Das Kommunale Investitionspaket wurde bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt vorgestellt.
© BKA/Andy Wenzel

Eine Milliarde für die Gemeinden

25. Mai 2020
Österreichs Gemeinden werden in nächster Zeit unter einem coronabedingten Entfall von Einnahmen leiden. In weiterer Folge ist mit dem Aussetzen bzw. Verschieben von Investitionsprojekten zu rechnen. Mit einem Paket in Höhe von einer Milliarde Euro wird nun die Bundesregierung die Gemeinden unterstützen.

Wie sehen die Details des Corona-Hilfspaketes für Gemeinden aus?

  • Für jede Gemeinde Österreichs ist eine Unterstützung vorgesehen.
  • Der Bund übernimmt bis zu 50 Prozent der Kosten für Projekte, die im Zeitraum 1. Juni 2020 bis 31. Dezember 2021 begonnen werden oder bereits ab 1. Juni 2019 begonnen wurden und wo die Finanzierung aufgrund der Mindereinnahmen als Folge der Corona-Krise nicht mehr möglich ist.
  • Die Aufteilung auf die einzelne Gemeinden erfolgt nach einem Mischschlüssel aus Einwohnerzahl und abgestuftem Bevölkerungsschlüssel.
  • Die Abwicklung erfolgt über die Bundesbuchhaltungsagentur.

Die Zuschüsse sind für Neubauten, Sanierungen und Investitionen in folgenden Bereichen möglich:

  • Kindertageseinrichtungen und Schulen
  • Einrichtungen für Betreuung von Senioren und behinderten Personen
  • Barrierefreiheit
  • Sportstätten und Freizeitanlagen
  • Ortskern-Attraktivierung
  • Öffentlicher Verkehr (ohne Fahrzeuginvestitionen)
  • Schaffung von öffentlichem Wohnraum und Gemeinschaftsbüros
  • Sanierung (z.B. thermisch) und Errichtung von Gebäuden im Eigentum der Gemeinde
  • Energieeinsparungen und Straßenbeleuchtung
  • Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Dächern
  • Abfallentsorgungsanlagen und Abfallvermeidung
  • Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungseinrichtungen
  • Breitband-Ausbau
  • Ladeinfrastruktur für E-Mobilität

Was sagen die Politiker zur Hilfsmilliarde für Gemeinden?

„Ich bin froh, dass wir mit diesem Paket nicht nur die Gemeinden unterstützen können, sondern auch die Modernisierung der Infrastruktur vorantreiben und die regionale Wirtschaft beleben können. Das sichert Arbeitsplätze“, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Vizekanzler Werner Kogler zeigte sich erfreut, dass das Paket auch ökologische Effekte beinhaltet. „Damit können wir nicht nur die Folgen der Corona-Pandemie bekämpfen, sondern auch den Klimaschutz vorantreiben“, meinte Kogler und erwähnte den Gewässerschutz, die Sanierung von Gebäuden oder den Ausbau von Elektromobilität.

Finanzminister Gernot Blümel zitierte eine Berechnung des WIFO vom April, wonach die Länder bei den Ertragsanteilen ein Minus von 7,3 Prozent gegenüber der ursprünglichen Planung zu verzeichnen haben werden. Bei den Gemeinden soll das Minus 6,8 Prozent betragen. Genaueres könne man noch nicht sagen, weil sich die Situation wöchentlich ändert.

Wie viel erhalten die einzelnen Gemeinden von dem 1-Milliarde-Hilfspaket?

Zum Aufteilungsschlüssel brachte Blümel einige Beispiele. So erhalten die Gemeinden (jeweils maximal):

  • Sillian (rund 2.000 Einwohner): bis zu 200.000 Euro
  • Hartberg (7.000 Einwohner): 700.000 Euro
  • Steyr (40.000 Einwohner): 4,5 Millionen Euro
  • Graz: 36 Millionen Euro
  • Wien: 238 Millionen Euro

an zusätzliche Mitteln.

Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl betonte, dass sich in den letzten Wochen wieder einmal gezeigt habe, dass die Städte und Gemeinden das Rückgrat unseres Staates sind. „Es waren die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinden, die in der Krise dafür gesorgt haben, dass von der Kinderbetreuung bis zur Abfallentsorgung alles funktioniert hat. Jetzt aber brauchen die Gemeinden Hilfe, und ich danke der Bundesregierung, dass es möglich war, dieses Finanzpaket zu packen“, so Riedl.

Er betonte, dass die Gemeinden die größten öffentlichen Investoren sind ohne die der Neustart der Wirtschaft nicht durchführbar ist.

Für den Städtebund meinte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, dass man darüber nachdenken solle, ob man die Investitionsunterstützung auch für Maßnahmen verwenden können solle, die im laufenden Betrieb der Gemeinden notwendig sind.

„Österreichweit gibt es rund 300 Abgangsgemeinden. Daher wäre zu überlegen, ob man nicht einen Teil der Investitionsförderung für den laufenden Betrieb verwenden könnte, denn die Abgangsgemeinden können den geforderten 50-Prozent-Anteil nur dann erbringen, wenn sie dabei unterstützt werden.“ Andere Möglichkeiten, so Ludwig, wären ein Auffangschirm für die fehlenden Ertragsanteile oder eine Abgeltung der Auswirkungen der Kurzarbeit auf die Kommunalsteuer.

SPÖ will statt einer Milliarde zwei

Kritik gab es vom Kommunalsprecher der SPÖ, Andreas Kollross. „Groß angelegt und angekündigt, bleibt das Gemeindehilfspaket ein Rohrkrepierer und reiht sich somit ein in die restlichen Hilfspakete der Regierung. Alle Pakete dieser Regierung funktionieren nur vor laufender Kamera. Sobald diese ihr Rendezvous mit der Realität haben, ist es nicht mehr als Schall und Rauch.“

Jedem, so Kollross, sei bekannt, dass den Gemeinden und Städten alleine heuer zwei Milliarden fehlen. „Jetzt kommt die Regierung mit einer Milliarde daher und meint dies sei ein Investitionspaket. Das ist es nicht. Damit wird bestenfalls der laufende Betrieb in so manchen Gemeinden gesichert. Investitionen um die regionale Wirtschaft vor Ort in Schwung zu bringen, werden hier auf der Strecke bleiben“, so Kollross weiter.

Die vollständige Pressekonferenz zur Corona-Gemeindemilliarde hier als Video