Grund ins Auge gefasst werden – trotz des durchaus berechtigten Zweifels, dass eine Schadensminderungspflicht derart weit führen kann, dass ein eigenes behördliches Verfahren (Kostenentscheidungsverfahren) angestrengt werden muss. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass das Eisenbahngesetz in erster Linie von einem Einvernehmen (vertragliche Vereinbarung) zwischen Gemeinde und Eisenbahn als Kostentragungsregelung ausgeht – die gesetzliche Kostentragungspflicht von 50 Prozent und der Kostenentscheidungsantrag sind daher als Auffangtatbestände bzw. Zweifelsregelungen anzusehen.

Zu beachten ist die Frist für einen Kostenentscheidungsantrag



Gemäß § 48 Abs. 3 EisbG ist ein Kostenentscheidungsantrag  nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung (bspw. die behördliche Anordnung der technischen Sicherung oder Auflassung einer Kreuzung) zulässig. Möchte daher die Gemeinde oder das Eisenbahnunternehmen ein anderes Aufteilungsverhältnis als das gesetzliche von je 50 Prozent, so muss fristgerecht ein Antrag gestellt werden.

Auch Gemeinden können Kosten geltend machen



So nicht ohnedies ein Einvernehmen über die Kostenteilung erzielt wird, können auch Gemeinden die ihnen im Zuge oder aufgrund von an Eisenbahnkreuzungen getroffenen Maßnahmen erwachsenden Kosten gegenüber dem Eisenbahnunternehmen geltend machen. Zu denken wäre dabei etwa an eine Umgestaltung des Wegenetzes infolge einer Auflassung einer Kreuzung (Errichtung eines Umweges zur nächsten Kreuzung als Ersatzmaßnahme). So überhaupt die Gemeinde hierfür die Kosten getragen hat, kann sie die Kosten für die Errichtung wie auch die Erhaltungs- und Inbetriebhaltungskosten des Umweges geltend machen oder aber im Rahmen eines vom Eisenbahnunternehmen angestrengten Verfahrens einbringen. Ob hierunter auch die Kosten für die Straßenreinigung und den Winterdienst (Inbetriebhaltung) umfasst sind, wird wohl eines Tages ein (Höchst-)Gericht zu entscheiden haben.