Dominosteine fallen um
Infolge der Corona-Pandemie stehen viele Gemeinden vor gewaltigen finanziellen Problemen.
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Können Gemeinden in Konkurs gehen?

Die Frage, ob österreichische Gemeinden in Konkurs gehen können, ist gerade in Zeiten einer Krise heiß diskutiert. Eine Bestandsaufnahme.

Die Mitteilungen des Finanzministeriums betreffend die Ertragsanteilvorschüsse für den Monat Juni 2020 haben verdeutlicht, wie ernst die Lage ist: Mehr als 30 Prozent minus gegenüber dem Vergleichszeitraum Juni 2019, und die wirtschaftliche Talfahrt nimmt weiter an Geschwindigkeit zu.

Die Situation in den Gemeinden ist ein Spiegelbild der österreichischen Volkswirtschaft. Die eigentliche Insolvenzwelle, so sind sich die Experten aus der Branche einig, wird erst kommen und noch heftiger ausfallen als in der Zeit der letzten Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009. Gibt es für die Gemeinden ebenfalls die Insolvenz als Worst-Case-Szenario?

In Deutschland ist der Konkurs einer Gemeinde nicht möglich

Die Rechtslage ist international unterschiedlich. In Deutschland ist ein solcher Konkurs ausgeschlossen, zudem hat das deutsche Bundesverfassungsgericht Anfang der 1990er-Jahre eine Beistandspflicht des Bundes zugunsten der Kommunen ausgesprochen.

In den USA mussten bereits mehr als 500 Städte und Gemeinden auf der Basis des „US Bankruptcy Code“ ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Fälle, Literatur und Rechtsprechung gibt es dazu in Österreich wenig.

Einzige OGH-Entscheidung aus dem Jahr 1933

Der Oberste Gerichtshof hat sich lediglich ein einziges Mal – konkret 1933 im Fall der steirischen Gemeinde Donawitz – mit dem Konkurs einer Gemeinde auseinandersetzen müssen. Regelungen zum Exekutionsverfahren gegen Gemeinden finden sich bspw. in § 15 der Exekutionsordnung (EO) und § 16 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 (F-VG). 

§ 15 EO schützt die Gemeinden insofern, als ein Zugriff gegen Gemeindevermögen, das diese zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigen, weitgehend unmöglich ist. Eine Verpfändungsbeschränkung hinsichtlich ihrer Abgabenrechte, Ertragsanteile und vermögensrechtlicher Ansprüche, die auf Grund des FAG gegenüber dem Bund oder anderen Gebietskörperschaften den Gemeinden zustehen, enthält § 16 Abs. 2 F-VG. Gegen diese Ansprüche und Rechte ist auch keine Zwangsvollstreckung möglich, allerdings kann das Finanzministerium auf Antrag der Landesregierung Ausnahmen von diesem Verbot bewilligen.

Im Ergebnis zeigt sich, dass eine Exekution gegen Gemeindevermögen zwar möglich, aber begrenzt ist. Darüber, wo diese Grenze verläuft, gibt es in der Rechtswissenschaft unterschiedliche Auffassungen – aktuelle Rechtsprechung dazu gibt es keine.

Obwohl die österreichische Rechtsordnung den Gemeindekonkurs nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat, ist er dennoch unwahrscheinlich: Sowohl die geltende Finanzverfassung als auch das Finanzausgleichgesetz enthalten Bestimmungen, mit denen die Erfüllung der kommunalen Pflichtaufgaben sichergestellt werden soll. Für eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Beistandspflicht, die im F-VG verankert werden könnte, spricht – trotz vieler kritischer Stimmen zur deutschen Rechtslage – sehr viel.

Und das Schicksal der Gemeinde Donawitz? Sie wurde im Oktober 1939 in die Gemeinde Leoben eingemeindet.