Innsbruck bei Nacht
Es betrifft bei Weitem nicht nur Städte wie hier Innsbruck auf einer alten Aufnahme: Gute Beleuchtung im öffentlichen Raum ändert sich im Lauf des Abends und der Nacht, im Lauf der Woche und auch saisonal. Sie kann sensorgesteuert adaptiv sein oder dynamisch den erwarteten Nutzungsszenarien angepasst werden. Überdimensioniertes Licht, das nicht der jeweiligen Nutzung entspricht, oder mangelhaft realisierte Lichtanlagen, die beispielsweise bei Anstrahlungen Streulicht erzeugen, müssen verhindert werden.
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Energiesparen durch Abschaltung der Beleuchtung?

12. Juli 2023
Durch die Energieknappheit und den damit einhergehenden starken Anstieg der Energiekosten ist das Thema öffentliche Beleuchtung in den Fokus der Kommunen und Infrastrukturbetreiber gerückt. Diskutiert werden die Sinnhaftigkeit und eventuelle unerwünschte Effekte vor allem der öffentlichen Außenbeleuchtung – sprich der Anstrahlung von Gebäuden und der Straßenbeleuchtung. Sogar ein gänzliches Abschalten gewisser Bereiche oder zu bestimmten Zeiten wird diskutiert.

Aus Sicht der Lichttechnischen Gesellschaft Österreichs (LTG) sind gute Beleuchtung und Energieeinsparung kein Widerspruch, sondern gehen vielmehr Hand in Hand. Allerdings ist festzuhalten, dass das Thema „­Öffentliche Beleuchtung“ etwas aus dem Fokus gerückt ist beziehungsweise sich auf den Aspekt „LED-Lampen“ beschränkt. Und das ist eindeutig zu kurz gegriffen.

Es geht neben der Frage „Licht“ auch um die „Infrastrukturfrage“, wie auf dem LTG-Kongress „Licht 2023“ Ende März in Salzburg klar wurde. Zu diesem Anlass hat die LTG ein Positionspapier vorgestellt, auf dem auch Gemeinden aufbauen können.

Empfehlung, die Vorgaben auszureizen

In Österreich ist die Beleuchtung von Außenanlagen normativ eindeutig geregelt: Es gilt der Grundsatz „Das richtige Licht (am richtigen Ort) zur rechten Zeit“ – ein Überbeleuchten ist grundsätzlich zu vermeiden und der Schutz der Umwelt ist zwingend miteinzubeziehen. Generell wird eine Anpassung (Reduktion) des Lichtniveaus während der Nachtstunden dringend empfohlen.

Damit sind dem Betreiber (Halter) einer Beleuchtungsanlage alle Möglichkeiten gegeben, seine Anlagen gleichermaßen wirkungsvoll, energiesparend und umweltschonend zu betreiben. Aus diesem Grund empfiehlt die LTG, den normativen Vorgaben zu folgen, diese allerdings auch in vollem Umfang in Bezug auf Energieeinsparung und Umweltschutz auszureizen.

Und obwohl die Beleuchtung von öffentlich zugänglichen Verkehrsflächen vom ­Gesetzgeber nicht zwingend vorgeschrieben wird, kann der Halter bzw. der Betreiber einer Anlage auch für Schäden, die infolge unzureichender Beleuchtung entstehen, in Anspruch genommen werden.

Die LTG, vertreten durch ihre Mitglieder und beigezogenen Fachexperten, hat sich entschieden, die wahrnehmungsphysiologischen Erfordernisse des Straßenverkehrs auf Basis der normativen Vorgaben dieser Empfehlung zugrunde zu legen.

Straßenbeleuchtung für den Hauptnutzer motorisierter Verkehr

Eine Modernisierung und Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf dimmbare LED-Leuchten oder Leuchten, bei denen durch einfache Nachrüstung eine Dimmung realisiert werden kann, bewirkt die größte Energieeinsparung und macht eine Reduktion der Beleuchtung erst möglich.

Unter Dimm- bzw. Steuerbarkeit wird jede Möglichkeit von der einfachen Stufenschaltung über automatische Dimmung zu bestimmten Zeiten bis hin zur sensorbasierten Helligkeitsregelung verstanden. Eine Umrüstung auf nicht dimmbare LED-Leuchten ist nicht zukunftstauglich und daher weder technisch noch wirtschaftlich zielführend.

Wo immer es dem Betreiber (Städte, Kommunen) möglich ist und Kapazitäten beim verantwortlichen Betriebspersonal mit den erforderlichen Kompetenzen zur Verfügung stehen, ist eine Anpassung der ­Beleuchtungsintensität an die situativen Erfordernisse gemäß den ­ÖNORMEN (ÖNORM O 1055, ÖNORM O 1052 und ÖNORM O 1051) durchzuführen.

Gänzliches Abschalten der Beleuchtung wird abgelehnt

Ein gänzliches Abschalten der Beleuchtung wird von der LTG abgelehnt, auch bei Anlagen mit Sensorsteuerung ist ein Mindestlichtniveau während der gesamten Dunkelstunden einzuhalten. Ohne Straßenbeleuchtung ist es dem KFZ-Lenker bei Benutzung des Abblendlichts und Geschwindigkeiten über 30 km/h schwer möglich, ein Hindernis auf der Straße zeitgerecht zu erkennen, um sicher vor diesem anhalten oder es umfahren zu können.

Straßenbeleuchtung
Straßenbeleuchtung völlig oder teilweise abzuschalten kann die Verkehrs­sicherheit massiv beeinträchtigen. Foto: Milan Noga reco - stock.adobe.com

Auch das Abschalten jeder zweiten Leuchte ist nach normativen Vorgaben nicht zulässig. Die Wahrnehmung des KFZ-Lenkers ist bei Abschaltung jeder zweiten Leuchte aufgrund der daraus resultierenden Hell-Dunkel-Zonen schlechter als bei vollständiger Abschaltung der Beleuchtung und wird daher von der LTG abgelehnt.

Auch Konfliktzonen- und Schutzwegbeleuchtung darf und soll gemäß ÖNORM O 1051 an die situativen Erfordernisse angepasst werden, um damit deren unerwünschte Umwelteinflüsse und Lichtimmissionen zu reduzieren. Dies gilt als Empfehlung, wenn Kapazitäten beim verantwortlichen Betriebspersonal mit den erforderlichen Kompetenzen zur Verfügung stehen.

Straßenbeleuchtung für die Hauptnutzer Fußgänger, Langsam-Fahrbereiche sowie Begegnungszonen, Schulstraßen und Parkplätze

Prinzipiell gelten dieselben Empfehlungen wie für den „Hauptnutzer motorisierter Verkehr“.

Bei Geschwindigkeit unter 30 km/h ist es dem KFZ-Lenker bei Benutzung des Abblendlichts theoretisch möglich, ein Hindernis auf der Straße zeitgerecht zu erkennen, um sicher vor diesem anhalten zu können. Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch nicht die geringere Helligkeit der Umgebung bei fehlender Straßenbeleuchtung und die damit einhergehende schlechtere Sichtbarkeit von Fußgängern abseits der Fahrbahn. Somit wird aus Sicht der LTG vom Abschalten der Straßenbeleuchtung auf Straßen für Hauptnutzer Fußgänger sowie in Langsam-Fahrbereichen, Begegnungszonen und Schulstraßen abgeraten. Eine mögliche Ausnahme könnte allerdings für nachfolgende Beispielsituation zur Diskussion stehen:

Bei exponierten Anlagen in Randbereichen, die nur von Anliegern benutzt werden, ist gemäß StVO auf jedem betroffenen Lichtmast das entsprechende Hinweisschild „Laterne, die nicht die ganze Nacht hindurch leuchtet“ anzubringen, damit ein Fahrzeuglenker klar erkennen kann, dass im Bedarfsfall – wenn sein abgestelltes Fahrzeug aus 50 Metern Entfernung nicht erkennbar ist - dieses mit Begrenzungslicht beleuchtet werden muss. Zusätzlich wird empfohlen, am Beginn dieser Bereiche eine Tafel (Schild) mit entsprechenden Hinweisen anzubringen.

In jedem Fall sollte die Umsetzung einer derartigen Abschaltung sensibel überlegt und nur in Abstimmung mit den üblicherweise Betroffenen (Nutzer, Sicherheitsorgane) erfolgen. Möglich ist auch die Kopplung der Betriebszeit einer Parkplatzbeleuchtung an die vorgesehene Nutzung.

Werbeanlagen

Bei Werbeanlagen wird auf die Anwendung der ÖNORM O 1052 sowie der RVS 05.06.12 zur Vermeidung von Lichtimmissionen hingewiesen, vor allem was die Betriebszeiten und die Intensitäten der Werbeanlage betrifft. 

Beleuchtung von Parkanlagen

Parkanlagen, insbesondere im urbanen Raum, werden häufig mit Kriminalität in Verbindung gebracht. Für permanent öffentlich zugängliche Parks wird seitens der LTG dringend empfohlen, deren Beleuchtung durchgehend zu betreiben und nicht abzuschalten. Die LTG weist besonders auf die Anwendung der ÖNORM O 1052 zur Vermeidung von Lichtimmissionen hin.

Parkanlagen, die während der Dunkelstunden nicht öffentlich zugänglich sind, müssen hingegen nicht beleuchtet werden.
Weder in beleuchteten noch in unbeleuchteten Parks wird der nächtliche Aufenthalt von vielen Menschen als angenehm und sicher empfunden. Es ist daher sinnvoll, Anrainer und Nutzer des Parks in den Entscheidungsprozess miteinzubeziehen.

Architektur- und Denkmalbeleuchtung, Anstrahlung

Architektur- und Denkmalbeleuchtung wird oftmals als touristisches und gewerbliches Marketing gesehen und hat als solches auch ihre Berechtigung. Auch hier gilt: Ein Umrüsten der Anlage auf moderne LED-Lösungen erzielt die größte Energieeinsparung. Betriebszeiten sind ebenso zu hinterfragen und eine Reduktion der Intensität ist anzudenken. Dezent angestrahlte Architektur kommt oftmals besser zur Geltung.

Empfohlen wird von der LTG auch eine Lichtlenkung durch Blenden, besser noch durch moderne Projektionsanlagen, sodass annähernd 90 Prozent des ausgestrahlten Lichts auf das angestrahlte Objekt treffen.

Weihnachtsbeleuchtung

Weihnachtsbeleuchtung ist ein eigenes Thema. Die Empfehlung lautet, diese lediglich vom 1. Advent bis zum Dreikönigstag und nur von 16 bis 22 Uhr zu betreiben. Aber da der Energie­verbrauch einer modernen, LED-basierten Weihnachtsbeleuchtung meist sehr gering ist (weniger als 0,1 Prozent des gesamten elektrischen Energieverbrauchs einer Kommune), ist die Reduktion der Weihnachtsbeleuchtung vor allem als Vorbildwirkung der öffentlichen Hand einzuordnen.

Beleuchtung von Sportstätten

Bei ­Sportstätten ist vereinfacht zwischen jenen für Freizeit-, Schul- und Breitensport und jenen für Training und Wettkampf zu unterscheiden. Bei Sportplätzen für Freizeit- und Breitensport ist hinsichtlich einer möglichen Abschaltung auch deren sozialpolitische Komponente zu berücksichtigen.

Modernisierung und Umrüstung auf regelbare LED-Fluter bewirken die größte Energieeinsparung und machen eine Reduktion oder Dimmung der Beleuchtung erst möglich. Unter Regelbarkeit wird hier jede Möglichkeit von der einfachen Stufenschaltung bis zur linearen Helligkeitsregelung verstanden. Die Umrüstung auf nicht regelbare LED-Strahler ist nicht zukunftstauglich und daher weder technisch noch wirtschaftlich zielführend.

Für Trainings- und Wettkampfanlagen sollte die Anpassung der Licht-Intensitäten gemäß ÖNORM EN 12193 bzw. Vorgaben der Sportverbände und ÖISS-Beleuchtungsguides an die unterschiedlichen sportspezifischen Anforderungen erfolgen. 
Bei Trainings- und Wettkampfanlagen ohne TV-Übertragung ist der Beginn der Spielzeit so zu legen, dass die Veranstaltung bei Tageslicht stattfinden kann. Bei Freizeitanlagen sollte gelten, dass die Ausrichtung der Leuchten und die Beleuchtungsgeometrie so zu wählen ist, dass unerwünschte Lichtimmissionen vermieden werden.

Die Betriebszeiten der Beleuchtungsanlagen sind an den Spielplan und die Anwesenheit von Personen am Spielfeld zu koppeln.

Straßenbeleuchtung
Abstrahlungswinkel sind wichtig, auch hinsichtlich Lichtverschmutzung. Foto: Thas - stock.adobe.com

So weit die Empfehlungen der Lichttechnischen Gesellschaft Österreichs. Zusammenfassend kann die These aufgestellt werden, dass der Konflikt zwischen der Notwendigkeit, den öffentlichen Raum in den dunklen Stunden sicher und zweckmäßig zu nutzen, und dem Schutz der lebensnotwendigen Dunkelheit sich dadurch auflösen lässt, dass man Licht nur dort einsetzt, wo und wann es gebraucht wird, und in der Qualität, in der es gebraucht wird – so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.