Das Bundesvergabegesetz definiert für die Markterkundung grundsätzlich keine Formvorschriften.
© Nuthawut - stock.adobe.com

Durchführung einer Markterkundung und was dabei zu beachten ist

10. November 2023
Oftmals sind – bevor überhaupt ein förmliches Vergabeverfahren eingeleitet werden kann – nähere Erkundungen zum potentiellen Bieterkreis, vorhandenen Produkten, Innovationen, etc. erforderlich. Das Bundesvergabegesetz stellt mit der Markterkundung (§ 24 BVergG 2018) ein entsprechendes Tool zur Verfügung.

Auftraggeberinnen und Auftraggeber haben die Möglichkeit, Unternehmen – und somit auch potentielle Bewerber oder Bieter in einem späteren Vergabeverfahren – zu konsultieren, um Ideen und Anregungen für das geplante Vergabeverfahren zu sammeln.

Im Zuge der Markterkundung können den beigezogenen Unternehmen bereits Details des Vergabeverfahrens, beispielsweise Problembeschreibungen und Zeitpläne, offengelegt werden. Im Gegenzug bringen die Unternehmen Expertise ein und unterstützen dadurch die Auftraggeberin bei der Planung des Vergabeverfahrens.

Die Markterkundung findet zu einem vorgelagerten Zeitpunkt statt, in dem aufseiten der Auftraggeberin noch keine Vergabeabsicht besteht. Das BVergG 2018 definiert für die Markterkundung grundsätzlich keine Formvorschriften. Eine Markterkundung kann daher auch im Zuge von formlosen Gesprächen erfolgen.

Was gilt es dabei jedoch zu beachten?

  • Die Gemeinde als Auftraggeberin darf Informationen aus der Markterkundung für das Vergabeverfahren (Planung/Durchführung) nutzen, sofern dadurch der Wettbewerb nicht verzerrt oder gegen die Vergaberechtsgrundsätze, insbesondere das Transparenzgebot oder das Diskriminierungsverbot, verstoßen wird.
     
  • Konkrete Maßnahmen, wie eine Wettbewerbsverzerrung verhindert werden soll, sieht das BVergG 2018 allerdings nicht vor. Bisher wurde überwiegend vertreten, dass alle von der Auftraggeberin bei der Markterkundung zur Verfügung gestellten Informationen auch dem späteren Vergabeverfahren beigelegt werden müssen, um den am Vergabeverfahren interessierten Unternehmen denselben Wissensstand wie den Teilnehmern der Markterkundung zu vermitteln.
     
  • Nach der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 1.3.2022, Ra 2019/04/0139-3) sind jedoch nicht nur die Informationen der Auftraggeberseite zu veröffentlichen, sondern auch jene Inhalte, die von den Unternehmen zur Markterkundung beigetragen wurden. Zur Einhaltung des Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatzes ist es daher notwendig, den im Rahmen der Markterkundung erfolgten Informationsaustausch – und somit beispielsweise Gesprächsprotokolle – in anonymisierter Form auch im späteren Vergabeverfahren offenzulegen.
     
  • Im Ergebnis ist es empfehlenswert, die Markterkundung gut vorzubereiten, ggf. im Rahmen einer Vorinformation öffentlich bekannt zu machen und in weiterer Folge die Ergebnisse zu dokumentieren.

Infos

Schramm Öhler Rechtsanwälte
Herrengasse 3-5, 3100 St. Pölten
kanzlei@schramm-oehler.at
Tel. 02742/222 95