Bürgermeisterinnentreffen
Bürgermeisterinnentreffen 2021 in St. Anton an der Jeßnitz: Österreichs Ortschefinnen stärken einander durch Vernetzung.

Frauenanteil steigt stetig

Aktuell stehen den österreichischen Gemeinden so viele Frauen vor wie noch nie: 202 Bürgermeisterinnen gibt es nach den Tiroler Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen am 27. Februar, das entspricht einem Anteil von 9,7 Prozent.

Die Forcierung von Frauen in allen politischen Ebenen ist ein wichtiger demokratischer Pfeiler. Die Demokratie lebt davon, dass alle Bevölkerungsgruppen angemessen da vertreten sind, wo über sie entschieden wird. Mit einer größeren Beteiligung von Frauen in der Politik wird eine ausgeprägtere Darstellung vieler Lebensrealitäten sichergestellt. Doch nicht nur die inhaltliche Qualität steigt mit der Diversität, auch der Umgang miteinander verbessert sich in gemischten Teams. 

Nach den Tiroler Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen am 27. Februar 2022 ist nun auch klar, dass die einwohnerkleinste Gemeinde Österreichs – Gramais in Tirol – eine Bürgermeisterin (Stefanie Krabacher) bekommt. So werden nun die kleinste und die zweitgrößte Gemeinde Österreichs (Graz) von Frauen regiert.

Stefanie Krabacher
Stefanie Krabacher ist jetzt Bürgermeisterin von Gramais, der kleinsten Gemeinde Österreichs.

Bei den Tiroler Bürgermeisterwahlen standen insgesamt 63 Kandidatinnen zur Wahl. Damit traten um 40 Prozent mehr Frauen an, als noch bei der letzten Wahl vor sechs Jahren. „Es sind aber nicht nur die Bürgermeisterinnen.

Auch in der zweiten Reihe – im Gemeinderat, in der Amtsleitung und in den verschiedenen Gremien und Vereinen – gibt es viele engagierte und kompetente Frauen. Es freut uns, dass immer mehr Frauen kommunale Führungstätigkeiten übernehmen wollen. Aber natürlich gibt es noch viel zu tun. Im Österreichischen Gemeindebund setzen wir daher auch mit der ersten Bundestagung für Bürgermeisterinnen Ende März in Wien einen weiteren Schritt in Richtung mehr Frauen in Führungsverantwortung auf lokaler Ebene“, so Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl.

Anzahl der Bürgermeisterinnen kontinuierlich gestiegen

Die Anzahl der Ortschefinnen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Während der Frauenanteil unter den Bürgermeistern vor zehn Jahren mit 119 bei nur fünf Prozent lag (von damals 2.357 Gemeinden), standen vor fünf Jahren 146 Bürgermeisterinnen den österreichischen Gemeinden vor – ein Anteil von sieben Prozent (bei 2.100 Gemeinden). Im Herbst 2021 erreichte die Anzahl der Bürgermeisterinnen in Österreich erstmals die 200er-Marke.

Auf diesem langen Weg waren viele Pionierinnen wichtige Meinungsbildnerinnen und übernahmen auch Vorbildfunktionen für viele Frauen. Lisbeth Kern leitet die Gemeinde Petzenkirchen in Niederösterreich schon seit November 1996 – sie ist mit fast 25 Dienstjahren von allen aktuell amtierenden Bürgermeisterinnen am längsten im Amt. Die zweitlängste Amtszeit hat Friederike Reismüller aus Forchtenstein (Burgenland), die im Oktober 1997 gewählt wurde.

„Es zeugt von Beständigkeit und Stabilität, wenn einer Bürgermeisterin das Vertrauen der Bevölkerung zum wiederholten Male ausgesprochen wird. Aber wir dürfen nicht auf den Nachwuchs vergessen. In den österreichischen Gemeinden gibt es viele motivierte junge Frauen, die wir fördern und für die Politik vor Ort begeistern wollen“, betonen die Vizepräsidentinnen des Österreichischen Gemeindebundes, Bürgermeisterin Sonja Ottenbacher und Bürgermeisterin Roswitha Glashüttner.

Die meisten Ortschefinnen gibt es derzeit in Niederösterreich (74), gefolgt von Oberösterreich (47), der Steiermark (23) und Tirol (20). Im Burgenland gibt es aktuell 13, in Kärnten zehn, in Salzburg neun und in Vorarlberg sechs Bürgermeisterinnen.

Zu wenig soziale Absicherung

Doch warum sind „nur“ knapp zehn Prozent der österreichischen Ortschefs weiblich? Ein Blick ins Jahr 2021 könnte Licht ins Dunkle bringen. Im Zentrum einer Umfrage des Österreichischen Gemeindebundes standen im vergangenen Jahr Herausforderungen der heimischen Ortschefinnen und möglicher Verbesserungsbedarf des Bürgermeisterinnenamtes.

Eines der Ergebnisse: Nur rund 24 Prozent der Bürgermeisterinnen sind mit der sozialen Absicherung des Amtes zufrieden, die übrigen empfinden die Regelungen zu Gehaltfortzahlung, Arbeitslosenversicherung, Pensionsversicherung und Karenz als wenig bis gar nicht zufriedenstellend. Über 80 Prozent wünschen sich eine Karenzregelung für das Amt.

Die Umfrage zeigt darüber hinaus, dass etwa die Hälfte der Befragten das Bürgermeisterinnenamt nebenberuflich ausübt – und das obwohl die Umfrage bestätigt, dass diese Tätigkeit ein Vollzeitjob ist.

Mehr als die Hälfte der befragten Frauen gibt an, mehr als 41 Stunden pro Woche für ihre Gemeinde im Dienst zu sein, fast 28 Prozent der Befragten wendet bis zu 40 Stunden die Woche für das Amt auf. Dementsprechend geben fast 80 Prozent an, dass sie über wenig bis gar keine Freizeit verfügen.

Die Hälfte der befragten Bürgermeisterinnen hat außerdem Kinder im Betreuungsalter – davon geben etwa 55 Prozent an, dass sie sich die Familienarbeit mit ihrem Partner teilen, gefolgt von 34 Prozent, welche angeben, den größten Anteil der Familienarbeit zu übernehmen. Das zeigt uns, dass Frauen nach wie vor komplexen Mehrfachbelastungen ausgesetzt sind.

Der Österreichische Gemeindebund setzt sich seit Jahren für Frauenförderung in der Kommunalpolitik ein und lud von 31. März bis 1. April 2022 zur ersten Fachtagung für Bürgermeisterinnen in Wien (Bericht folgt). Das alljährliche Bürgermeisterinnentreffen findet heuer von 3. bis 5. Juli in Pörtschach am Wörther See statt.