Wendeltreppe
Bei einer mittelalterlichen Wendeltreppe ist nicht viel zu machen, da leuchtet die „Rote Ampel“ auf. Und in praktisch allen Fällen muss einzeln entschieden oder besser abgewogen werden, was mit einem Objekt oder auch mit Teilen eines Objekts geschehen soll.
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Sanierung auch mit Denkmalschutz möglich

Wenn in einer Baubesprechung in einer Gemeinde das Wort „Denkmalschutz“ fällt, ist meist das Entsetzen groß. Zu viele Geschichten über „Zeitverlust“ oder „massive Mehrkosten“ sind im Umlauf. Dabei würde ein früher Kontakt viel Zeit und Geld sparen.

"Denkmalschutz ist keine Käseglocke! Unser Anliegen ist, dass Dinge oder Objekte, die einen Wert in sich tragen oder darstellen, diesen Wert auch lange behalten.“ Bernd Euler-Rolle, Fachdirektor im Bundesdenkmalamt (BDA), stellt gleich zu Beginn des Gesprächs klar, dass es eben nicht um die Konservierung von Bausubstanz um jeden Preis.

Schreckgespenst Denkmalschutz bei jeder Sanierung

Gerade kleine und mittlere Gemeinden verfügen oft über Ortszentren oder Altstadt, wo einzelne Gebäude oder gar ein ganzes Ensemble unter Denkmalschutz stehen – man denke nur an Hallstatt. Wenn man weiter in Betracht zieht, dass viele Gemeinden mit dem sogenannten Donut-Effekt kämpfen, also der Verödung von Ortszentren und dem Bauwildwuchs an den Rändern, dann bekommt das eine eigene Dynamik. Wenn Gemeinden vor diesen Problemen stehen und dann auch noch Komplikationen mit dem Denkmalschutz befürchtet, entstehen weitere negative Erwartungshaltungen.

Euler-Rolle ist sich dieses „Ausgangsproblems“ bewusst. „Man muss hier zuerst klären, was die Rolle der politischen Gemeinde ist. Zum einen als Eigentümer von Objekten, zum anderen als Baubehörde erster Instanz und drittens die Rolle als gestaltende Kraft für die Weiterentwicklung einer Gemeinde. Aber man muss auch in Betracht ziehen, dass Denkmalsschutz und Denkmalpflege für den ,Lebensraum Altstadtquartier‘ einen großen Mehrwert mit sich bringen.“

Bernd Euler-Rolle
Bernd Euler-Rolle: "Denkmalschutz als kultureller Umweltschutz steigert die Attraktion eines Ortes deutlich.“

Diese Art „kultureller Umweltschutz“ kann die Attraktion eines Ortszentrums deutlich steigern. In den vergangenen 20 Jahren ist diese Entwicklung verstärkt zu beobachten. Ein gepflegtes Ortszentrum zieht Besucher, Touristen an, und wenn diese Frequenz einmal da ist, folgen auch gastronomische Angebote. „Man sitzt auch in Österreich zunehmend gerne in einem historischen Umfeld, wo es etwas zu sehen gibt, im Freien“, wie Euler-Rolle ausführt. Voraussetzung ist allerdings, dass hier die Denkmaleigentümer mitspielen. „Der Wert liegt eben im Gesamten.“

Die Nutzung soll in geregelten Bahnen verlaufen

Die heutigen Anforderungen auch an alte Gebäude – man denke nur an Punkte wie Energieeffizienz, die Nutzung als moderne Wohneinheiten oder als Geschäftsbüros – stehen als Herausforderung da. „Der Denkmalschutz sperrt sich da nicht“, so Euler-Rolle, „aber wir versuchen zuerst herauszuarbeiten, ob es nicht alternative Lösung gibt.“

Der Erfahrungsschatz des Bundesdenkmalamts ist hier groß. 2014 wurden auf mehr als 400 Seiten „Standards der Baudenkmalpflege“ anhand von Beispielen zusammengefasst, in welche Richtung eine Weiterentwicklung gehen könnte.

Frühzeitig vor der Sanierung mit dem Bundesdenkmalamt in Verbindung setzen

Wesentlich ist, dass der Eigentümer sich so frühzeitig wie möglich mit dem Bundesdenkmalamt in Verbindung setzt – Büros gibt es in jedem Bundesland. Gemeinsam wird dann versucht herauszuarbeiten, „was ein Gebäude anbietet“.

Euler-Rolle ist es wichtig zu betonen, dass sich nicht ausschließlich ein historisches Gebäude nach dem Zweck richten muss, sondern auch eine bestimmte Form der Nutzung sich eben anbieten kann. Und da sich keine zwei historischen Gebäude exakt gleichen, muss man jedes Mal eine Einzelfallentscheidung treffen. „Uns ist wichtig, dass die Nutzung eines Gebäudes ‚weitergeschrieben‘ wird. Man kann sich das vorstellen wie bei den Jahresringen eines Baums.“

Es gibt aber auch „Rote Ampeln“. „Auf einem netten historischen Marktplatz einer Gemeinde in Niederösterreich ein dreigeschossiges Wohnhaus hinzustellen oder einen mittelalterlichen Dachstuhl zu zersägen, um ein großflächiges Dachfenster für einen Dachbodenausbau unterzubringen, bringt ,Rote Ampeln‘ zum Leuchten. Das geht einfach nicht, auch wenn das absolute Ausnahmefälle sind“, so Euler-Rolle.

Meistens geht es um Haustechnik oder Barrierefreiheit

Meistens geht es aber um Fragen der Haustechnik oder der Barrierefreiheit. Die Orientierungen dafür sichtbar zu machen, die Entscheidungen transparent zu machen, aufzuzeigen, dass es hier nicht um den Geschmack einzelner Mitarbeiter geht, war dem BDA sehr wichtig. Auch dafür gibt es die Richtlinien – die auch Leitplanken genannt werden –, innerhalb derer man abwägen muss, in welche Richtung es gehen könnte.

Wieder betont Euler-Rolle die Bedeutung eines frühzeitigen Kontakts des Eigentümers mit dem Denkmalamt, „auch um sich darüber unterhalten zu können, worin die Einzigartigkeit und Bedeutung des einen Objekts liegt“.

Und was passiert mit lange vernachlässigten, praktisch desolaten Gebäuden, die eigentlich abbruchreif wären?

Selbst wenn eine Gemeinde so ein Gebäude kauft, wäre sie bei einer Sanierung aufgrund von Normen gezwungen, zehn Zentimeter Wärmeschutz anzubringen. Das überlebt aber keine alte Fassade. „Interessanterweise ist eine Entwicklung im Gange, wo man in der Welt der Normen und der OIB-Richtlinien mehr und mehr auf einen Ausgleich zwischen den Anforderungen und den Möglichkeiten des Bestands achtet.“