Die Baupreise sind innerhalb von nur zwei Jahren um 30 % angestiegen.
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Ein Blick auf den österreichischen Wohnbau-Markt

2. Oktober 2023
Die Österreichischen Wohnhandbücher dokumentieren seit fast drei Jahrzehnten in elf Auflagen die Entwicklung der österreichischen Wohnbaulandschaft. Im Rahmen der 28. St. Wolfganger Tage der ARGE Eigenheim wurde nun das Wohnhandbuch 2023 – herausgegeben von Wolfgang Amann und Christian Struber – vorgestellt.

Aus der langen Perspektive erschließt sich dem Leser dieses Handbuchs die Entwicklung und die heutige Performance des österreichischen wohnungspolitischen Systems. Österreich hat eine im internationalen Vergleich sehr gute Wohnversorgung, was gleichermaßen quantitative und qualitative Indikatoren belegen.

Die Wohnkostenbelastung liegt bei 19 % des verfügbaren Haushaltseinkommens und damit immer noch unter dem EU-Durchschnitt. Gerade bei unteren Einkommensgruppen ist die Wohnkostenbelastung deutlich niedriger als in den meisten Nachbarländern. Die Verbindung eines großen Angebots objektgeförderter Wohnungen und eines gut ausgebauten Wohnbeihilfensystems bewirkt, dass Wohnen für den größten Teil der Bevölkerung leistbar ist.

Neubauboom ist zu Ende, Baupreise sind gestiegen

Allerdings haben sich in jüngster Vergangenheit Bruchlinien aufgetan. Der Boom im Wohnungsneubau mit historischen Höchstständen 2017 und 2019 von jeweils über 85.000 baubewilligten Wohneinheiten ist zu Ende. Es zeichnet sich ein scharfer Einbruch in die Richtung von nur noch 50.000 Einheiten ab.

Die Baupreise sind innerhalb von nur zwei Jahren um 30 % angestiegen. Neben den sehr hohen Baukosten verhageln die in kürzester Zeit massiv angestiegenen Kapitalmarktzinsen so manche Kalkulation und den Traum vom eigenen Haus für viele junge Familien.

Wie geht es weiter?

Christian Struber mit Patrick Stumer vom Linde Verlag
Der Herausgeber des Österreichischen Wohnhandbuchs 2023 Christian Struber, dem vor Kurzem der Berufstitel „Kommerzialrat“ verliehen wurde, mit Patrick Stumer vom Linde Verlag bei der Präsentation des Wohnhandbuchs in St. Wolfgang.

Wohnbauförderung und Wohnungsgemeinnützigkeit, im Tandem jahrzehntelang Garant für Kontinuität, Preisstabilität und Leistbarkeit, scheint mit dieser Volatilität überfordert zu sein.

In mehreren Bundesländern ist der geförderte Neubau fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Die bewährte Wirkungsweise, mit einer Vielzahl an Stellschrauben Baukosten zu dämpfen, Qualitäten anzuregen und Leistbarkeit sicherzustellen, scheint gefährdet.

Andererseits ist absehbar, dass wir auch wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Und die höheren Kapitalmarktzinsen haben zur Folge, dass die Finanzierungsfunktion der Förderung wieder stärker in den Vordergrund rückt.

Angesichts eines öffentlichen Aufwands für die Förderung des Wohnbaus deutlich unter dem europäischen Durchschnitt sollte eine Ausweitung der Fördertätigkeit möglich und gerechtfertigt sein.

Sanierung wird wichtiger

Ein weiterer wohnungspolitischer Aspekt rückt zusehends in den Vordergrund: der Beitrag des Wohnens zur Dekarbonisierung unserer Gesellschaft. Es ist an der Zeit, dass sich die Kapazitäten der Bauwirtschaft vom Neubau in Richtung Sanierung verlagern.

Wohnhandbuch kommt nun jedes Jahr

Bisher ist das Österreichische Wohnhandbuch alle drei Jahre neu aufgelegt worden. Nunmehr soll das „Nachschlagewerk“ jedes Jahr erscheinen. Neben dem in bewährter Weise von Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald vom Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen betreutem Statistik-Kapitel zu Wohnungsneubau, Wohnbauförderung und Wohnungsgemeinnützigkeit soll in einem inhaltlich jährlich wechselnden Themenbereich das Autorenteam vergrößert werden:

  • So bereichern Walter Hüttler und Gerald Kössl mit deren Beitrag zu Fortschritten bei der Dekarbonisierung des gemeinnützigen Wohnungsbestands diesen inhaltlichen Schwerpunkt.
  • Der Doyen der Wohnungsgemeinnützigkeit Helmut Puchebner trägt Vorschläge zu Leistbarkeit im Wohnen bei.
  • Christian Zenz, für das Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht zuständiger Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium, liefert ein Plädoyer zur Bundesaufsicht im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.
  • Dietmar Stampfer präsentiert ein hervorragendes Sanierungsprojekt in Salzburg.
  • Isabella Stickler, Obfrau der Wohnbaugenossenschaft Alpenland, stellt ihre Initiative der  Gemeinwohlzertifizierung vor.
  • Das Team Thomas Morgl und Marina Woitek von Silver Living äußern sich zuletzt zu Fragen des Wohnens im Alter. S
  • chließlich steuert der Herausgeber Wolfgang Amann einen Beitrag zu Wohnbauförderung und Finanzausgleich sowie gemeinsam mit dem e7-Energietechniker Guntram Preßmair zur Sektorkoppelung zwischen der Energie- und Immobilienwirtschaft bei bauteilaktivierten Gebäuden bei.
  • Und Christian Struber teilt seine Ideen zur Finanzierung von leistbarem Wohnbau und neuen Wegen ins Wohnungseigentum.