Kann man Terroristen erkennen?

Die Angst vor der potentiellen Bedrohung durch Fanatiker, die mit der Flüchtlingswelle nach Europa kommen könnten, macht auch vor Gemeinden nicht halt. KOMMUNAL hat dazu Erich Zwettler, einen der höchstrangigen Verfassungsschützer Österreichs befragt.





Wenn sich in den Gemeinden solche Leute befinden, könnte man das am ehesten im Gespräch herausfinden – und da müsste man geschult sein. Viel gefährlicher sind die ganz Jungen, die in der Schule schon durch radikales Gehabe auffallen. In Wien gibt es deshalb das sogenannte „Wiener Netzwerk“, wo Lehrer, Sozialarbeiter, Integrationsbeauftragte und verschiedene andere Betreuer sowie Experten der Polizei regelmäßig zusammenkommen, um Erfahrungen auszutauschen. „In den Zeitungen liest man immer wieder Berichte, dass Elfjährige mit radikalen Aussagen und Aktionen wie dem Boykott ,unislamischen Musikunterrichts‘ auffallen. Auch auf Facebook tun sich manche mit radikalen Postings hervor, aber wirklich gebracht hat das bis jetzt noch gar nichts“, erklärt Zwettler.



Haben die Extremisten Österreich vielleicht wirklich als Rückzugsgebiet gewählt, wie man des Öfteren in Zeitungen lesen kann? „Nein. Ich frage mich, woher diese Meldungen kommen. Wahr ist aber, dass wir nicht in der ersten Reihe stehen und als Ziel nicht erste Priorität haben. Aber wir haben allein 2015 zwölf Verurteilungen aufgrund unserer Observierungen erreicht – jeder hat vier bis viereinhalb Jahre bekommen“, so Zwettler.



Birgt Gefängnis nicht die Gefahr, dass anfällige Leute dort noch mehr radikalisiert werden, wollen wir wissen. „Allerdings“, ist Zwettlers Antwort, „diese Möglichkeit besteht. Deshalb schult das LVT auch die Justizwachebeamten, die mit diesen Leuten täglich zu tun haben.“ Wenn sie dann freikommen, stehen sie unter Beobachtung. „Am ehesten fällt auf, wenn Leute, die bislang nie gebetet haben, auf einmal fünfmal täglich beten“, schließt Zwettler und weist auf diese Möglichkeit hin. Allerdings – schränkte er ein – ist Frömmigkeit nicht zwingend gleichzusetzen mit Radikalismus.



„Was ist, wenn in einer Gemeinde eine Moschee ist und der Imam wechselt oder es plötzlich eine zweite Moschee gibt. Muss man hier nicht auch verstärkt aufpassen? Oder ist das nicht sowieso schon Focus der LVTs?“



Zwettler: „Es gibt das Instrument des sogenannten ‚Sicherheitsdialoges‘. Dabei gehen die Beamten des Verfassungsschutzes aktiv auf die einzelnen Communities zu und führen Gespräche mit religiösen Einrichtungen. Ziel dabei ist, sich zu kennen, die Ängste und Probleme anzusprechen, Radikalisierungstendenzen frühzeitig zu aufzuspüren und natürlich auch dafür zu sorgen, dass die Polizei spürbar wird.



Dort, wo eine zweite Moschee aufmacht, werden etwaige Radikalisierungsbestrebungen normalerweise relativ rasch von den „alteingesessenen“ ans Licht gebracht. Ähnlich verhält es sich beim Zuzug von Gläubigen.



Die meisten Moscheen wollen keine Radikalen bei den Gebeten haben und bei den Sicherheitsdialogen werden entsprechende Bedenken geäußert. Das wird nur leider viel zu selten gesagt oder geschrieben. Wir bewegen uns in eine Richtung, die wir schon kennen. Vor ein paar Jahren war die Meinung: Afrikaner ist gleich Drogenhändler, was natürlich falsch ist. Heute heißt es oft: Moslem ist gleich Terrorist, was genauso falsch ist. Die allermeisten Moscheen-Betreiber wollen, wie wir Christen auch, einfach ihre Religion ausüben und sind gegen Salafismus und Dschihad. Reden muss man halt mit ihnen. Da gibt es aber doch deutlich feststellbare Berührungsängste.“