Ist das die Mogelpackung des Monats?

Das Thema der Bildung ist ein Dauerbrenner in der österreichischen Innenpolitik. Das neue Bildungsinvestitionsgesetz könnte sich als Brandbeschleuniger erweisen.





Debattiert wird die Reform der Schulverwaltung genauso wie die Schulorganisation und letztendlich

was die Schule leisten soll. Gute Ideen für eine Reform gibt es von vielen. Zahllose Experten bringen sich in die Debatte ein, jeder mit dem Fokus auf die eigene Interessenslage. Nur am Rande sei bemerkt, dass man oft den Eindruck haben könnte, dass dabei nicht der Schüler im Mittelpunkt steht.



Oft wird bei den Reformen auch vergessen, dass eine Vielzahl dieser Reformvorhaben die Schulerhalter, und das sind nach derzeitiger Verfassungsrechtslage für die Pflichtschulen die Gemeinden, umsetzen müssen. Die dabei zu erwartenden Mehrkosten sollen dann die Gemeinden tragen. Im Wege sogenannter Anschubfinanzierungen und Förderungen wird auch suggeriert, dass die Kosten ja doch vom Bund getragen werden. Dass es sich dabei um befristete Leistungen handelt und die Folgekosten von den Gemeinden zu tragen sind, wird jeweils ausgeklammert.



Ein Musterbeispiel dafür ist das derzeit in Begutachtung befindliche Bundesgesetz über den weiteren Ausbau ganztägiger Schulformen (Bildungsinvestitionsgesetz). Die Intention ist, den Ausbau ganztägiger Schulformen zu forcieren.



Dazu sollen 750 Millionen Euro aus der Bankenabgabe bereitgestellt werden. Eine Menge Geld, die der Bund hier bereitstellen will. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass diese 750 Millionen für einen Zeitraum von 2017 bis einschließlich 2025 vorgesehen sind. Von den 750 Millionen behält sich der Bund 248 Millionen zwecks Finanzierung von Lehrpersonal in der Lernzeit ab. Dass der Bund schon in der Vergangenheit die Personalkosten im Bereich der Pflichtschulen und zwar sowohl hinsichtlich der gegenstandsbezogenen als auch der individuellen Lernzeit getragen hat, wird dabei vergessen. Künftig soll nur mehr gegenstandsbezogene Lernzeit des Lehrpersonals finanziert werden.



Darüber hinaus behält sich der Bund 74 Millionen Euro zwecks Ausbau der ganztägigen Angebote im AHS-Bereich ein. Somit stehen für die allgemeinen Pflichtschulen nur mehr in Summe 428 Millionen Euro, und dies für einen Zeitraum von neun Jahren, damit durchschnittlich jährlich 47,5 Millionen Euro zur Verfügung. Zwar ist zu erwähnen, dass bis einschließlich des Schuljahres 2018/2019 eine geltende 15a-Vereinbarung ganztägige Schulangebote im Personalbereich unterstützt, aber mit dem Auslaufen – somit ab dem Schuljahr 2019/2020 – sämtliche Personalkosten der bis dahin bestehenden Betreuungsangebote von den Gemeinden allein zu tragen sind.

Die neuen Mittel dürfen auch nur für zusätzlich geschaffene Betreuungsplätze eingesetzt werden. Daraus resultieren in der Zukunft für die Gemeinden Kosten von zumindest 100 Millionen Euro pro Jahr für die Bereitstellung und Finanzierung des Betreuungspersonals. Dies sind keine einmaligen Kosten für Investitionen, sondern laufende Kosten.


Nicht unerwähnt bleiben darf, dass nach dem Entwurf der Fokus auf ganztägige Schulformen in verschränkter Form gelegt wird. Dafür sind sogenannte Umwandlungsprämien vorgesehen. Abgesehen von den ideologischen Positionen bedeutet dies für die Gemeinden als Schulerhalter im ländlichen Raum eine große Herausforderung bei der Administration des Betreuungs- und Freizeitpersonals. Und wie eine ganztägige Schulform in verschränkter Form mit dem bestehenden Betreuungsangebot von Vereinen und anderen Einrichtungen (Sportvereine bis zu Musikschulen) zu koordinieren ist, bleibt wohl wieder den Gemeinden überlassen.


Ein besonderer Zweckzuschuss soll auch dann gewährt werden, wenn die Betreuung im Rahmen der ganztägigen Schulform kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Es ist augenscheinlich, dass ein kostenloses Angebot nicht nach einigen Jahren wieder in ein kostenpflichtiges umgewandelt werden kann. Dass die Gemeinden dann auf den Kosten sitzen bleiben, ist zu erwarten. Im Ergebnis bedeutet dies, dass den Gemeinden suggeriert wird, dass sie viel Geld für den Ausbau der ganztägigen Schulformen erhalten. In Wahrheit steckt dahinter ein gewaltiges Belastungspaket.


Wenn der Bund sein Vorhaben einer ganztägigen Schulform umsetzen will, so muss er auch bereit sein, die dafür notwendigen Konsequenzen zu tragen und für die Finanzierung Vorsorge zu treffen. Die Differenzierung zwischen Lernzeit (und das noch zwischen gegenstandsbezogener und individueller Lernzeit) und Betreuungszeit ist nicht länger haltbar. Verschiedene Zuständigkeiten für das Lehr- und das Betreuungspersonal mit unterschiedlichen Dienstgebern und unterschiedlichen Finanzierungsströmen ebenso wenig.


Die ganztägige Schulform von 08:00 oder 09:00 Uhr bis 16:00 oder 17:00 Uhr ist Angelegenheit des Bundes und gehört vom Bund geregelt und finanziert. Davor scheut man sich aber, wie auch die Gespräche im Finanzausgleich gezeigt haben. Würde sich doch dieser Bereich, da die Probleme bundesweit einheitlich gelagert sind, für eine Aufgabenorientierung hervorragend eignen. Dies wurde zwar auch im Paktum zum FAG per 1. Jänner 2018 vereinbart, die Umsetzung dürfte jedoch sehr schwierig werden. Beabsichtigt der Bund doch mit dem Bildungsinvestitionsgesetz einen völlig anderen Weg.


Der Gemeindebund und auch andere Interessensvertretungen haben sich daher dezidiert gegen diesen Begutachtungsentwurf ausgesprochen. Der Entwurf ist mehr als eine Mogelpackung, da damit keine nachhaltige Gestaltung und Finanzierung der ganztägigen Schulformen bewerkstelligt werden kann.