Doppelgleisigkeiten, Bürokratie, hoher Ressourceneinsatz, mangelnde Treffsicherheit, fehlende Planbarkeit: Die Beistellung des Freizeitpersonals durch Gemeinden ist weder praktikabel noch effizient.
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Pädagogische Assistenz

Einheitliches Berufsbild für Ganztagsschulen

Seit vielen Jahren fordern die Gemeinden eine Entbindung von der Pflicht zur Beistellung des Betreuungspersonals an ganztägigen Schulformen. Ein erstes Konzept des Bildungsministeriums ist vielversprechend und zukunftsweisend. Wo ein Wille, ist auch ein Weg.

Alles (pädagogische) Personal in eine Hand – so lautet die Forderung der kommunalen Spitzenverbände, die damals wie heute auf die zahlreichen Unwägbarkeiten, die finanziellen und administrativen Schwierigkeiten und auf die offenen rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Bereitstellung des für die ganztägige Betreuung erforderlichen Personals hingewiesen haben. 

Seinen Anfang nahm der Ausbau ganztägiger Schulangebote mit einer Einigung beim Schulgipfel im November 2010, die zunächst in Art. 15a B-VG Vereinbarungen des Bundes mit den Ländern mündete und nach mehrmaligen Verlängerungen schlussendlich im (heute noch in Geltung stehenden, jedoch befristeten) Bildungsinvestitionsgesetz landete. Wenngleich der Bund seit Anbeginn beträchtliche Beträge für die Abdeckung des infrastrukturellen und personellen Bedarfs beisteuert, so ändert dieser Umstand nichts an den grundsätzlichen Problemen der Personalbereitstellung. 

Tatsache ist, dass es heute kaum mehr durchschaubare, geschweige denn nachvollziehbare Zuständigkeiten für das pädagogische Personal an Pflichtschulen gibt. Noch komplexer ist die Finanzierung dahinter. So sind die Länder für die Bereitstellung des Lehrpersonals in der Unterrichtszeit verantwortlich, finanziert wird dieses jedoch vom Bund.

In Neuen Mittelschulen können aber auch Bundeslehrer im Wege einer Mitverwendung zum Einsatz kommen. Für das Betreuungspersonal, jedoch nur für jenes, das im Bereich des Freizeitteils ganztägiger Schulangebote im Einsatz ist, sind wiederum die Gemeinden zuständig, die dafür vom Bund (befristet) und teilweise von Ländern eine Kofinanzierung erhalten. Für die Lernzeiten ganztägiger Schulen hingegen sind nicht die Gemeinden zuständig - das dafür erforderliche Personal (in erster Linie Lehrer) wird vom Bund bzw. den Ländern bereitgestellt bzw. finanziert.

Komplexe Zuständigkeiten vor allem im Personalbereich der Pflichtschulen

Nicht minder komplex ist der (zulässige) Personaleinsatz, der je nach Betreuungsteil sehr unterschiedlich sein kann (siehe Tabelle). Dürfen in der gegenstandsbezogenen Lernzeit nur Lehrer eingesetzt werden, sind es in der individuellen Lernzeit Lehrer, (Hort-)Erzieher und „Erzieher für die Lernhilfe“. Im Freizeitteil der ganztägigen Betreuung hingegen können neben den genannten Personen auch Freizeitpädagogen, Bewegungschoaches sowie weitere Personen mit (per Verordnung festzulegenden) Qualifikationen eingesetzt werden. 

Infolge der Zersplitterung ist es zurzeit möglich, dass an einer Pflichtschule bis zu vier Dienstgeber auftreten – wohlgemerkt nur für das pädagogische Personal. Man denke an eine Mittelschule, an der Landeslehrer, Bundeslehrer (im Wege einer Mitverwendung), unmittelbar bei der Gemeinde angestelltes und zusätzlich von dritter Seite (Verein, Trägerorganisation) bereitgestelltes Betreuungspersonal tätig werden.

So die Gemeinden ihre Aufgabe nicht ohnedies einem Trägerverein oder einer Trägerorganisation zur Gänze übertragen haben, bedeutet die Bereitstellung und Administration des Betreuungspersonals eine kaum bewältigbare Herausforderung.

Das betrifft insbesondere die Fachaufsicht, die momentan anstatt der Schulleitung ebenfalls der Gemeinde zukommt. Wenn überhaupt geeignetes Personal gefunden wird, stellt sich das Problem der fehlenden Auslastung – denn letztlich bedarf es nur einer Betreuung von wenigen Stunden am Tag.

Urlaubszeitenregelung, Ersatzpersonal im Urlaubs- und Krankheitsfall, aufsichtsrechtliche, dienstrechtliche (wer erteilt wem Anweisungen, Dienstzeiten), urlaubs- und besoldungsrechtliche Probleme (Urlaubszeiten, Besoldungsschema) erschweren die Angelegenheit überdies. Auch ist die Betreuung in der Früh (Frühaufsicht) wie auch in den sonstigen Randzeiten herausfordernd (teils unmöglich).

Ein Dienstgeber für das gesamte pädagogische Personal

Geht es nach dem Bildungsministerium soll es zukünftig neben dem Lehrpersonal, das sich voll und ganz der Lehre (dem Unterricht) widmen soll, nur mehr den Assistenz- und Freizeitpädagogen geben, der sämtliche pädagogische (teils aber auch pädagogisch-administrative) Aufgaben übernehmen und zugleich das Lehrpersonal entlasten kann (Betreuung, Unterstützung, Förderung, Erziehung, Sommerschule, Frühaufsicht etc.).

Gebündelt wird das gesamte pädagogische Personal beim jeweiligen Land (Bildungsdirektion), das wie schon hinsichtlich des Lehrpersonals in Pflichtschulen als Dienstgeber fungieren wird. 

Pädagogisches Personal

Mit diesem Vorschlag („Alles Personal in eine Hand“) würde nicht nur die Qualität der ganztägigen Betreuung deutlich verbessert, sondern auch dem Wildwuchs an unterschiedlichsten Personalbereitstellungen und den komplexen, kaum administrierbaren Finanzierungs- und Bürokratiestrukturen ein Ende gesetzt werden.

Der Umstand, dass mit Reformen nie alle zufrieden sind, ist Reformen geradezu immanent. Die nach der Präsentation dieses Vorschlags geäußerte Kritik vor allem von jenen, die zukünftig als Assistenz- und Freizeitpädagogen übernommen würden (Erzieher, Freizeitpädagogen), ist jedoch weder gerechtfertigt, noch hat sie Substrat:

  • So war von schlechteren Arbeitsbedingungen die Rede. Dabei wird das Betätigungsfeld vielfältiger und werden Vollzeitbeschäftigungen ermöglicht. 
     
  • Auch wurde von einer fehlenden Rechtssicherheit gesprochen, wenn Freizeitpädagogen aus der Privatwirtschaft (Trägerverein) in den öffentlichen Dienst übernommen werden. Dabei bietet gerade der öffentliche Dienst nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch einen sicheren Arbeitsplatz.
     
  • Kritisiert wurde, dass die Frühbetreuung mit dem neuen Modell nicht mehr gewährleistet wäre.  Dabei wird gerade mit dieser Reform die Frühbetreuung flächendeckend an allen Ganztagsschulen gewährleistet sein.
     
  • Bezüglich des Einsatzes in der Ferienbetreuung soll es ebenfalls rechtliche Möglichkeiten geben, diese auch weiterhin einzusetzen.

Zu hoffen bleibt, dass die Bedeutung dieser Reform von allen Seiten erkannt und selbige rasch umgesetzt wird.