Patienten einer Intensivstation müssen sich wieder ins Leben zurückkämpfen.
© pirke - stock.adobe.com

Gesundheit

„Es hat noch jeder bereut. Jeder!“

Peter Klar ist Bürgermeister von Laab im Walde und Intensivmediziner. Im Kampf gegen Corona steht er gleich doppelt an vorderster Front.

Herr Dr. Klar, inwiefern Sind sie beruflich mit Corona konfrontiert?

Peter Klar: Als Notarzt, wenn wir die Leute von zuhause abholen, in meiner Praxis, und dann natürlich auch auf der Intensivstation. Dort hat man relativ viel mit Corona-Patienten zu tun, und leider sterben auch relativ viele. 

Was erwartet die Patienten, die es überleben?

Sie müssen sich wirklich wieder ins Leben zurückkämpfen. Die Intensivstation zu überleben bedeutet für den Patienten eigentlich wieder einen Neuanfang im Leben. Man geht nicht ein paar Tage dorthin, wird beatmet und geht dann wieder nach Hause. Im Normalfall wird man wochenlang beatmet, bekommt vielleicht eine Herz-Lungenmaschine. Das ist sehr belastend und kann auch nicht unendlich gemacht werden. Die Patienten sind sehr stark gezeichnet und brauchen lange Rehabilitation. 

Wer sind ihre Patienten?

Man kann sagen sehr alte Leute trifft es sehr stark und dann sehr junge, speziell unter einem Jahr. Mein jüngster Corona-Patient war sechs Monate alt, allerdings in der Praxis. Auf der Station haben wir aktuell auch Dreijährige.

Dann gibt es noch die dazwischen, die halt immer wieder ausreißen, und wir wissen leider nicht ganz, wer gefährdet ist, und wer nicht. Ein Patient, der unlängst verstorben ist, war 30 Jahre alt, Fußballer, sportlich, und hatte sonst keine Vorerkrankungen.

Und Schwangerschaften sind ein Riesenproblem. Wir müssen immer wieder covid-positive Patientinnen operieren, um das Kind herauszuholen. Und bei einer Narkose, weil die Atmung so schlecht ist, kämpft man im Schnitt ca. ein bis zwei Stunden um das Leben desPatienten. Das ist Standard. Die meisten unserer Patienten sind leider ungeimpft, und das hat noch jeder von ihnen bereut. Jeder! 

Warum ist die Impfbereitschaft so niedrig?

Zum einen ist die Impfung sehr gehypt und dadurch irrsinnig aufgewertet worden, mit Aufklärungsbögen, Arztgespräch etc. Sie erscheint fast wie eine Gefahr: da muss ich unterschreiben, da muss ich aufgeklärt werden, usw. Jahrzehntelang haben wir den Menschen hunderttausende Impfungen gegeben ohne etwas unterschreiben zu lassen.

Dadurch wirkt die Impfung jetzt sehr gefährlich, obwohl sie gar keine Hexerei ist. Die Technologie ist auch nicht besonders neu. Hinzu kommt, dass man die Auswirkungen nicht sieht. Wenn jemand nach Kinderlähmung sein Leben lang sichtbar hinkt, braucht es nicht lang, dass man nach einer Impfung schreit. 

Peter Klar
Peter Klar: „Ein Einheitsrezept gibt es nicht, aber man muss die Leute im Ort unterstützen, die bereit sind bei Impfaktionen etwas zu machen.“

Gibt es also ein Wahrnehmungsproblem?

Ja. Corona beginnt meist mit harmlosen Symptomen, sofort geht man in Quarantäne und verschwindet somit für all sein Umfeld. Das Leiden auf der Intensivstation und in den Spitälern wird auch nicht wahrgenommen, weil der Besuch und die Zugangsmöglichkeit eingeschränkt sind, da man ja selbst ansteckend ist. Dadurch können die anderen Leute die Krankheit nicht fassen.

Wir haben aber auch als Gesellschaft ein bisschen den Respekt vor Erkrankungen verloren, die uns schon zigmal versucht haben auszurotten, über die wir aber mit Impfungen triumphiert haben. 

Wie gelang es, die Impfrate in Ihrer Gemeinde auf 85 Prozent zu steigern?

Wir haben Aktionen gemacht, uns einfach zum Nahversorger gestellt, und Impfungen angeboten. Ohne dass wir es großartig ausgeschrieben hätten sind 50 Leute gekommen. So muss man sich voran hanteln.

Man sollte auch alle Vereinsobleute einbinden. Der Feuerwehrkommandant hat selber seine Leute durchgerufen und gefragt, wer eine Impfung braucht. Wichtig ist, dass es sich schnell herumspricht, denn der Mundpropaganda vertrauen wir eigentlich auch. Jeder Bürgermeister weiß wie seine Ortschaft tickt und welche Maßnahmen es braucht um das Impfnagebot möglichst weit nach unten zu bringen. Das kann ein großer Verein sein, und bei anderen wird es die Feuerwehr sein.

Ein Einheitsrezept gibt es nicht, aber man muss die Leute im Ort unterstützen, die bereit sind bei Impfaktionen etwas zu machen. 

Wie kann man die Spaltung der Gesellschaft verlangsamen? 

Ich glaube dass die Spaltung der Gesellschaft schon viel früher begonnen hat. Weil wir vergessen haben, jene die ihre Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung stellen, wertzuschätzen. Corona spitzt das nocheinmal zu.

Ich denke, dass man wieder zum Alltag zurückkehren muss. Wir müssen wieder ein bisschen Weg von der Politik in Richtung normale Gesellschaft. Aber es gibt natürlich auch gewisse Prozente der Bevölkerung, die kann man halt für nichts gewinnen, das ist in jeder Gemeinde so. Wenn jemand seinen Standpunkt fest einnimmt, wird man ihn kaum davon abbringen können. Man kann nur anbieten das Gespräch offen zu lassen. 

Was raten Sie anderen Bürgermeistern?

Die Kollegen sind erfahren genug, um zu wissen, wie sie zu ihren Bürgern kommen und wie sie mit ihnen sprechen. Wichtig ist, dass man überhaupt Möglichkeiten hat in Interaktion zu treten. 

Das fehlt glaube ich vielen Kollegen. Die haben momentan nur die Gemeindezeitungen, und meist auch oft gar nicht die Information, wer geimpft ist, und wer nicht. Die könnten es ja gar nicht ändern. Man darf einfach nicht aufgeben und kontinuierlich versuchen, Aktionen zu starten - ob sie nun gut oder schlecht angenommen werden.