Gemeindebund-Delegation in Madrid
Die Gruppe des Gemeindebundes in Madrid.
© Gemeindebund

Eindrücke

Spanien: Zwischen „Tapas“ und „Flamenco“

Die traditionelle Fach- und Bildungsreise führte eine Abordnung des Präsidiums gemeinsam mit dem Europaausschuss des Gemeindebundes vom 11. bis 14. Oktober nach Spanien. Genauer gesagt in die Hauptstadt Madrid und ihr Umland. Am Programm standen Treffen mit dem spanischen Schwesterverband des Gemeindebundes (FEMP), ein Besuch der Gemeinde Las Rozas und ein Treffen mit dem österreichischen Botschafter in Madrid. Natürlich standen auch die Sehenswürdigkeiten der Metropole auf der Tagesordnung.

Gleich nach der Landung in Madrid am Mittwochnachmittag ging es für die Reisegruppe zuerst direkt ins weltbekannte Prado-Museum (Museo del Prado), das jedes Jahr mehr als 3 Millionen Besucher anlockt. In einer etwa einstündigen Führung konnten wir einige weltbekannte Meisterwerke von Hieronymus Bosch, Rembrandt, Peter Paul Rubens, Titian, Raphael, Velázquez, Francisco de Goya, El Greco und unzähliger anderer Künstler bewundern und erhielten einen raschen Einblick in die spanische Kulturgeschichte.

Grünes Madrid

Madrid ist mit rund 3,3 Millionen Einwohnern nach Berlin die zweitgrößte Stadt der Europäischen Union. Schon der erste Eindruck der Stadt zeigte aber – im Vergleich zur deutschen Hauptstadt – mehr Grün an allen Ecken der Stadt.

San Jerónimo el Real
Die Kirche San Jerónimo el Real war einst eines der wichtigsten Klöster Madrids. Das Kloster war ein wichtiger Ort des Hofgeschehens und Schauplatz der Vereidigungszeremonien der Erben der spanischen Krone von Philipp II. (1528) bis Isabela II. (1833) als Fürsten von Asturien, sowie mehrerer spanischer Hoftagungen und Bischofsweihen.

Überall ist auch die historische Entwicklung der Stadt erkennbar. Madrid ist ja seit Jahrhunderten geografischer, politischer und kultureller Mittelpunkt Spaniens und hat in den verschiedenen Epochen unterschiedliche Ausbau- und Entwicklungsschritte durchgemacht. So gibt es neben maurischen Wurzeln sehenswerte Stadtteile, wie „El Madrid de los Austrias“ (Das Madrid der Österreicher oder spanischen Habsburger) mit dem beeindruckenden Plaza Mayor aus dem 17. Jahrhundert, oder „El Madrid de los borbones“ (Das Madrid der Bourbonen), die nach dem spanischen Erbfolgekrieg im Jahr 1714 den spanischen Thron übernommen haben.

Unter Karl III., der im Volksmund auch „der beste Bürgermeister von Madrid“ genannt wurde, wurden Mitte des 18. Jahrhunderts die öffentliche Infrastruktur der Stadt (Straßen, Plätze, Parks, Wasserversorgung) modernisiert und zahlreiche öffentliche Bauten errichtet. Ziel der Fach- und Bildungsreise ist, neben dem Austausch mit den jeweiligen Gemeindevertretern, immer auch ein Eintauchen in die Kultur des Landes.

Da der Reisetermin nach Spanien auch mit dem Nationalfeiertag am 12. Oktober zusammenfiel, blieb auch etwas mehr Zeit und Raum für Kultur. So nutzten wir den Donnerstag für eine Besichtigung der Palast- und Klosteranlage Escorial etwa 45 Kilometer vor den Stadt Madrid. Die beeindruckende Anlage wurde von 1563 bis 1584 unter Philipp II. erbaut. Mit einer Grundfläche von 33.000m² wird die Klosteranlage nur vom Vatikanpalast übertroffen. Dort befindet sich auch die Grablege der spanischen Monarchen seit Karl V. 

Congreso de los Diputados
Der Congreso de los Diputados ist der Sitz des spanischen Parlaments.

Gemeinden haben meist weniger als 5.000 Einwohner

Bei allen Reisen des Gemeindebundes steht der kommunale Austausch im Fokus. So gab es auch ein ausführliches Treffen mit dem Schwesterverband in Madrid, der FEMP „Federacion Espanõla de municipios y provincas“.

Die Ursprünge des FEMP gehen auf das Jahr 1979 zurück, als eine Gruppe von rund zwanzig Bürgermeistern mehr Anerkennung für die lokale Verwaltung forderten. Gegründet wurde der Verband schließlich 1981. In Spanien gibt es 17 autonome Gemeinschaften und 2 autonome Städte. Unter dieser Ebene gibt es 50 Provinzen und an der Basis schließlich rund 8.200 Gemeinden.

Die kommunale Struktur ist laut dem Generalsekretär des FEMP Luis Martinez-Sicluna Sepulveda, sehr kleinstrukturiert. Mehr als 6.000 Gemeinden haben weniger als 5.000 Einwohner. 118 Kommunen haben mehr als 50.000 Einwohner.

Mit der Größe der Gemeinden unterscheiden sich auch die Aufgaben. So gibt es ein Gesetz über die Funktionsweise der lokalen Körperschaften abgestuft nach Größen. Zusätzlich müssen Kommunen immer wieder Aufgaben übernehmen, für die sie gar nicht zuständig sind, wie Migration oder auch Pflege. So sind alle sozialen Dienstleistungen exklusive Zuständigkeit der autonomen Gemeinschaften (vergleichbar mit den Bundesländern in Österreich), aber viele Gemeinden organisieren dennoch die Kinderbetreuung der 0-3-Jährigen, wiewohl sie eigentlich nicht zuständig wären.

Besuch beim spanischen Gemeindeverband FEMP.
Besuch beim spanischen Gemeindeverband FEMP.

Aufgaben aller Gemeinden sind etwa die öffentliche Beleuchtung, Müllabfuhr, Wasserversorgung, Kanalisation, Gemeindestraßen. Gemeinden über 5.000 Einwohner müssen sich zusätzlich um die öffentlichen Parks, Bibliotheken und Abfallbehandlung kümmern. Und über 20.000 Einwohner sind die Gemeinden für Katastrophenschutz, Feuerwehren und auch Sportanlagen zuständig.

Der Verband der Gemeinden und Provinzen kämpft auch immer wieder damit, dass der spanische Staat oder die Regionen Gesetze verabschieden, die Gemeinden betreffen, ohne die finanziellen Verpflichtungen zu übernehmen, was wiederum den Druck auf die Gemeinden erhöht. Ähnliches kommt auch in Österreich auch immer wieder vor.

Las Rozas - Vorzeigestadt für Nachhaltigkeit

Nach dem interessanten Austausch mit dem spanischen Gemeindeverband ging es nach Las Rozas, eine Stadt mit 100.000 Einwohnern im Umland von Madrid zu einem Treffen mit Bürgermeister José de la Uz Pardos.

Die Gemeinde ist flächenmäßig die drittgrößte Stadt Spaniens und die Kommune mit der höchsten Lebenserwartung, der geringsten Arbeitslosigkeit, dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen und der höchsten Akademiker-Dichte.

In den letzten Jahren hat Las Rozas mehr als 30 Auszeichnungen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Innovation erhalten. So hat man mit „Las Rozas Innova“ ein eigenes Innovationszentrum eingerichtet, zahlreiche PV-Projekte umgesetzt und sich dem Schutz der Natur verschrieben. Nach Madrid ist Las Rozas die Stadt mit den meisten Start Ups. Im Innovationszentrum können sich Start Ups vernetzen, Produkte testen und sich auch bei den digitalen Skills weiterbilden. Die Stadt will hier Vorreiter in ganz Spanien sein und den technologischen Fortschritt fördern.

Nach den offiziellen Programmpunkten und dem Besuch beim österreichischen Botschafter standen auch kulinarische (Tapas) und künstlerische Eindrücke am Programm. Die köstlichen Tapas in den vielen Restaurants der Hauptstadt sind ebenso eine Reise wert, wie die temperamentvollen Flamenco-Vorführungen. Fazit des Besuchs in Madrid und Umgebung: Zwischen den kleinen Gemeinden und den starken innovations- und nachhaltigkeitsgetriebenen Städten gibt es ein breites Spannungsfeld an finanziellen und auch sozialen Herausforderungen. Die Kommunen kämpfen um jeden Euro mit der spanischen Regierung und sind am Ende des Tages für fast alles verantwortlich.