Franz Josef Smrtnik - Bürgermeister
„Wir sind eine kunterbunte Gesellschaft, die man nicht weltpolitisch einordnen könnte.“ Franz Josef Smrtnik über die „Enotna Lista“:

Der Župan von Bad Eisenkappel

Franz Josef Smrtnik ist nicht nur Bürgermeister von Österreichs südlichster Gemeinde. Als Župan von Železna Kapla vertritt er auch die Interessen der slowenischen Volksgruppe mit Nachdruck.

Wie sind sie in die Politik gekommen?

Mein Vater war früher Gemeinderat bei einer  Namensliste, der slowenischen Einheitsliste Enotna Lista. Ich bin 19991 in die Kommunalpolitik gekommen. Damals haben wir uns von zwei auf drei Mandate verbessert. 1997 bin ich Vizebürgermeister geworden, und mit sechs Mandaten haben wir damals die Absolute der SPÖ gestürzt. 2009 kam die große Überraschung: ich bin mit fast 180 Stimmen Rückstand in die Stichwahl gekommen und habe diese mit 15 Stimmen Vorsprung gewonnen. 

Sie sind der erste Kärntner Bürgermeister in der zweiten Republik gewesen, der der slowenischen Volksgruppe angehört?

Ich war der erste auf einer slowenischen Liste. Mittlerweile habe ich seit 2015 einen zweiten Kollegen, den Herrn Sadovnik in Globasnitz / Globasnica. Es gab schon Bürgermeister von Großparteien, die Slowenisch-Kenntnisse besaßen. Ich war aber der Erste, der explizit mit einer Namensliste angetreten ist und auch gewonnen hat.

Die Enotna Lista ist eine Regionalpartei. 

Wir bemühen uns darum. Mittlerweile haben wir 58 Gemeinderäte in Südkärnten, zwei Bürgermeister, zwei Vizebürgermeister,  und einen Stadtrat. Wir versuchen die Region Südkärnten zu vertreten. Ich bin auch bei den Südkärntner Bäuerinnen und Bauern, auch da gibt es eine Fraktion in der Landwirtschaftskammer, die aus der EL entstanden ist.

Wie kann man jenen, die die Enotna Lista nicht kennen, die Partei beschreiben?

Die Enotna Lista ist eine Vereinigung von Menschen, die sich immer wieder dafür einsetzen, dass die Zweisprachigkeit auch in diesem Raum Kärntens erhalten bleibt. Wir sind offen und so machen auch nur-deutschsprechende Mitbürger in verschiedensten Formen bei uns mit. Wir versuchen die Region zweisprachig zu verkaufen und achten darauf, dass die alten Bräuche und Traditionen, die auch aus dem Slawischen stammen, erhalten bleiben, sowie dass das Wort auch noch gesprochen wird. Wir versuchen über die Gemeindestuben, das Slowenische in die Öffentlichkeit zu bringen. 

Von der politischen Positionierung sind wir recht bunt. Wir sind eine kunterbunte Gesellschaft, die man nicht weltpolitisch einordnen könnte. Ähnlich wie Bürgerinitiativen, vereinen wir Menschen aller Couleurs, die sich zur Volksgruppe bekennen, oder deren Eltern sich noch zu der Kultur bekennen, und ihre Kinder anmelden. In Eisenkappel haben wir momentan acht Mandate, und dabei sind fast alle Schichten vertreten. Sowohl von sozialdemokratischer, als auch von ÖVP-Seite, oder von den Grünen und ganz Linksliberalen. 

Welchen Herausforderungen sehen Sie sich gegenüber?

Dem ländlichen Raum. Die Gemeinde Eisenkappel-Vellach ist die südlichste Gemeinde Österreichs mit einer sehr großen Fläche (rund 200 km2). Für uns gilt es, alles daran zu setzten, die Region Karawanken und den ganzen Südkärntner Raum zu erhalten. Wir versuchen junge Menschen zu überzeugen hier sesshaft zu werden, zu leben und die Kultur weiterzugeben.  

Was war Ihre schwierigste Entscheidung?

Als Bürgermeister hat man fast tagtäglich schwierige Entscheidungen zu treffen. Ich habe gelernt, dass man gewisse Standpunkte vertreten muss, die unpopulär sind, aber der Sache dienen.

Meine schwierigste Entscheidung war sicherlich die, als ich zwei kleine Volksschulen mit zehn bzw. acht Kindern, die alle slowenisch gesprochen haben, zusperren musste, um ein Bildungszentrum in Eisenkappel zu bekommen, das alle Stückeln spielt. In diesem befinden sich nun die Neue Mittelschule, die Musikschule, die Volksschule und die Nachmittagsbetreuung. Das war damals ein großes, und auch ein sehr emotionales Thema für meine Volksgruppe. Ich musste mich für die Sache entscheiden, und rückblickend gesehen war es die richtige Entscheidung, die sich sicherlich positiv auf die Zukunft unserer Gemeinde auswirkt. Für die Volksgruppe war es schwierig, denn diese Kinder sprechen heute nicht mehr Slowenisch untereinander. Die zwei kleinen Schulen waren noch wie Inseln der Seligen, wo noch auf Slowenisch kommuniziert wurde. 

Ich habe früher als Bürgermeister immer verfochten, dass man die kleinen Schulen erhalten soll, nur hat die Politik in Kärnten anders entschieden. Damals haben wir die Chance unsere Hauptschule zu retten nur gehabt, indem wir ein Bildungszentrum daraus machen, und das taten wir auch - mit 5,6 Millionen Euro. Heute bin ich stolz, dass wir so eine schulische Ausbildung bieten können. Das ist sehr wichtig für eine Randregion, damit die Menschen bleiben. Besonders wichtig war aber die Nachmittagsbetreuung. Seit ca. fünf Jahren haben wir eine ganzjährige Kinderbetreuung, was sicherlich dazu beiträgt, dass sich hier noch junge Familien ansiedeln. 

Eine zentralistische Zusammenlegung in einer Flächengemeinde bringt sicher auch Erschwernisse hinsichtlich des Schulweges. 

Ich hab einen Nachzügler, der ist neun Jahre alt und geht in die dritte Klasse der Volksschule. Der pendelt wie ich jeweils 16 Kilometer in eine Richtung. Wir leben eben auf einem Bergbauernhof. Man gewöhnt sich daran und ich glaube, dass das machbar ist. Unabhängig davon bin aber immer noch der Meinung, dass auch Kleinschulen positiv und wünschenswert wären, weil dadurch die Bindung zu den Orten mehr gegeben ist.

Was war Ihre prägendste Erfahrung?

Mich fragen sehr viele Leute, weshalb ich Bürgermeister sein will. Weil ich es immer noch gerne bin. Mich hat das Gefühl geprägt, dass man als Bürgermeister vor Ort den Menschen wirklich in vielen Situationen helfen kann. Die große Politik, die irgendwelche nicht haltbaren Versprechungen macht, kann das in der Form nicht. Viele kleine Schritte zu setzen, bei denen man das Gefühl hat, der Mensch ist zufrieden und du hast ihm helfen können. Das ist das Schönste was man als Bürgermeister machen kann. 

Der Mensch hinter dem Bürgermeister

Zuhause ist für mich ...

ein zweisprachiges Kärnten.   

Ich rege mich auf über ...

... Unehrlichkeit

Ich fahre ...

... einen Mitsubishi Pick-Up

Ich habe Angst vor...

... Krieg.

Das will ich unbedingt noch erleben:

mehr Arbeitsplätze in der Gemeinde zu bekommen

Mein Lebensmotto:

Kauf im Ort, fahr nicht fort!

Wie würden Sie sich selbst beschreiben?

offen