Die hohen Ausgaben der Städte und größeren Gemeinden sind nicht zwangsläufig durch ihre Größe bedingt, sondern werden primär durch Ineffizienzen in der Verwaltung, Altlasten und überdurchschnittlich hohe freiwillig getätigte Aufwendungen verursacht. Foto: Shutterstock

Faire Verteilung der Mittel zwischen allen Gemeinden ist erforderlich

Eine Studie der Universität Innsbruck hat sich mit dem Thema einer aufgabenorientierten Gemeindefinanzierung auseinandergesetzt und ist dabei zu interessanten Ergebnissen gekommen.

Der Finanzausgleich regelt die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften und hat sich in der Grundstruktur seit Jahrzehnten nicht wesentlich verändert. Auf horizontaler Ebene, also zwischen den Gemeinden, ist das entscheidende Kriterium für die Verteilung der Steuereinnahmen immer noch die Einwohnerzahl (Volkszahl bzw. abgestufter Bevölkerungsschlüssel).



Diese Fokussierung auf die Einwohnerzahl ist, wie zahllose Studien belegen, längst überholt. Stattdessen braucht es eine solidarische, aufgabenorientierte Gemeindefinanzierung, die sich an den tatsächlichen Aufgaben der Gemeinden orientiert und jede Gemeinde mit den finanziellen Mitteln ausstattet, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.



Diverse Studien haben sich bereits mit diesem Thema auseinandergesetzt und versucht, eine Bestandsaufnahme der kommunalen Aufgaben vorzunehmen, diese in Kategorien einzuteilen und die Aufgabenverteilung zwischen den Gemeinden aufgrund ihrer Größe oder Funktion darzustellen. Einige dieser Studien dokumentieren die hohen Ausgaben der Städte und größeren Gemeinden, nicht nur für Basisaufgaben, sondern auch für zentralörtliche bzw. ballungsraumspezifische Aufgaben. Von diesen Gemeinden kommt daher der Ruf nach einer besonderen Berücksichtigung dieser Aufgaben und damit einhergehend nach einer besseren finanziellen Ausstattung. Aber sind hohe Ausgaben zwangsläufig ein Argument für einen höheren Finanzbedarf und wie stellt sich überhaupt die Lastenverteilung zwischen den Gemeinden dar?



Eine brandaktuelle Studie der Universität Innsbruck[i] hat sich kürzlich mit dem Thema aufgabenorientierte Gemeindefinanzierung auseinandergesetzt und ist dabei zu interessanten Ergebnissen gekommen.



Promberger et al beleuchten in ihrer Studie zunächst die kommunalen Aufgaben und nehmen eine Kategorisierung in kommunale Basisaufgaben, darüber hinausgehende Aufgaben, Aufgaben des Gebührenhaushaltes, wirtschaftliche Tätigkeiten und Finanzen vor. Zunächst stellen sie die Ausgabenseite der Gemeindefinanzen dar und stellen sich die Frage, wie hoch die Netto-Ausgaben der Gemeinden für kommunale Basisaufgaben und für darüber hinaus gehende Aufgaben sind. Kommunale Basisaufgaben sind solche, die von allen Gemeinden, unabhängig von ihrer Größe, wahrgenommen werden müssen. Darüber hinaus gehende Aufgaben sind solche, die zusätzlich zu den kommunalen Basisaufgaben erfüllt werden. Für diese gibt es keinen rechtlichen Auftrag, sondern sie sind politisch gewollt oder historisch gewachsen oder nur von bestimmten Gemeinden wahrzunehmen.

Großteil der Ausgaben für kommunale Basisaufgaben



Die Netto-Ausgaben aller Gemeinden steigen im Betrachtungszeitraum 2011 bis 2013 (wenig überraschend) stetig. Dabei fällt jedoch auf, dass 96,02 Prozent des gesamten kommunalen Budgets in die Sicherung der kommunalen Basisaufgaben fließt. Nur ein sehr geringer Teil, nämlich rund 3,02 Prozent, kann für Aufgaben verwendet werden, die über kommunale Basisaufgaben hinausgehen. Die restlichen Ausgaben fließen in den Gebührenhaushalt und in wirtschaftliche Tätigkeiten.

Kein finanzieller Spielraum für kleinere Gemeinden



In der Verteilung zwischen den Gemeinden zeigt sich, dass speziell die kleineren Gemeinden bis 2.500 Einwohner mehr als 100 Prozent ihres Budgets für kommunale Basisaufgaben ausgeben. In Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern sind es nur 89,12 Prozent. Letztere haben also wesentlich mehr Mittel für über kommunale Basisaufgaben hinausgehende Aufgaben zur Verfügung als kleinere Gemeinden. Umgekehrt haben kleinere Gemeinden fast keine Chance, auch Aufgaben wahrzunehmen, die über kommunale Basisaufgaben hinausgehen.

Hohe Ausgaben größerer Gemeinden



Die Ausgaben von Städten und größeren Gemeinden sind in nahezu allen Bereichen wesentlich höher als die von kleineren Gemeinden. Im Bereich der kommunalen Basisaufgaben verzeichnen etwa die Gemeinden über 20.000 bzw. über 50.000 Einwohner die höchsten Netto-Ausgaben mit 1.368,15 bzw. 1.669,19 Euro pro Einwohner. Die hohen Ausgaben der Städte und größeren Gemeinden sind aber nicht zwangsläufig durch ihre Größe bedingt, sondern werden primär durch Ineffizienzen in der Verwaltung, Altlasten und überdurchschnittlich hohe freiwillig getätigte Aufwendungen verursacht. Hohe Ausgaben sind daher nicht zwangsläufig ein Argument für die Forderung nach mehr Finanzmitteln.



Der zweite Teil der Untersuchung der Universität Innsbruck beleuchtet die Finanzierungsseite.

Finanzierung kommunaler Basisaufgaben



Ein großer Teil des gesamten kommunalen Budgets fließt in die Finanzierung der kommunalen Basisaufgaben. Die dafür anfallenden Netto-Ausgaben werden zu fast drei Vierteln, nämlich zu 72,23 Prozent durch Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben getragen. Zur Finanzierung der kommunalen Basisaufgaben braucht es somit noch zusätzliche Finanzmittel, wie insbesondere die Einnahmen aus ausschließlichen Gemeindeabgaben, Finanzzuweisungen und Zuschüssen.



Obwohl größere Gemeinden wesentlich mehr Geld für kommunale Basisaufgaben ausgeben als kleinere Gemeinden, verzeichnen sie dennoch einen höheren Deckungsgrad. In Gemeinden mit über 20.000 Einwohnern werden 77,38 Prozent der Nettoausgaben für Basisaufgaben durch Ertragsanteile gedeckt, in Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern sind es immer noch 71,21 Prozent. Benachteiligt sind wiederum kleinere Gemeinden; ihre Aufwendungen für kommunale Basisaufgaben werden nur zu 64,22 Prozent durch Ertragsanteile bedeckt.



Die Einnahmen aus ausschließlichen Gemeindeabgaben verstärken dieses Ungleichgewicht noch. Größere Gemeinden können nämlich auf 2,8-fach höhere Einnahmen aus Gemeindeabgaben zurückgreifen als kleinere. Unter Berücksichtigung von Finanzzuweisungen und Zuschüssen verbleibt den Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern im Ergebnis eine Überdeckung von 18,76 Prozent oder 313,20 Euro pro Einwohner, die sie in andere Aufgabenbereiche investieren können. Gemeinden mit bis zu 500 Einwohnern müssen mit einer Überdeckung von 5,92 Prozent bzw. 73 Euro pro Einwohner auskommen. Dieser hohe Deckungsgrad bringt den größeren Gemeinden einen wesentlich größeren politischen und finanziellen Spielraum.



Zusammengefasst zeigt die Studie von Promberger et al, dass der derzeit geltende abgestufte Bevölkerungsschlüssel nicht dazu geeignet ist, eine faire Verteilung der finanziellen Mittel in den einzelnen Gemeindegrößenklassen sicherzustellen. Im Gegenteil belohnt das derzeit geltende System noch Ineffizienzen und gibt keinen Anreiz, Ausgaben zu reduzieren. Im Zuge einer Aufgabenreform wird es daher anderer Verteilungsmechanismen bedürfen, die die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen für jeden Bürger, egal ob er in einer kleinen oder in einer großen Gemeinde, im Speckgürtel oder im ländlichen Raum lebt, gewährleisten.


  1. [i] Kurt Promberger, Christian Mayr und Yvonne Ohnewas: Analyse der Gemeindefinanzen vor dem Hintergrund eines aufgabeorientierten Finanzausgleichs. Universität Innsbruck, Lehr- und Forschungsbereich für Verwaltungsmanagement, E-Government & Public Governance




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