Laptop und Kerze während eines Blackouts
Auch wenn man alles macht und vorbereitet, bleiben Unsicherheiten bestehen, da die gesamte Komplexität und die vielschichtigen wechselseitigen Abhängigkeiten nur selten erfasst werden können.
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Blackout-Vorsorge - Der Teufel steckt im Detail

Wie so oft hat sich bei einer Bundesheerübung wieder einmal die Redewendung „Der Teufel steckt im Detail“ bestätigt. Der Kommandant der Garde hat schon an verschiedenen Planspielen rund um das Thema Blackout teilgenommen. Nun wollte er aber wissen, was sich tatsächlich abspielt, wenn der Strom einmal länger weg ist. Dazu ordnete er eine mehrtägige „Blackout-Übung“ für seinen Verband an.

Mehrere Verbandsgebäude wurden stromlos geschaltet und man begann mit der Sammlung von Erfahrungen. Aufgrund einiger Vorerfahrungen ging man behutsam heran. Man wusste bereits von einem lokalen Stromausfall, dass man auf die Fluchtwegsbeleuchtung aufpassen muss. Damals kam es durch die Tiefentladung der Akkus zu einem Totalschaden. Laut Hersteller dürfte das nicht passieren, weil eine Sicherheitsabschaltung eine Tiefentladung verhindern müsste. Die Erfahrung war eine andere.

Durch Vorgespräche wusste man außerdem auch, dass die Heizung nicht abgedreht werden darf, da es ansonsten zu Schäden kommen kann. In diesem Fall war die Ursache das gemeinsam genutzte Kasernengelände, wodurch es zu einem Ungleichgewicht im Heizungssystem gekommen wäre. Eine wichtige Erfahrung: Auch vor Übungen gilt es vieles zu bedenken und zu überprüfen, um dabei nicht unnötige Schäden zu provozieren. So manche Feuerwehr kann davon berichten, wie etwa, dass einmal durch zu viel Schwung beim Öffnen des Rolltores das ganze Tor auf dem Feuerwehrauto gelandet ist.

Die Brandmelder gaben während der Stromabschaltung einen Dauerwarnton ab. Aufgrund der Erfahrung mit der Fluchtwegsbeleuchtung entschloss man sich, diese vorsichtshalber wieder in Betrieb zu nehmen. Daher ist damit zu rechnen, dass es bei einem längeren Stromausfall durchaus zu erheblichen Schäden bei Sicherheitseinrichtungen kommen kann.

Ohne Strom kein Wasser!

Schwerwiegender war die Erfahrung, dass die modernisierten Duschen, Wasserhähne und Pissoir-Spülungen mit berührungslosen Armaturen nicht mehr funktionierten. Ohne Strom kein Wasser! An so etwas wird wohl nur selten geachtet.

Diese Erfahrung hat sehr weitreichende Auswirkungen auf viele Sanitäreinrichtungen in Hotels, Bürogebäuden, Raststätten etc. In Neubauten werden in der Regel berührungslose Armaturen mit Netzanschluss verbaut. Bei Sanierungen kommen, wenn keine Steckdose vorhanden ist, batteriegepufferte Systeme zum Einsatz, wie Hersteller berichten. Daher immer wieder die Warnung vor Aussagen wie: „Die Wasserversorgung funktioniert.“

Der Teufel steckt im Detail und für die betroffenen Menschen ist es unerheblich, ob die Hauptwasserleitung funktioniert, wenn beim Wasserhahn kein Wasser herauskommt – egal ob durch eine berührungslose Armatur, eine private Drucksteigerungsanlage oder durch zu wenig Druck in den oberen Geschoßen. Daher ist generell eine Trinkwasserbevorratung zu empfehlen, auch wenn die Hoffnung besteht, dass die Wasserversorgung grundsätzlich bei einem Blackout vielerorts funktionieren wird.

Auch Abwasserentsorgung kann problematisch werden

Auch das Thema private Hebeanlagen sollte stärker adressiert werden, da es in Österreich rund 200.000 Anlagen dieser Art geben soll. 
Das bedeutet, dass bei zumindest 200.000 Haushalten die Abwasserentsorgung zu massiven Problemen führen wird, auch wenn der öffentliche Kanal funktionieren sollte. Auch da wird es den betroffenen Menschen egal sein, warum das so ist und wer daran Schuld haben könnte. Sie haben ein Problem.

Elektronische Schließsysteme funktionieren nicht mehr

Eine weitere Erfahrung war, dass elektronische Schließsysteme und alarmgesicherte Einrichtungen bei Stromausfall verriegeln und ein Zutritt oder der Zugriff auf wichtige Ressourcen nicht mehr möglich ist. Klingt banal. Aber wie oft wird wirklich daran gedacht und eine Umgehungsmöglichkeit vorgesehen? Wenn keine Ersatzschließmöglichkeiten vorgesehen sind oder nicht getestet wurden, dann wird man im Anlassfall eine böse Überraschung erleben. Hand aufs Herz, wie sieht das in Ihren Bereichen aus?

Notstromaggregaten fielen oft aus

Eine sehr bittere Erfahrung war, dass fünf von sechs Kleinnotstromaggregaten binnen der ersten zwölf Stunden kaputtgingen und in der Werkstätte wieder instand gesetzt werden mussten. Auch hier ist nicht davon auszugehen, dass das nur beim Bundesheer passieren wird.

Beim 31-stündigen Stromausfall in Berlin-Köpenick im Februar 2019 versagte das Notstromaggregat des Krankenhauses nach sieben Stunden. Schuld war ein Elektronikbauteil. Das Gerät war gerade einmal zehn Jahre alt und wurde auch regelmäßig getestet. Ein anderes mobiles Notstromaggregat, das bei der Abwasserentsorgung eingesetzt wurde, brannte ab. 

Rechtzeitig für alle Fälle planen

Leider gibt es noch viel mehr Beispiele, wo Notstromeinrichtungen versagten. Gerade bei einem zu erwartenden längeren Einsatz infolge eines Blackouts werden das wohl keine Einzelfälle bleiben. Daher auch immer wieder die Aufforderung: Auch wenn es eine Rückfallebene gibt, muss es in kritischen Bereichen, wie etwa bei der Wasserversorgung, auch einen Plan C geben.

Was ist zu tun, wenn auch die Rückfallebene, also der Plan B, versagt? Denn während eines Blackouts wird man kaum mehr etwas in vernünftiger Zeit organisieren können, da nur wenige Kommunikationskanäle und kaum Ressourcen zur Verfügung stehen werden. Man kann dann nicht einfach zum Hörer greifen, wie man das in anderen Krisenlagen machen würde und gewohnt ist.

Treibstofftanks befüllt halten

Auch bei der Treibstofflagerung gibt es diverse negative Erfahrungen. 2014 wurde in Deutschland eine Beprobung von Brennstoff für Notstromeinrichtungen durchgeführt. Die Erkenntnis: Fast 60 Prozent waren damals unbrauchbar. Eine andere häufige Erfahrung ist, dass Treibstofftanks selten voll sind. Die Differenz beträgt bis zu 100 Prozent. Das heißt, dass die Treibstoffvorräte häufig stark heruntergefahren werden, bevor wieder nachgetankt wird.

Meist stecken betriebswirtschaftliche Überlegungen dahinter: Größere Mengen können günstiger eingekauft werden. Das Problem ist nur, dass dann der eigene Handlungsspielraum deutlich kleiner ist als angenommen. Daher geht es nicht um das theoretische Fassungsvermögen, sondern um das, was in der Regel wirklich verfügbar ist.

Bei Neubeschaffungen von Notstromaggregaten kommen durch die Emissionsvorgaben (Stufe V) noch weitere Aspekte hinzu. Diese Generatoren müssen praktisch mit 75 bis 95 Prozent Leistung betrieben werden, da die Abgasreinigung ansonsten nicht die Auflagen erfüllen kann. Die Anlagen werden dann automatisch abgeschaltet. 

Schäden an Computern möglich

Nicht unerheblich sind auch potenzielle Hardwareschäden an Netzteilen oder sonstigen IT-Komponenten durch Kurzausfälle oder Spannungsschwankungen – vor allem, wenn diese permanent in Betrieb sind, also im Infrastrukturbetrieb. In einer Gemeinde hat eine wichtige Komponente durch einen Stromausfall die Konfiguration verloren. Die Telefonanlage und das Computernetzwerk funktionierten nicht mehr. Auch bei der Bundesheerübung wurde festgestellt, dass Netzwerkdrucker, wenn sie offline verwendet wurden, nicht mehr einfach mit dem Netzwerk verbunden werden konnten. Der Hund liegt oft im Detail begraben.

Keine Operationen in Krankenhäusern möglich

Eine andere Erfahrung stammt aus einem größeren Krankenhaus, wo man sich in einer Ersteinschätzung sicher war, dass man auf ein Blackout vorbereitet sei, weil man fast das ganze Haus 72 Stunden notstromversorgen kann, was eine Ausnahme darstellt. Im Zuge einer Detailanalyse zeigte sich jedoch wieder einmal, dass der Teufel im Detail steckt.

Besonders bitter war die Erkenntnis, dass bereits am zweiten Tag keine gewohnten Operationen mehr durchgeführt werden könnten, weil gewisse wichtige Güter täglich angeliefert werden. Die Lagerhaltung wurde aufgrund des Kostendrucks in den letzten Jahren fast überall eingespart.

Noch kritischer war dann die Erkenntnis, dass auch bei überlebenswichtigen Infusionen nur mehr ein geringer Puffer zur Verfügung steht. Die Eigenherstellung musste aufgrund der Kritik des Rechnungshofs vor Jahren eingestellt werden. Nun ist man von Lieferungen aus dem Ausland abhängig. Als Sofortmaßnahme werden nun die Kapazitäten aufgestockt, um zumindest eine zweiwöchige autarke Notversorgung aufrechterhalten zu können. Das betrifft auch die Versorgung mit Lebensmitteln. Diese sind heute auch in Gesundheitseinrichtungen oft nur für wenige Tage vorrätig. 

Unsicherheiten gibt es immer

Diese wenigen Beispiele sollen verdeutlichen, wie wichtig eine ganzheitliche Blackout-Vorsorge ist. Und auch wenn man alles macht und vorbereitet, bleiben Unsicherheiten bestehen, da die gesamte Komplexität und die vielschichtigen wechselseitigen Abhängigkeiten nur selten erfasst werden können.

Daher wird nun auch in diesem Spital überlegt, bei einem Blackout nur mehr eine absolute Notversorgung aufrechtzuerhalten, um unerwarteten Problemen und Ausfällen vorzubeugen. Vor allem auch, um Ressourcen zu sparen, da im Vorhinein nicht absehbar ist, wie lange die Lieferunterbrechungen dauern werden. Damit kann man, wenn es die Ressourcenlage absehbar wieder zulässt, wesentlich rascher und geordneter wieder in einen Normalbetrieb übergehen. Diese Einsicht muss aber in vielen Bereichen erst gewonnen werden. Denn schlimmer als Unsicherheit ist Scheinsicherheit.

Gemeinden besonders gefordert

Daher sind auch besonders Städte und Gemeinden gefordert, denn sie werden neben der Bevölkerung die Hauptlast bei der Bewältigung der Folgen eines Blackouts zu tragen haben. Je besser die Vorsorge und die Sicherheitskommunikation, desto besser wird das gelingen. Besonders wichtig ist es, keine falschen Erwartungen zu schüren. Sätze wie „Wir sind sehr gut oder auf alles vorbereitet“ werden zum Bumerang und können zum Vertrauensverlust führen. Wie schnell das gehen kann, sehen wir in der aktuellen Krise.