Spaten stecken in der Erde
Für den Gemeindebund ist klar, dass es auch weiterhin Platz und Raum für die zukünftigen Herausforderungen in den Bereichen Wohnen, Wirtschaft, Daseinsvorsorge und erneuerbare Energie brauchen wird.
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Umwelt

Bodenschutz braucht praktikablen „Werkzeugkoffer“

2. April 2024
Der Österreichische Gemeindebund bekennt sich mit den österreichischen Gemeinden dazu, mit der Ressource Boden sorgsam und verantwortungsvoll umzugehen. Jede Inanspruchnahme von Boden für die unterschiedlichsten Zwecke muss im Interesse der Gemeinde und der Bürgerinnen und Bürger vor Ort liegen. Klar ist: Die Entwicklung in den Gemeinden, die vielen Herausforderungen in Bezug auf Wohnen, Wirtschaft und erneuerbare Energie werden aber auch in Zukunft Boden „brauchen“.

Ende Februar haben die für Raumordnung zuständigen Landesräte bei ihrer Konferenz in Linz ein klares Signal gesetzt und die Bodenstrategie der ÖROK vom Stand Juni 2023 beschlossen. Damit gehen nun die Länder gemeinsam mit den Gemeinden und Städten in die inhaltliche Umsetzung der wichtigen Maßnahmen der Bodenstrategie.

Dazu brauchen die österreichischen Gemeinden einen praktikablen „Werkzeugkoffer“. Der Österreichische Gemeindebund veröffentlicht nun den Entwurf eines „Kommunalen Bodenschutzplans“, der ab sofort öffentlich zur Diskussion gestellt wird.

„Wir bekennen uns ganz klar dazu, sorgsam und verantwortungsvoll mit der Ressource Boden umzugehen. Dazu brauchen die Gemeinden aber einen praktikablen ‚Werkzeugkoffer‘. Wir wollen Altliegenschaften und brachliegendes Bauland mobilisieren, Ortskerne und Innenstädte verdichten und Leerstände wieder nutzen. Dazu fehlen uns bislang die praktikablen Instrumente“, erläutert Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Hannes Pressl.

Platz wird auch weiterhin benötigt werden

Für den Gemeindebund ist klar, dass es auch weiterhin Platz und Raum für die zukünftigen Herausforderungen in den Bereichen Wohnen, Wirtschaft, Daseinsvorsorge und erneuerbare Energie brauchen wird.

„Kindergärten, Radwege, Umspannwerke und Leitungstrassen oder Windkraftanlagen zur Energiewende werden nicht nur in Leerständen Platz finden, sondern auch zukünftig ‚Neuboden‘ verbrauchen. Da fordere ich Ehrlichkeit ein. Unser Vorschlag zum ‚Kommunalen Bodenschutzplan‘ soll in jedem Fall die Grundlage für eine breite öffentliche Debatte zum Thema ‚Bodensparen‘ sein, denn am Ende betrifft das alle“, so Johannes Pressl.

Konkret schlägt der Gemeindebund verschiedene Maßnahmen vor, die vom sparsamen Umgang mit der Ressource Boden über Flächenmanagement und effiziente Innenentwicklung, sowie steuerliche Anreize und Förderungen bis hin zur Widmungskompetenz der Gemeinden reichen. Der Gemeindebund lädt die Gemeinden, aber auch die interessierte Öffentlichkeit zur Debatte über den „Werkzeugkoffer“ zum „Kommunalen Bodenschutzplan“ ein. Die Ergebnisse will man auch mit der Bundes- und Landespolitik diskutieren.

Der Bodenschutz- „Werkzeugkoffer“ für Gemeinden

Maßnahmen für einen sparsamen Umgang mit der Ressource Boden

  • Erleichterungen für Rückwidmungen von Baulandüberschüssen durch die Gemeinden
    - durch gesetzliche Grundlagen für eine rechtssichere Rückwidmung
    - durch Entschädigungsfreiheit
    - durch Übernahme von Rückwidmungskosten durch die öffentliche Hand
  • Einführung von Regelungen mit Maximalgrößen von neuen Bauparzellen in Abhängigkeit von Bundesland, Ortsstruktur und Entwicklungszielen
    - Einfamilienhausparzellen: Vorschlag maximal 700 m²
    - Förderung für Neuteilungspläne zur Reduktion von Einzelparzellengrößen
    - Definition von Anbauverpflichtungen und Verdichtungsregeln
     
  • Sicherstellung von Maximal-Bauland­größen bezogen auf ein Mindesterfordernis von Bewohnungs- oder Arbeitsplatzdichten
  • Festschreibung von Siedlungsgrenzen im kommunalpolitischen Dialog durch regionale und überregionale Raumordnungs­programme 
     
  • Ausweisung landwirtschaftlicher Vorbehaltsflächen und zusammenhängender Grüngürtel durch regionale und überregionale Raumordnungsprogramme
     
  • Ausweisung von Zonen für Windkraft, Freiflächen-PV-Anlagen und Leitungsbau durch regionale und überregionale Raumordnungsprogramme
     
  • Verpflichtung zur flächigen Oberflächenwasserversickerung oder -speicherung bei Neubauten

Maßnahmen zu Flächenmanagement und effizienter Innenentwicklung

  • Neuwidmungen in Zukunft nur mehr ins öffentliche Eigentum bzw. mit öffentlicher Verfügungsmöglichkeit. Dafür braucht es die Schaffung klarer gesetzlicher Grundlagen.
     
  • Aktives Flächenmanagement für Gemeinden:
    - Änderung der Grundverkehrsgesetze mit „Vorrangregeln“ für die Gemeinden
    - Etablierung eines Bodenfonds zur „Vorfinanzierung“ von strategischen Ankäufen durch die Gemeinden
    - Debatte über Novellierung des Boden­beschaffungsgesetzes
    - Einführung einer neuen Widmungskategorie (z.B. „Bauland-Entwicklungsgebiet“), auf deren bereits langjährig gewidmeten Flächen Bebauungen erst nach Freigabe und Vertragsvereinbarung durch die Gemeinde zulässig sind
    - „Andienungspflicht“ von nicht genutzten versiegelten Flächen oder Leerständen an die öffentliche Hand unter Abzug von definierten Beträgen für Nutzungsabschreibung und als Besitzerbeitrag zum Flächenrecycling („Re-Use- Beitrag“)
     
  • Umfassende Etablierung des Modells der Vertragsraumordnung
    - Schaffung eines gesicherten Rechtsrahmens für Vertragsraumordnung
    - Schaffung von Sanktionsmöglichkeiten bei Zuwiderhandeln

Steuerliche Anreize und Förderungen

  • Reform der Grundsteuer C zur Mobilisierung nicht genutzter gewidmeter Flächen
     
  • Leerstandsabgaben
    - Berücksichtigung verschiedener Herausforderungen: Spannungsfeld „Touristische Region vs. Ländlicher Raum“ sowie
    - Erhalt von Gebäuden im ländlichen Raum als Zielsetzung
    - Attraktivierung von Sanierung bzw. Umbau von Altbestand durch Lockerung der teils überbordenden Auflagen nach Maßgabe der zum Zeitpunkt der Errichtung bzw. Konsenswerdung des Gebäudes oder der Anlage geltenden Standards (insbesondere Denkmalschutz, Energieeffizienz, Brandschutz)
     
  • Förderung für Privatpersonen und Gemeinden für die Sanierung und Nutzung leer stehender Bestandsgebäude nach folgenden Kriterien: Begründung eines Hauptwohnsitzes, Schaffung von Arbeitsplätzen etc. – zielorientiertes Fördermodell im Fokus
     
  • Förderung für verdichtete Bauformen (Doppelhaus, Reihenhaus)
     
  • Förderung für Privatpersonen zur Errichtung einer zweiten Wohneinheit im bestehenden Einfamilienhaus: Direkt­zuschuss mit klaren Bedingungen, wie etwa Begründung eines Hauptwohnsitzes für mindestens 10 Jahre
     
  • Höhere Förderung für PV-Anlagen und Flächenversickerung auf versiegelten Flächen
     
  • Höhere Förderung für die Entsiegelung bereits versiegelter Flächen

Widmungskompetenz der Gemeinden

  • Widmung und Erweiterung von Betriebsgebieten ab bestimmter Größe nur mit Gemeindekooperationen
    - Vorschlag von max. zwei Hektar Mindestgröße für einzelgemeindliche Betriebsgebietswidmung - über zwei Hektar nur mehr „interkommunal“
    - Aufteilung der Kommunalsteuer bei gemeinsamen Betriebsgebieten
     
  • Raumplanungskompetenz der Gemeinden nicht beschränken, sondern durch Sanktionierungskompetenz noch stärken
    - Demokratisch gewählte Gemeinschaft vor Ort soll weiterhin unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben und überregionaler Festlegungen entscheiden können, wie sich die Gemeinde entwickelt
    - Etablierung einer Beratungspflicht für Gemeinden in Raumordnungsbelangen
     
  • Mehr Transparenz im Umwidmungsprozess: Führung einer öffentlichen Debatte über Widmungen und Zweck der Widmungen in der Gemeinde im Vorfeld erweitern

Als erster Schritt wurde ein Online-Fragebogen an die Gemeinden ausgeschickt. Für alle Bürgerinnen und Bürger gibt es auf der Homepage des Gemeindebundes mehr Infos zur Beteiligung – und die Möglichkeit, Vorschläge per E-Mail  einzureichen: boden@gemeindebund.gv.at

„Im Anschluss wollen wir die Ergebnisse und unseren Werkzeugkoffer mit Expertinnen und Experten diskutieren. Unser Ziel ist es, allfällig notwendige gesetzliche Änderungen für Bund und Länder aufzubereiten, damit der kommunale Bodenschutzplan in der Folge auch rasch in die Umsetzung kommen kann“, erklärt Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl.