© Shutterstock/Sergey Nivens

Wirtschaftsmotor Immobilienwirtschaft

19. Dezember 2019
Die Branche rund um den Betrieb von Immobilien ist sehr krisensicher. Das zeigten die Vorträge am 12. International Facility Management-Kongress, kurz IFM, Anfang November an der TU Wien, deutlich.

Dass die Branche krisensicher ist, zeigen unter anderem auch die Daten der EuroStat. Eva Stopajnik nutzte die EU-Daten, um zu veranschaulichen, dass die Facility Service (FS) Industrie immer schon ein Treiber der Wirtschaft war. In den Jahren rund um 2009, der letzten großen Wirtschaftskrise, ist der FS-Bereich im Gegensatz zu fast allen anderen Sparten stabil geblieben oder sogar leicht gewachsen.

Die Services rund um Immobilien unterstützten auch den Aufschwung nach der Krise, indem sie stets stärker wuchsen als das gesamte BIP. Und dieser Bedarf an FS wird auch nicht sinken, sondern im Gegenteil sogar zunehmen, da die Anforderungen an Büroimmobilien und die Services wie Wartung und Instandhaltung und Reinigung immer mehr steigen.

Neue Arbeitswelten bei PwC

Die Gründe für neue Arbeitswelten erläuterten die beiden Keynotes des IFM-Kongresses. Der CFO und COO von PwC-Österreich, Jürgen Schauer, zeigte, dass sich der Umzug für PwC in den DC Tower aus mehren Gründen gerechnet hat. Es wurde Activity Based Working auf Basis ausgewählter Best Practise-Ansätze der PwC Europe eingeführt. Die neue Arbeitswelt setzt sowohl die Strategie von PwC-Österreich als auch die Unternehmenskultur um.

Ziele des Projekts waren, den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit sowie digitales und zukunftsorientiertes Arbeiten zu fördern. All dies schafft Flexibilität und trägt damit auch zu einer besseren Work-Life Balance bei. Die Umsetzung erfolgte mit starker Einbindung der Mitarbeiter. Der Prozess wurde durch ein gezieltes Change Management und Kommunikationsmaßnahmen unterstützt.

Alexander Redlein
Alexander Redlein (hier rechts beim Vorabendevent des Kongresses) ist der Mastermind hinter der IFM; seit September 2019 ist er im Global Teaching Team ME310 der Stanford Universität.

Durch das neue Arbeitsumfeld wird den Mitarbeitern ein modernes, innovationsförderndes Arbeitsumfeld geboten. Es gibt den optimalen Mix aus Homebase für die Bereiche, Projekte, aber auch Fokusräume für die Teamarbeit sowie großzügig angelegte Kommunikationszonen, um die Kommunikation auch zwischen den Kompetenzbereichen zu fördern.

„Wichtig für uns war es insbesondere, starre Konzepte aufzuheben, Raum für informelle Kommunikation zu schaffen und inspirierende Kreativzonen zur Verfügung zu stellen.“, so Schauer. Allein durch eine wesentlich reduzierte Wechselrate der Mitarbeiter haben sich die Investitionen schon im ersten Jahr gerechnet. Der Umstand, dass das Wiener Gebäude sogar höher ist als der PwC-Tower in Frankfurt, hat zu erhöhtem Selbstgefühl und damit zu einer höheren Mitarbeiterbindung geführt. PwC hat den 2. Platz beim Office of the Year errungen und damit auch einen Vorteil beim Recruiting. Diese Arbeitswelten erfordern aber auch einen erhöhten Service-Level im Bereich der Ausstattung und des Betriebes. 

Innovatives Development – der Cube von CA Immo

Matthias Schmidt, Leiter Development Deutschland von CA IMMO, zeigte, wie sich ein Developer auf diese neuen Herausforderungen vorbereiten kann. CA IMMO als zweitgrößter Büroentwickler in deutschen Städten hat in Berlin den Cube entwickelt.

Großzügige Lobby und Gastroangebote und Verbindungstreppen zwischen den Geschossen zusätzlich zu den Aufzügen fördern die Kommunikation und Interaktion. Eine Heiz- und Kühldecke und flexible Trennwände unterstützen die Flexibilität und zweckentsprechende „Konfiguration“ der Räume.

Das eigene Mobiltelefon dient zur Steuerung, Kommunikation, Vernetzung mit der Community, Navigation, unterstützt Sharing von Infrastruktur und das Buchen von Räumen. Es ermöglicht den Zutritt und liefert Daten für die Abrechnung im Retail und Gastronomiebereich von Energieverbräuchen.

„Wir sehen über Sensoren, wie viele Mieter sich im Gebäude befinden, und können dementsprechend die Anlagen energieeffizient steuern. Wenn wir sehen, dass sich Mitarbeiter in einem Bereich bündeln, können wir Lüftung, Heizung etc. daran anpassen“, erklärt Matthias Schmidt. Im Cube wird über IoT Sensoren die aktuelle Nutzung, Belegung, der Energiebedarf etc. erfasst und in einem Management-Cockpit gesteuert. Predictive Maintenance ist hier kein Schlagwort mehr, sondern wird gezielt eingesetzt, um die Nutzerzufriedenheit zu steigern und die Betriebskosten zu senken.

Kosteneffizient und dennoch qualitativ – wie geht das?

Damit sind wir auch beim zweiten großen Themenblock des IFM Kongresses. Wie kann man qualitativ betreiben und Gesetze einhalten und dennoch niedrige Betriebskosten erzielen?

Jeder spricht über den Klimawandel, aber nur wenige bedenken, dass Unwetter wie Starkregen und Stürme unwillkürlich die Prämien von Versicherungen erhöhen, Doris Wendler, Vorstandsdirektorin bei der Vienna Insurance Group, zeigte, dass Klimawandel eine Tatsache ist und die Schäden aus Hagel, Schnee und Sturm sich in fast ganz Österreich sowie Tornados im Osten häufen.

Wendler stellte in ihrem Vortrag aber auch dar, was man als Developer, Eigentümer und Nutzer einfach umsetzen kann, um die Prämien nicht zu steigern und die Immobilien sogar „sicherer“ zu machen. Einfache Maßnahmen wie stabile Dachkonstruktionen, feste Verankerungen von Gerüsten sowie regelmäßiger Baumschnitt und Überprüfung bzw. Reinigung von Dächern etc. kann viele Schäden vermeiden und den Wert des Gebäudes sicherstellen.

Im Gebäude lassen sich durch Überspannungsschutz und die aktive Wahrnehmung von Wetterberichten kostengünstig Präventionsmaßnahmen setzen und so in der Folge Prämien optimieren. Denn Schäden werden zwar von der Versicherung gezahlt, aber dies hat natürlich Auswirkungen auf die Folgeprämien. Partnerschaftliches Denken ist daher wichtig.

Auf der Website Natural Hazard Overview and Risk Assessment Austria kann jeder anhand einer Adresse das mögliche Naturkatastrophenpotenzial wie Hochwasser, Tornados etc. für einen bestimmten Standort abschätzen lassen. „In der Prämie gibt es einen Spielraum von plus/minus zehn Prozent, je nachdem, ob man sich vorher mit der Versicherung abgestimmt hat.“, erklärt Wendler.

Emerging Technologies müssen nicht immer teuer sein

Der Vortrag von Wolfgang Huber von der BIG zeigte weitere Optimierungsmöglichkeiten durch den Einsatz von Emerging Technologies auf. Gemeinsam mit der TU Wien wurden die Anwendungsmöglichkeiten von „emerging technologies“ in den Bereichen Betrieb, Energieoptimierung und Safety analysiert und leicht umsetzbare Implementierungsszenarien definiert.

In einem ersten Testprojekt wurden z. B. über 100 Sensoren verbaut und in der Cloud visualisiert, um den Implementierungsaufwand und die Möglichkeiten einschätzen zu können. In einem weiteren Case wurde der Energieverbrauch einer Liegenschaft der BIG optimiert. Dazu wurden IoT-Devices auf den Hauptverbrauchern installiert und die Daten im Internet visualisiert.

Die Kosten waren vergleichbar mit einer einmaligen Beauftragung eines Energieaudits des Gebäudes. Aus den Daten war leicht erkennbar, dass die Steuerung der Klimatisierung in Abhängigkeit von der Anzahl der Nutzer nicht funktionierte. Allein durch diese Maßnahme rechnete sich die gesamte Investition.

Im nächsten Schritt werden mehr die Details wie erhöhte Blindleistung analysiert, um weitere Optimierungsmaßnahmen abzuleiten. Basierend auf der Datenbank der Use Cases der TU Wien sollen weitere Szenarien wie Ressourceneffizienz, Optimierung der Verfügbarkeiten und Predictive Maintenance definiert und gemeinsam umgesetzt werden. An diesem Beispiel ist gut erkennbar, dass valide Daten die Basis für alle Entscheidungen sind. 

OpenData – Entscheidungen auf Basis valider Daten

Meist sind aber die Generierung und der Zugang zu Daten mit erheblichen Kosten verbunden. Daher ist auch die Nutzung stark eingeschränkt. Wolfgang Jörg von Wien Digital zeigte, dass dies nicht immer der Fall sein muss, denn die Public-Sector-Information Richtlinie und deren österreichische Umsetzung in den Informationsweiterverwendungsgesetzen besagt, dass Behörden alle Daten, deren Generierung schon durch Steuern bezahlt wurde, den Bürgern maschinenlesbar, barrierefrei und kostenlos zur Verfügung stellen müssen. Daraus entsteht u. a. gerade die Europäische Geodateninfrastruktur (INSPIRE).

In Österreich erfolgt der Zugang über das data.gv.at Web Service-Portal, in dem 487 Anwendungen und rund 26.600 Datensätze von über 1100 Organisationen zur Verfügung stehen.

Beispiele für frei verfügbare Daten sind die Verwaltungsgrundkarte und das digitale Geländemodell mit Geodateninformationen der einzelnen Grundstücke in Österreich. Aber auch Flächenwidmung und Bebauungspläne inkl. der Schutzzonen sowie das AdressWebService mit taggenauen Adressen sind hier digital kostenfrei abrufbar. Diese Daten lassen Details wie den Sonnenstand auf den Grundstücken analysieren.

Über die GIP.at lassen sich sämtliche Verkehrswege zum Beispiel für ein automatisches Routing aufrufen. Jörg zeigte auch, wie einfach die Daten zu verwenden sind, ohne dass ein Nutzer eine Software kaufen muss. Durch die Verwendung von frei verfügbarer Cloud oder SaaS-Software lassen sich viele Analysen einfach und kostenlos durchführen. Eine Revolution für die Potenzialbewertung von Liegenschaften etc.   

Insgesamt zeigt sich, sobald ein Gebäude errichtet wurde, erfordert es diverse Services, um es „nutzbar“ zu erhalten. Die Anforderungen steigen durch den Einsatz neuer Arbeitswelten. Aber diese Services rechnen sich in Wien. Bei einem durchschnittlichen Unternehmen gilt, einer Reduktion der Bürofläche um 25 Prozent entspricht einer Steigerung der produktiven Arbeitszeit der Mitarbeiter um fünf Minuten pro Tag. Entscheiden Sie selbst, welchen Weg Sie für Ihr Unternehmen gehen wollen.