Baum steht auf Bauresten
Hochwertige Baustoffe sind bestes Ausgangsmaterial für neue Baustoffe der Kreislaufwirtschaft.
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Baurestmassen aufbereiten statt deponieren

Österreich hat sich entschlossen, in gut zwei Jahren das Deponieren der meisten mineralischen Baustoffe zu verbieten und im Sinne der europäischen Vorgaben die Kreislaufwirtschaft zu forcieren. Damit wird der letzte Schritt einer seit Jahrzehnten positiven Entwicklung zur Verwertung von Baurestmassen gesetzt.

Baustoff-Recycling wird in Österreich seit 1990 professionell betrieben – ob mobil auf Baustellen oder stationär. Über 80 Prozent der mineralischen Fraktion ist in Österreich schon bisher der Verwertung zugeführt worden, mehr als sieben Millionen Tonnen Recycling-Baustoffe kamen Jahr für Jahr zum Einsatz. Aufbereitungsanlagen dafür sind flächendeckend vorhanden.

Deponieverbot ab 2024

Mit 1. April 2021 wurde die Deponieverordnungsnovelle veröffentlicht. Ein zentraler Aspekt für das Baustoff-Recycling ist durch die Ergänzung des § 1 hinsichtlich Kreislaufwirtschaft in Kraft getreten: Zur Schaffung einer Kreislaufwirtschaft soll im Einklang mit der Abfallhierarchie angestrebt werden, dass Abfälle, die sich für Recycling und andere Formen der Verwertung eignen, zukünftig nicht auf Deponien zur Ablagerung angenommen werden.

Das Deponierungsverbot betrifft aber nicht nur die angeführten Stoffgruppen, sondern auch Gipsplatten. In modernen Gebäuden kann Gips bis zu sieben Prozent der verbauten Materialien ausmachen.

Ab 1. Jänner 2026 dürfen Gipsplatten, Gipswandbauplatten und faserverstärkte Gipsplatten (Gipsplatten mit Vliesarmierung, Gipsfaserplatten) nicht mehr deponiert werden. Ausgenommen davon sind jene Platten, bei denen im Zuge der Eingangskontrolle in einer Recycling-Anlage für Gipsabfälle nachweislich festgestellt wird, dass sie nicht von ausreichender Qualität für die Herstellung von Recycling-Gips sind. Die längere Übergangsfrist ist schon deswegen nötig, weil es in Österreich kein flächendeckendes Gipsrecycling gibt und die entsprechende Logistik erst aufgebaut werden muss.

Mit Ende des Jahres 2026 wird auch das Ablagern von Künstlichen Mineralfasern (KMF) – ob als gefährlicher Abfall oder in ungefährlicher Form – nicht mehr erlaubt sein. Hier erwartet sich die Umweltabteilung des zuständigen Bundesministeriums, dass von der Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren ebenso entsprechende Aufbereitungswege geschaffen werden. Dennoch wird dieser Schritt in den nächsten Jahren noch evaluiert werden, um keine Entsorgungsengpässe zu schaffen.

Ausgangsmaterial für neue Baustoffe

Baustoff-Recycling wird damit die Lösung der Zukunft. Alleine im Tiefbau liegen 60 Prozent der Massen, die jemals verbaut wurden – in Straßen, Schienenwegen, Leitungsbau oder sonstiger Infrastruktur. Diese Baustoffe unterlagen beim Einbau hochqualitativen und normierten Anforderungen.

Diese hochwertigen Baustoffe sind bestes Ausgangsmaterial für neue Baustoffe der Kreislaufwirtschaft. Asphalt kann nicht nur granuliert im Tragschichtenbau einer Straße oder eines Parkplatzes eingesetzt werden, sondern auch als hochwertiges Gestein (Zuschlagstoff) in Heißmischanlagen Verwendung finden. Beton kann sowohl ungebunden als Betongranulat zum Einsatz kommen, aber auch in gebundener Form, z. B. für die Betonproduktion – ein eigener Teil der ÖN B 4710 beschäftigt sich mit Recyclingbeton. 

Bauausschreibungen sollten sich schon heute auf diese neue Situation einstellen: Viele geplante Bauvorhaben brauchen bis zur Umsetzung und Beendigung mehrere Jahre und fallen damit in die nun festgelegte Frist des Deponierungsverbots. Es ist daher klug, schon bei derzeit in Planung befindlichen Ausschreibungen auf die neue Situation abzustellen. Dabei hilft im Tiefbau auch ein Blick in die neue Standardisierte Leistungsbeschreibung Verkehr und Infrastruktur (LB-VI), herausgegeben von der österreichischen Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr (FSV). Eine eigene Leistungsgruppe definiert Ausschreibungstexte für die Verwertung. 

Altbeton ist ein begehrter Rohstoff

In Österreich fallen jährlich rund drei Millionen Tonnen Altbeton an. Über 97 Prozent davon werden bereits stofflich wiederverwertet. Er wird einerseits für lose Schüttungen im Unterbau eingesetzt und andererseits in aufgearbeiteter Form für die Herstellung von neuem Beton verwendet – mit dem Vorteil, primäre Rohstoffe wie Kies, Sande etc. einsparen zu können.

Die heimische Betonbranche hat in den letzten Jahren bereits zahlreiche Maßnahmen zur Förderung von kreislauffähigem Bauen gesetzt: Fortschritte gab es vor allem bei der Weiterentwicklung der Betonrezepturen sowie in der technischen Entwicklung der Nassaufbereitung von rezyklierten Materialien. 

Die Aufbereitung des Materials erfolgt selten direkt auf der Baustelle, sondern aufgrund des erforderlichen Aufwands häufiger in zentralen Aufbereitungsanlagen, die sich auf die Herstellung von Recycling-Gesteinskörnungen für Beton spezialisiert haben.

Öffentliche Auftraggeber in der Pflicht

Ungeachtet der Fortschritte in der Baustoffbranche gibt es Nachholbedarf aufseiten von öffentlichen wie auch privaten Auftraggebern sowie Infrastruktur-Betreibern.

„Gerade bei öffentlichen Ausschreibungen wäre es ein Leichtes, den Einsatz von Recycling-­Material durch konkrete Fördermaßnahmen zu forcieren“, meint etwa Franz Denk, Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton, einem Recycling-Pionier der ersten Stunde. Er wünscht sich mehr Offenheit für neue Technologien und eine höhere Umsetzungsgeschwindigkeit in der Bauwirtschaft. Als Vorbild nennt Denk das Schweizer System, das zwar kantonsweise Abstufungen kennt, jedoch die Kreislauffähigkeit der verwendeten Materialien in Ausschreibungen fix integriert hat. 

Seit 2018 ist in Österreich eine neue Betonnorm in Kraft, mit der eine EU-Norm als Grundlage für den Ausbau kreislauffähiger Bauweisen umgesetzt wird. Sie bietet die Möglichkeit, aufbereiteten „Altbeton“ im Hoch- und Tiefbau zu verwenden. „Je sortenreiner das aufgebrochene Baumaterial, umso größer ist das Einsparungspotenzial an natürlicher Gesteinskörnung und umso höherwertiger der Recyclingbeton“, erläutert Christoph Ressler, Geschäftsführer des Güteverbandes Transportbeton (GVTB). 

Die neuen technischen Möglichkeiten für den Einsatz eines jahrhundertealten, bewährten Baustoffs sind daher so vielfältig wie noch nie zuvor. Dank neuester Verfahren bei der Materialaufbereitung können Störstoffe bei rezyklierten Gesteinskörnungen besser entfernt und damit höhere Qualitäten von Beton produziert werden. Die Verwendung von Recyclingbeton ist nicht auf die Anwendung im Innenbereich beschränkt. Auch im Außenbereich kann dieser Baustoff eingesetzt werden, wenn die verwendete rezyklierte Gesteinskörnung eine entsprechende Qualität aufweist. 

Aussortieren des Bauschutts
Aussortieren des Bauschutts. Fotos: Deisl-Beton
Waschen des zerkleinerten Materials
Waschen des zerkleinerten Materials
Rezyklat nach der Aufbereitung
Rezyklat nach der Aufbereitung. Dank seiner Zusammensetzung aus natürlichen mineralischen Rohstoffen ist Beton nach dem Rückbau und der Aufbereitung zu 100 Prozent wiederverwertbar.

Deponierungsverbot

Mit 1. April 2021 wurde die Deponieverordnungsnovelle veröffentlicht. Folgende Abfälle können ab 1.1.2024 nicht mehr auf einer Deponie gelagert werden:

  • Ziegel aus der Produktion
  • Straßenaufbruch
  • Technisches Schüttmaterial
  • Betonabbruch
  • Gleisschotter
  • Asphalt
  • Einkehrsplitt
  • Recycling-Baustoffe der Qualitätsklasse U-A  (beste Qualitätsklasse)

Der Anteil an zu deponierendem Material betrug schon bisher nur mehr 7 % der mineralischen Baurestmassen.