Nach den Vorschlägen des Koalitionsausschusses soll der Staat teilweise die Corona-bedingten Steuerverluste der Gemeinden ausgleichen.
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Rettungsschirm für Deutschlands Kommunen

4. Juni 2020
Auch in Deutschland wurde nach langen Beratungen ein Durchbruch zu Fragen eines Konjunkturpakets und eines Rettungsschirms für die Kommunen in der Corona-Krise erzielt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund zeigt sich mit dem Ergebnis weitgehend zufrieden. Es konnten allerdings nicht alle kommunalen Forderungen durchgesetzt werden, vor allem gab es keine Verständigung zur Lösung des Problems der kommunalen Altschulden.

Aus kommunaler Sicht ist wichtig, dass sich der Koalitionsausschuss auf ein Konjunkturpaket mit einem Volumen von 130 Milliarden Euro verständigt hat. Von diesem sollen Impulse ausgehen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Konjunkturpaket für bereits geplante und für zukünftige Investitionen

„Es wird gerade auf die kommunalen und öffentlichen Aufträge und Investitionen ankommen, die schnell und zielgenau wieder für Umsätze und Arbeit sorgen werden. Aus Sicht der Kommunen sind die Konjunkturförderungen in doppelter Hinsicht ein wichtiges Signal: für bereits zur Umsetzung geplante kommunale Investitionen, die wegen der Corona-Krise kurzfristig vor Ort nicht realisiert werden konnten, aber auch für Zukunftsinvestitionen in die Digitalisierung der Schulen, die Verkehrswende und in klimafreundliche Gebäude und Versorgung“, sagt der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Bürgermeister Uwe Brandl aus Abensberg.

„Für viele kommunale Investitionsvorhaben liegen bereits die nötigen Planungen und administrativen Voraussetzungen vor, so dass sie schnell und effektiv die Wirtschaft wieder in Gang bringen können“, meint der Hauptgeschäftsführer des DStGB, Gerd Landsberg.

Übernahme der Kosten der Unterkunft zu 75 Prozent

Aus kommunaler Sicht wurde ein bedeutsamer Durchbruch bei der Verteilung der Kosten der Unterkunft (KdU) zwischen Bund und Kommunen erzielt, den der DStGB bereits seit langem gefordert hatte.

Bislang trägt der Bund knapp 50 Prozent der KdU, dieser Bundes-Anteil soll nun dauerhaft auf 75 Prozent angehoben werden. Durch die Erhöhung des Bundesanteils an den KdU sollen die Kommunen um rund 4 Milliarden im Jahr entlastet werden.

„Dieser Schritt ist richtig und war längst überfällig“, sagt Präsident Brandl. „Wenn Corona-bedingt immer mehr Menschen zusätzliche Sozialleistungen geltend machen, muss der Bund einspringen, denn es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Dass der Bund hier eine dauerhafte Übernahme der KdU von 75 Prozent zusagt, ist das richtige Signal, schließlich bestimmt der Bund überwiegend den Rahmen und damit auch die Kosten des Sozialsystems durch seine Gesetzgebung.“

Ausgleich von Steuerverlusten der Gemeinden

Nach den Vorschlägen des Koalitionsausschusses soll der Bund teilweise die Corona-bedingten Steuerverluste der Gemeinden ausgleichen. Das wird von den Städten und Gemeinden ausdrücklich begrüßt. Landsberg: „Die hälftige Kompensation beim erwarteten Ausfall der Gewerbesteuer (11,8 Milliarden) ist für die Kommunen wichtig, denn sie müssen in nächster Zeit ihre Haushalte für das Jahr 2021 aufstellen.“

Der DStGB weist allerdings auch darauf hin, dass die aus der jüngsten Steuerschätzung prognostizierten Steuerausfälle der Gemeinden von 15,6 Milliarden Euro wahrscheinlich noch übertroffen werden.

„Demgemäß sind Bund und Länder aufgefordert, den Ausgleich an die tatsächlichen gemeindlichen Steuerverluste anzupassen. Hier muss also möglicherweise noch nachjustiert werden. Zudem erleiden die Gemeinden nicht nur bei der Gewerbesteuer, sondern auch bei den Gemeinde-Anteilen aus der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer Verluste“, stellen Brandl und Landsberg klar.

ÖPNV-Rettungsschirm

Zur Stützung des durch die Corona-Pandemie besonders unter Einnahmeeinbußen leidenden öffentlichen Personen- und Nahverkehrs (ÖPNV) stellt der Bund 2,5 Milliarden Euro bereit. Damit würde der Bund rund die Hälfte der allein für dieses Jahr zu erwartenden Kostenunterdeckung von mindestens 5 Milliarden Euro übernehmen. Bedeutsam aus Sicht der Gemeinden ist nun, dass auch die Bundesländer einen dementsprechenden Beitrag zur Wahrung eines starken ÖPNV einbringen.

Mit Blick auf die Mobilitätswende und vor dem Hintergrund Corona-bedingter notwendiger Abstands- und Hygieneregeln verlangt der DStGB, dass Fahrpläne und die Zahl eingesetzter Fahrzeuge eher ausgeweitet als reduziert werden. „Das ÖPNV-System ist daher dringend auf zusätzliche Mittel von Bund und Ländern angewiesen, wenn diese Pläne gelingen sollen“, so Brandl.

Kommunale Altschulden

Zur Ablösung der kommunalen Altschulden, wie im Konzept „Kommunaler Solidarpakt 2020“ von Bundesfinanzminister Scholz vorgeschlagen, konnte im Koalitionsausschuss allerdings keine Einigung erzielt werden. Das Thema bleibt aber auf der politischen Agenda.

„Eine zukünftige Lösung des kommunalen Altschuldenproblems bleibt gleichwohl wichtig, um das Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse überall im Land sicherzustellen. Wir sollten das derzeit günstige Zinsumfeld nutzen, um den rund 2000 betroffenen Kommunen wieder Handlungsspielräume zu verschaffen“, sagt Landsberg.

Kommunen litten bereits vorher unter Investitionsrückstand

Das ausgehandelte Maßnahmenpaket enthält viele zentrale Bausteine, mit denen die Kommunen in die Lage versetzt werden, wichtige Investitionen anzustoßen. Das ist nicht zuletzt aufgrund des aktuell geschätzten Investitionsrückstands von 147 Milliarden Euro ein wichtiger Schritt.

DStGB-Präsident Brandl: „Die Corona-Krise hat den Nachholbedarf insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Digitalisierung, Kinderbetreuung und Schule aufgezeigt, den wir jetzt gemeinsam angehen müssen.“ Der Koalitionsausschuss lege damit einen starken Fokus auf zukunftsfeste nachhaltige Investitionen.

„Die Einigung ist auch ein Vertrauenssignal an die Bürgerinnen und Bürger, die auf eine effektive, funktionsfähige kommunale Daseinsvorsorge vertrauen. Es bleibt zu hoffen, dass die Beschlüsse jetzt auch umgesetzt werden, die Länder ihre Pflichten erfüllen und uns eine zweite Infektionswelle und ein weiterer Lockdown der Gesellschaft erspart bleibt,“ erläutert DStGB-Hauptgeschäftsführer Landsberg abschließend.

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