Symbolbild Blackout
Bei der gemeinschaftlichen Selbsthilfe geht es um Deckung der Grundbedürfnisse aller Bürger, Aufrechterhaltung des Zusammenlebens und öffentlicher Sicherheit sowie um funktionierende Kommunikation.
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Katastrophenvorsorge

Wie zehn Tiroler Gemeinden blackoutfit wurden

Die Unterländer Gemeinden Angerberg, Breitenbach, Ellmau, Going, Kramsach, Kundl, Scheffau, Söll, Westendorf und Wildschönau haben etwas gemeinsam: Alle zehn wurden im Rahmen des Leader-Förderprogramms „Blackout Schutzpaket für Gemeinden“ als „blackoutfit“ eingestuft. Möglich wurde das durch die hervorragende Zusammenarbeit aller Akteure in den Kommunen mit dem Regionalmanagement Kitzbüheler Alpen, dem Planungsverband Wilder Kaiser, von Blaulichtorganisationen und Infrastrukturbetrieben.

Das Thema Blackout beschäftigt das Land Tirol und die Gemeinden im Land schon seit geraumer Zeit. Längst stellt sich nicht mehr die Frage, ob es einen Blackout geben kann, sondern wann dieser eintreten wird.

Weitsichtige Zusammenarbeit

Umso mehr Beachtung findet aktuell die Zusammenarbeit der zehn Unterländer Gemeinden, die auf Initiative des Regionalmanagements Kitzbühe­ler Alpen im Rahmen des Projekts „Blackout Schutzpaket für Gemeinden“ zustande kam.

Das über das Leader-Programm der Europäischen Union geförderte Konzept basiert auf dem weitsichtigen Engagement von Bürgermeistern, Gemeinderäten, Gemeindebediensteten, den Freiwilligen Feuerwehren und den Infrastrukturverantwortlichen, die jeweiligen Kommunen für den zu erwartenden Ernstfall zu rüsten.

Mit der Projektumsetzung ­wurde die D.E.U.S Consulting GmbH ­beauftragt. Dort fungiert mit Walter Schiefer Österreichs erster Blackout-Schutz-Manager als Geschäftsführer. Mit seinem Team hat er bereits in 82 österreichischen Gemeinden ­Blackout-Vorsorge-Projekte realisiert.

Innovative Projektumsetzung

In Tirol wurde im September 2022 gestartet. Durch die ­ausgezeichnete Zusammenarbeit aller Beteiligten konnte das Vorhaben schließlich im März 2023 abgeschlossen werden. Innovativ, umweltfreundlich und höchst effizient wurden die Arbeiten zum Teil online mit digitalen Arbeitsmethoden erledigt. Als positiver Beitrag für den Klimaschutz wurde der Einsatz von blackoutresistenten Photovoltaikanlagen für die ­gesicherte Stromversorgung an den Einsatz­objekten empfohlen.

Entstanden ist keine Allgemeinstudie. Vielmehr wurde jede Gemeinde einzeln bearbeitet und ein individueller, schriftlicher Umsetzungsplan unter Berücksichtigung der vorhan­denen Bedingungen erstellt, die klarerweise in jeder Kommune anders gelagert sind.

Vermeiden von Chaos und Unruhe

Durch einen Vorsorgeplan wird Chaos und Unruhe vermieden, weil das Wasser im Falle eines Blackouts weiterhin aus der Wasserleitung fließt, Abwasser kontrolliert abrinnt und sanitäre Anlagen wie WC, Waschbecken und Dusche in den Wohnungen weiterhin benutzt werden können.

Weiters gibt es in jeder Gemeinde Anlaufstellen und Notfalltreffpunkte für die Bevölkerung, eine Gemeinde-Einsatzleitung und Freiwillige Feuerwehren, die rund um die Uhr erreichbar sind. Erarbeitet wurden auch Maßnahmen für die Eigenversorgung der Bevölkerung, für Tourismusunternehmen und landwirtschaftliche Betriebe, Kindergärten, Schulen, Pflegeheime, Medizin-, Treibstoff- und Lebensmittelversorgung, Bestattung, Kommunikation und Information.

Drei-Säulen-Selbsthilfe

Bei der gemeinschaftlichen Selbsthilfe, die für jede Gemeinde einzeln geplant wurde, geht es um die Deckung der Grundbedürfnisse aller Bürger, die Aufrechterhaltung des Zusammenlebens und der öffentlichen Sicherheit sowie um eine funktionierenden Kommunikation und Informationsverteilung der Menschen. Erreicht werden diese Forderungen mit der 3-Säulen-Selbsthilfe, die in jeder Gemeinde eingesetzt wird.

  • Stufe 1: Gemeinde und Infra­strukturbetriebe kümmern sich um Organisation, Koordination sowie Kommunikation und sorgen für eine funktionierende Gemeindeverwaltung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Informationsverteilung, mit Notstrom versorgte Einsatzobjekte wie Einsatzzentrale, Anlaufstellen für die Bevölkerung und Notfalltreffpunkte für Hilfsbedürftige.
     
  • Stufe 2: Diese setzt sich aus Feuerwehr, Rettung und Polizei zusammen, die unter anderem die Notruf-Alarmierungskette auch beim Ausfall der Telefonnetze aufrechterhalten. Zur Bearbeitung der Blackout-Lagen wird ein blackoutfites Feuerwehrgebäude gebraucht. Ein solches ist inzwischen in allen zehn Gemeinden vorhanden.
     
  • Stufe 3: Sie betrifft die Eigenversorgung durch die Bevölkerung. Haben die Menschen bei Lebensmitteln, Medikamenten und Gebrauchsgegenständen selbst vorgesorgt? Fließt in den Wohnungen Wasser aus den Leitungen? Können die sanitären Anlagen benutzt werden? Können die Fragen mit Ja beantwortet werden, kann eine Blackout-Situation in der Wohnung gut gemeistert werden.

Blackoutfitte Wohnungen

Fest steht: Der sicherste Ort im Falle eines Blackouts ist eine blackout­fite Wohnung mit ebenso blackoutfiten Bewohnern. Im Rahmen des durchgeführten Projekts im Unterland haben die Gemeinden dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Wichtig ist nun, dass auch die Bevölkerung mitmacht, damit die ausgearbeiteten Zielsetzungen erreicht werden können.

Die Kosten für das Blackout-­Programm im Unterland beliefen sich auf 80.000 Euro, wobei es Fördermittel von Europäischer Union und Land Tirol gab. In einer zweiten Runde ­sollen bald ­weitere Gemeinden blackout­fit gemacht werden. Regional­manage­ment-Geschäftsführerin ­Elfriede Klingler: „Im Sommer beginnt eine neue Förderperiode, 2024 könnte es dann so weit sein.“ 

Dieser Beitrag ist in Tirol Kommunal 3/23 ersterschienen.