Community Nurse berät älteres Paar.
In Österreich handelt es sich bei Community Nurses um diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung.
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Pflege

Community Health Nursing

Der demografische Wandel sowie gesellschaftspolitische Entwicklungen erfordern strukturelle Änderungen in der Gesundheitsversorgung, insbesondere der Langzeitbetreuung von älteren bzw. pflegebedürftigen Personen. Um eine gemeindenahe Gesundheitsförderung, Unterstützung, Prävention und Beratung mit einem möglichst niederschwelligen Zugang anbieten zu können, werden in Österreich derzeit Community Nurses etabliert. Das Konzept der Community Nurses hat zum Ziel, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken und deren Wohlbefinden zu erhöhen, sowie den längeren Verbleib von älteren Menschen im eigenen zuhause zu ermöglichen.

Laut World Health Organization (WHO) wird Community Health Nursing als Disziplin der Gesundheits‐ und Krankenpflege definiert, „welche die Fähigkeiten aus der Gesundheits‐ und Krankenpflege mit jenen von Public Health und dem Sozialbereich verbindet und im Rahmen von Public‐Health‐Programmen Aufgaben der Gesundheitsförderung, die Verbesserung sozialer und physischer Umweltfaktoren sowie die Rehabilitation von Krankheiten und Behinderungen übernimmt“ [1].

Was machen Community Nurses in Österreich?

In Österreich handelt es sich bei Community Nurses um diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung. Sie kennen optimaler Weise die regionalen Angebote für Pflege und Betreuung in der jeweiligen Gemeinde und verfügen über spezielle Qualifikationen im Bereich Community Nursing, Family Health Nursing oder Public Health Nursing. Dabei arbeiten Sie im niedergelassenen Bereich, beispielsweise in einem Gemeindezentrum, einem Pflegestützpunkt oder einer Ordination und machen Hausbesuche.

Von Oktober bis Dezember letzten Jahres konnten Städte, Gemeinden und Sozialhilfeverbände entsprechende Förderanträge für Pilotprojekte mit einer Laufzeit im Zeitraum von 2022 bis 2024 stellen. Es wurden 145 Anträge eingereicht und 123 Projekte aus allen Bundesländern mit insgesamt 192 Community Nurses, gemessen an Vollzeitäquivalenten, gefördert [2].

Stand der Pilotprojekte Community Nursing
Stand der Pilotprojekte Community Nursing am 31.3.2022 (Quelle: Gesundheit Österreich GmbH).

Wie sieht die Situation in anderen Ländern aus?

Das Konzept der Community Health Nurse wird in anderen Ländern schon seit längerer Zeit als etablierter Bestandteil in der Gesundheitsversorgung erfolgreich eingesetzt. Dazu zählen insbesondere skandinavische Länder wie Finnland, Norwegen und Schweden oder der angloamerikanische Raum mit Community Nursing Modellen aus Großbritannien, Irland und Kanada.

Auffallend ist, dass international keine einheitliche Berufsbezeichnung für Community Health Nursing existiert. Die Bezeichnungen unterscheiden sich je nach Einsatzort oder orientieren sich an der Zielgruppe.

Differenzierung nach Einsatzort

Hinsichtlich der angesprochenen Zielgruppen arbeiten Community Health Nurses in unterschiedlichen Settings und sind mit anderen Berufsgruppen vernetzt. Traditionell üben sie ihre Tätigkeit im Rahmen von Hausbesuchen und der gemeindeorientierten Versorgung aus.

In Schweden sind District Nurses vorwiegend in einem Gesundheitszentrum, in hausärztlichen Praxen oder in ihrer eigenen Praxis tätig. Auch in Finnland und Kanada sind Public Health Nurses vornehmlich in Gesundheitszentren tätig oder betreuen als Home Health Nurses in Zusammenarbeit mit Hausärztinnen und Hausärzten ältere Personen in ihrem Zuhause [3].

Differenzierung nach Zielgruppe

In Ländern wie Finnland, Schweden, Norwegen oder Großbritannien werden Community Health Nurses nach Zielgruppen unterteilt. Der Schwerpunkt liegt meist auf Kindern und deren Familien. Beispielsweise sind Health Visitors in Großbritannien in erster Linie für die Primärprävention bei Kleinkindern von bis zu fünf Jahren und deren Familien zuständig. In anderen Ländern weisen die Bezeichnungen Child Health Nurses, Maternity and Child Health Nurses, Family Health Nurses oder School Nurses darauf hin, dass diese für Kinder und deren Familien zuständig sind.

In Großbritannien und in Finnland finden sich auch Occupational Nurses, welche für den Schutz und die Förderung der Gesundheit von Erwerbstätigen in Unternehmen zuständig sind. In den Niederlanden und Irland werden ältere Personen explizit als zentrale Zielgruppe genannt. So sind in den Niederlanden District Nurses auf Gemeindeebene für die Heimpflege von älteren und chronisch kranken Personen zuständig.

In Irland bildet die Überwachung der Älteren oder sozial isolierten Menschen einen wichtigen Aufgabenbereich für Public Health Nurses. Die Zielsetzung liegt darin, diese Personen in der Gemeinschaft, anstatt in einem Pflegeheim, zu belassen [4].

Aufgaben von Community Health Nurses

Auch die Aufgabenvielfalt von Community Health Nursing zeigt in den untersuchten Ländern ein verschiedenartiges Bild auf. Im Zentrum stehen dabei Tätigkeiten aus den Bereichen Gesundheitsförderung, Krankheits- und Unfallprävention. Dazu zählen Assessment und Monitoring des Gesundheitszustands, Überwachung der motorischen und kognitiven Entwicklung von Kindern sowie Planung, Implementierung und Evaluation von entsprechenden Maßnahmen.

Weitere Aufgabenbereiche sind die Alten- und Krankenpflege, Verabreichen von Infusionen und Schmerzpumpen, Wundmanagement, Betreuung von Patientinnen und Patienten mit medikamentöser Therapie, Betreuung Drogenabhängiger und vulnerabler Gruppen, Betreuung von Notfällen bis hin zu Impfungen und Bewertung der Bevölkerungsgesundheit [5].

Im Bereich der Intervention in der Pflege sind ebenfalls Unterschiede zwischen den Ländern festzustellen. Vor allem in ländlichen oder entlegenen Regionen übernehmen Community Health Nurses in einigen Ländern pflegerische Tätigkeiten, in anderen Ländern konzentrieren sich Community Health Nurses stärker auf die Koordination von Pflegeleistungen.

Im Unterschied zu den übrigen Ländern bildet die kurative Versorgung in Irland einen festen Bestandteil in der Arbeit von Community Health Nursing. Dabei kommt es zu Kompetenzüberschneidungen mit anderen Health Professionals. Gemäß der Studie von Cowley et al. (2007) übernehmen Public Health Nurses in Irland oder Health Visitors im Vereinigten Königreich teilweise Aufgaben von anderen Gesundheitsdienstleistern, wie zum Beispiel ergo-, physio- und sprachtherapeutische Tätigkeiten oder soziale Betreuungsleistungen.

Relevanz für die Gesundheitsversorgung ländlicher Regionen

In der frühzeitigen Identifizierung gesundheitlicher oder sozialer Probleme wird Community Health Nursing eine wesentliche Rolle zugeschrieben. Des Weiteren wird die Zugänglichkeit zu Gesundheitsleistungen über alle Bevölkerungsgruppen hinweg erleichtert. In ihrer Rolle als Generalistinnen und Generalisten, können sie durch ihre universelle Unterstützung und durch den niederschwelligen Zugang auch Personen erreichen, die ansonsten keine Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen würden [6].

Gerade im ländlichen Raum oder Regionen mit drohender Unterversorgung kann Community Health Nursing eine sinnvolle Ergänzung bzw. Erweiterung der bestehenden Gesundheitsversorgung darstellen und ist geeignet eine Basisversorgung sicherzustellen.

Die aktuellen demographischen Entwicklungen sind geprägt durch einen Anstieg älterer Menschen und die daraus resultierenden erhöhten Fallzahlen für chronische Erkrankungen, altersbedingten Verschleißleiden sowie Multimorbidität stellen das Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen.  Angesichts dieser Entwicklung sichert eine Etablierung der Public Health Dimension in der Primärversorgung die Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems.

Individuen und Familien werden proaktiv angesprochen und auf vorhandene Angebote aufmerksam gemacht. Das erhöht die Zugänglichkeit zu Gesundheitsleistungen. Community Health Nurses übernehmen dabei eine Beratungs- und Koordinationsfunktion, indem sie über das vorhandene Angebot im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung oder der mobilen Dienste informieren und individuell auf die Person abstimmen. Diese können bei Bedarf durch persönliche Betreuung- und weitere Beratungsleistungen ergänzt werden.

Was bringen die Community Health Nurses?

Zusammenfassend ist das Konzept des Community Health Nursing geeignet, die Gesundheitsziele hinsichtlich des Wandels von einer Krankheitsorientierung hin zu Gesundheitsförderung und Prävention zu unterstützen und die Primärversorgung zu stärken.

Auf Gemeindeebene können Community Health Nurses mittels systematischer Sammlung und Analyse gesundheitsbezogener Daten in ihrem Verantwortungsbereich das vorhandene Angebot weiterentwickeln und mit den lokalen Gegebenheiten und dem konkreten Bedarf definierter Bevölkerungsgruppen abstimmen.

Fußnoten

[1] (WHO, 2017, S. 5; übersetzt und zitiert nach GÖG, 2021, S. 4)

[2] (https://www.goeg.at/CN_Stand_Pilotprojekte. Stand 31.03.2022)

[3] (Cowley et al., 2007; Hemingway et al., 2013; Jakonen et al., 2002)

[4] (Hemingway et al., 2013; Cowley et al., 2007)

[5] (Hemingway et al., 2013; Glavin et al., 2014; Cowley et al., 2007; Jakonen, 2002).

[6] (Glavin et al., 2014; Hemingway et al., 2013).

Literatur

Cowley, S.; Caan, W.; Dowling, S. & Weir, H. (2007). What do health visitors do? A national survey of activities and service organisation. Public Health, 121, 869-879.

Glavin, K., Schaffer, M. A., Halvorsrud, L., & Kvarme, L. G. (2014). A Comparison of the Cornerstones of Public Health Nursing in Norway and in the United States. Public Health Nursing, 31(2), 153–166. https://doi.org/10.1111/phn.12082

GÖG (2021). Aufgaben und RollenprofilCommunity Nurse. Gesundheit Österreich GmbH. https://goeg.at/sites/goeg.at/files/inline-files/Aufgabenprofil_CN.pdf

Hemingway, A., Aarts, C., Koskinen, L., Campbell, B. & Chasse, F. (2013). A European Union and Canadian Review of Public Health Nursing Preparation and Practice. Public Health Nursing, 30 (1), 58-69.

Jakonen, S., Tossavainen, K., Tupala, M. & Turunen, H. (2002). Health and society in Finland: public health nurses‘ daily practice. British Journal of Community Nursing, 7 (5), 265-272.