Unterzeichnung des Finanzausgleichs
Für den Gemeindebund unterschrieben Vizepräsidentin Andrea Kaufmann (Bild) und Vizepräsident Erwin Dirnberger die Grundsatzeinigung zum Finanzausgleich.

Eckpunkte des Finanzausgleichs fixiert, Details sind noch offen

Die FAG-Verhandlungen wurden am 19.12.2022 offiziell aufgenommen, am 3.10.2023 erfolgte eine Grundsatzeinigung über die finanziellen Eckpunkte der kommenden fünf Finanzausgleichsjahre.

Diese nachfolgend vorgestellte Einigung stellt sozusagen den ersten Teil des FAG-Paktums in Form einer Punktation einiger Beträge und Überschriften zu den frischen Bundesmitteln für Länder und Gemeinden dar.

Die politische Einigung auf den zweiten, inhaltlichen Teil (Paktumstext samt Detailregelungen, 15a Vereinbarungen etc.) hat noch vor dem 22. November zu erfolgen, denn bis dahin müssen die in eine Regierungsvorlage gegossenen finanzausgleichsrechtlichen Regelungen spätestens ins Parlament, um ein Inkrafttreten des neuen Finanzausgleichsgesetzes mit 1.1.2024 (ohne Rückwirkung) zu ermöglichen.

Eingangs ein Blick auf die Ertragsanteile

Im Anschluss an die Budgetrede des Finanzministers vom 18. Oktober wurde den Gemeinden die neue Ertragsanteile-Prognose des BMF  vorgelegt, die bereits die Inhalte der Grundsatzeinigung auf den Finanzausgleich 2024-2028 beinhaltet.

Obgleich der Bund die Gemeindeertragsanteile im Jahr 2024 um einen rückzahlbaren Sondervorschuss in Höhe von 300 Mio. Euro erhöhen wird, wurde die Prognose der kommunalen Ertragsanteile nach dem April und Juni heuer schon zum dritten Mal in Folge nach unten korrigiert. Dies liegt vor allem an den Einbrüchen von Konjunktur und Grunderwerbsteuer. Die nun in der Oktober-2023-Prognose für 2024 erwarteten kassenmäßigen Gemeindeertragsanteile liegen in etwa bei jenem Wert, der im Oktober 2022 für das Finanzausgleichsjahr 2023 erwartet wurde.

Etragsanteile

Überraschende Teil-Einigung am 3.10.2023

Im Vorfeld der politischen Runde vom 3. Oktober rechnete wohl kaum jemand mit einem substanziellen Fortschritt bei den FAG-Verhandlungen.

Auch der eingangs kontroversielle Sitzungsverlauf deutete lange darauf hin, dass die politischen Vertreter der Länder und Gemeinden die Johannesgasse 5 in Wien unverrichteter Dinge wieder verlassen würden.

Obwohl der Bund sein Verhandlungsangebot gegenüber der zwei Wochen zurückliegenden Landeshauptleutekonferenz kaum verbesserte und auch weiterhin die zentrale Forderung nach einer vertikalen Schlüsseländerung bei den Ertragsanteilen nicht erfüllte, willigten die Vertreter der Bundesländer (Burgenland, Oberösterreich, Vorarlberg und Wien) ein, sich im kleinen Kreis in die Büro-Räumlichkeiten des Finanzministers zurückzuziehen, um sich dort auf rein politischer Ebene mit dem Bund und den Gemeindebünden auszutauschen.

Dieser gut einstündige Austausch ebnete schließlich den Weg, sich noch am selben Abend auf die finanziellen Eckpunkte der kommenden fünf Finanzausgleichsjahre zu einigen.

Finanzielle Eckpunkte des Finanzausgleichs 2024-2028

Nachfolgend eine Darstellung der zentralen Inhalte dieser Grundsatzeinigung vom 3.10.2023, die insgesamt jährlich frische Mittel für Länder und Gemeinden in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro gegenüber dem aktuellen Finanzausgleich vorsieht sowie mehrere bereits zuvor getroffener Einigungen der Finanzausgleichspartner inkludiert.

Ein Teil dieser zusätzlichen Bundesmittel kommt den Gemeinden direkt zu, andere Teile des Pakets werden den Ländern und Gemeinden dabei helfen, die Ausgabendynamik vor allem in den Bereichen Kinderbetreuung, Pflege und Gesundheit etwas zu bremsen.

  • Der Bund stellt jährlich valorisiert 550 Millionen Euro für den spitalsambulanten Bereich zur Verfügung, um Strukturreformen zu unterstützen und damit auch die Ausgabendynamik der Länder und der ko-finanzierenden Gemeinden zu dämpfen.
     
  • Bisherige Anschubfinanzierungen des Bundes werden langfristig im Pflegefondsgesetz verankert und die jährliche Wertanpassung des zu rund zwei Drittel vom Bund und einem Drittel von Ländern und Gemeinden finanzierten Pflegefonds wird in Hinkunft zwei Prozentpunkte über der Inflation betragen.
     
  • Der Bund stellt jährlich wertgesicherte 1,1 Milliarden Euro für den sogenannten Zukunftsfonds zur Verfügung, die sich nach der Einwohnerzahl auf die Bundesländer aufteilen. Die konkrete Aufteilung der nach der Volkszahl auf neun Töpfe verteilten Mittel zwischen Land und Gemeinden ist jeweils zwischen Land und den Landesorganisationen von Gemeindebund und Städtebund zu vereinbaren.
     
  • Verdoppelung der § 24 Finanzzuweisungsmittel: Zu Beginn der Verhandlungen wollte der Bund die bisherigen 300 Millionen Euro gar nicht verlängern, nunmehr konnte eine Erhöhung auf jährlich 600 Millionen Euro erreicht werden, die zu rund 37 Prozent zukommen. Von diesen gut 220 Millionen Euro werden über 100 Millionen nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel verteilt, die übrigen Mittel nach dem Strukturfonds-Schlüssel.
     
  • Erhöhung der Strukturfondsmittel von 60 auf 120 Millionen Euro pro Jahr. Derzeit erfolgt eine Evaluierung des Verteilungsschlüssels, aus der sich kleinere Änderungen ergeben könnten. Gemeinden, die bisher Mittel erhalten haben und bei denen sich die Rahmenbedingungen (v.a. Finanzkraft und Einwohnerentwicklung) nicht maßgeblich geändert haben, werden aber jedenfalls mit einer deutlichen Erhöhung gegenüber den heurigen Strukturfondsmitteln rechnen dürfen.
     
  • Zur Liquiditätsstärkung der Gemeinden im schwierigen Finanzjahr 2024 wird es einen einmaligen und rückzahlbaren Sonder-Vorschuss in Höhe von 300 Mio. Euro auf die Ertragsanteile geben. Dies wird das aktuell für 2024 erwartete Wachstum der Gemeinde-Ertragsanteile um gut 2 Prozentpunkte erhöhen und ist wie angeführt in der obigen Prognose der Ertragsanteile bereits eingepreist.
     
  • Bereits im Vorfeld des 3. Oktobers wurden weitere Änderungen im Finanzausgleich politisch vereinbart wie beispielsweise eine Erhöhung des jährlichen Neuzusage-Rahmens für Förderungen der Siedlungswasserwirtschaft von 80 auf 100 Mio. Euro, eine Erhöhung der Finanzzuweisungen für den ÖPNV um 30 Mio. Euro pro Jahr oder auch eine Erstreckung der Zweckzuschüsse für Sicherungsmaßnahmen an Eisenbahnkreuzungen von 2029 bis 2034.

Viele Themen im November noch zu klären

Neben diesen finanziellen Eckpunkten, die bis zum angesprochenen 22. November vielfach noch im Detail auszugestalten sind, wird das finale Paktum, die Gesamteinigung zum Finanzausgleich 2024-2028, noch einige weitere Themen und beabsichtigte Reformvorhaben umfassen:

So etwa umfangreiche strukturelle Reformen im Gesundheitswesen, Aufgabenreformen im Bereich des assistenzpädagogischen Personals in den Ganztagsschulen oder nicht zuletzt auch das Vorbereiten der überfällige Modernisierung und Vereinfachung der Grundsteuer B. Neben den notwendigen Einigungen in Sachen Gesundheitsreform dürften im November auch die Verhandlungen über die Verteilung der 1,1 Mrd. Euro an Zukunftsfonds-Mitteln durchaus herausfordernd werden.

Unstimmigkeiten über Verteilung der Zukunftsfonds-Mittel

In den bisherigen Verhandlungen bzw. in der Grundsatzeinigung wurden für den Zukunftsfonds drei Sachbereiche verankert: Kinderbetreuung (darauf liegt der stärkste Fokus), Umwelt/Klima sowie Wohnen/Sanieren.

Von BMF-Seite wurde in den Verhandlungen immer wieder eine Aufteilung der Zukunftsfondsmittel zu 50/25/25 Prozent auf diese drei Sachbereiche artikuliert. Diese Finanzzuweisungsmittel des Bundes sollen zielgerichtet für diese drei Bereiche verwendet werden und diese Bereiche liegen überwiegend in der Finanzierungsverantwortung der Gemeinden.

Eine direkte Zuteilung von diesen Bundesmitteln an die Gemeinden, um in diesen Bereichen sowohl Investitionen als auch den laufenden Betrieb zu unterstützen, wurde seitens der Länder verhindert und diese stehen auch auf dem Standpunkt, dass die Zukunftsfonds-Mittel eine faktische Verbesserung in der vertikalen Verteilung der Ertragsanteile (Bund, Länder, Gemeinden) darstellen.

Dies zeigte sich am 3. November 2023 auch in medialen Aussagen im Anschluss an die Landeshauptleutekonferenz wonach die Ausgestaltung des Zukunftsfonds nur ein erster Schritt sein kann und beim nächsten Mal der vertikale Verteilungsschlüssel verändert werden müsse. Dementsprechend gehen die Länder auch davon aus, dass ihnen analog des Anteils am vertikalen Schlüssel auch 63 Prozent der Zukunftsfonds-Mittel zustehen.

Der Österreichische Gemeindebund fordert weiterhin ein vertikale Schlüsselerhöhung für die Gemeinden und die Länder, sieht ein solche Stärkung der Gemeindefinanzierung aber unabhängig von den Zukunftsfonds-Mitteln, die angesichts der vom Bund definierten Sachbereiche (Ausbau und Betrieb der Kinderbetreuung, Sanierung und Dekarbonisierung vieler der rund 55.000 kommunalen Gebäude etc.) mindestens zur Hälfte den Gemeinden zugutekommen müssten.

Verhandlungen bisher durchaus erfolgreich

Auch wenn die kommunale Verhandlungsposition hinsichtlich der Zukunftsfondsmittel gegenüber den Ländern, die diese Mittel vom Bund direkt überwiesen erhalten und nach gemeinsam mit den Landesorganisationen von Gemeindebund und Städtebund ausgearbeiteten Zielsetzungen auch auf Gemeindeebene einsetzen sollen, nicht besonders gut ist, kann bisher durchaus schon von erfolgreichen Finanzausgleichsverhandlungen gesprochen werden.

Denn schließlich umfasst die nun dargestellte Einigung über die finanziellen Eckpunkte der Finanzausgleichsjahre 2024 bis 2028 frische Bundesmittel für Länder und Gemeinden in fast fünffacher Höhe als dies noch im ersten konkreten Verhandlungsangebot des Bundes vom Mai 2023 der Fall war. Und letztlich dürfte auch allen Verhandlungspartnern bewusst sein, dass das Paktum zum Finanzausgleich 2024-2028 noch die Unterschriften von Bund, Ländern, Gemeindebund und Städtebund braucht und ebenso Lösungen, mit denen alle leben können.