Jetzt auch noch Verfahrenshilfekosten?

Im Zuge der Umsetzung der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde kritisiert und intensiv zu hinterfragen versucht, weshalb eine Gemeinde dem Revisionswerber Aufwandersatz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zu zahlen hat - selbst in jenen Fällen, in denen der VwGH inhaltlich die Entscheidung der Gemeinde bestätigt und ausschließlich das (dazwischen liegende) Verwaltungsgericht unrichtig entschieden hat und die Revision und in weiterer Folge den Aufwand verursacht – um nicht zu sagen – provoziert hat (vgl. § 47 VwGG).





Der Aufwand ist von jenem Rechtstrager zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.“ So steht es in § 26 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Bezug auf die Gebühren der Zeugen und Beteiligten im Verwaltungsgerichtsverfahren.



In wessen Namen das Verwaltungsgericht dabei handelt bzw. wer der kostentragungspflichtige Rechtsträger ist, ist nach wie vor weitgehend ungeklärt. Nichtsdestotrotz soll dieselbe Regelung im Rahmen einer demnächst ergehenden Novellierung des VwGVG für die Verfahrenshilfekosten gelten.



In wessen Namen die – vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit – eingerichteten Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) tätig wurden, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nach einer uneinheitlichen und teils divergierenden Rechtsprechung im Jahr 2002 entschieden (vgl. VfGH 29. 11. 2002, A9/01). Zunächst führte er aus, dass § 2 Finanz-Verfassungsgesetz (F-VG)[i], dahingehend zu verstehen ist, dass eine Gebietskörperschaft, die unter der Verantwortung einer anderen Gebietskörperschaft Angelegenheiten besorgt, jedenfalls den Personal- und den Amtssachaufwand zu tragen hat. Sollte die Gesetzgebung nichts anderes bestimmen, ist hingegen der Sach- und Zweckaufwand von jener Gebietskörperschaft zu tragen, der die aufwandsverursachende Aufgabe zuzuordnen ist.

Da nach Ansicht des VfGH Zeugen- und Dolmetschergebühren zum Sachaufwand zählen, hat jener Rechtsträger diesen Aufwand zu tragen, für den der UVS funktional zuständig wurde.



Daraus folgt, dass etwa im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung die Tätigkeit des UVS funktional dem Bund zugeordnet wurde und daher der Bund den Aufwand für die Zeugengebühren zu tragen hatte. Gleiches müsste daher überall dort gelten, wo der UVS funktional für eine Gemeinde tätig wurde. Dies kann (konnte) aber – auch vor dem Hintergrund der Auslegung des § 2 F-VG – nur für jene Angelegenheiten gelten, die Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen haben (etwa Bauangelegenheiten).

Denn in Angelegenheiten des von Bund oder Ländern den Gemeinden übertragenen Wirkungsbereichs (etwa Personenstandswesen) werden Gemeinden selbst funktional für den Bund oder die Länder tätig.



Wer (zahlungspflichtiger) Rechtsträger ist, in dessen Namen das Verwaltungsgericht tätig wird, ist mangels höchstgerichtlicher Judikatur – die Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt es erst seit Anfang 2014 – nach wie vor unklar. Diese Frage stellt sich sowohl hinsichtlich der Gebühren für Zeugen und Beteiligte als auch für die demnächst eingeführte Verfahrenshilfe.



Bei den Zeugengebühren böte die Heranziehung der Rechtsprechung des VfGH aus dem Jahr 2002 eine Möglichkeit. Damit gäbe es weiterhin eine funktionale Zuordnung, und jener Rechtsträger müsste zahlen, der in der betreffenden Angelegenheit kompetenzrechtlich (Vollzugsbereich) zuständig ist.



Ungleich schwieriger wird die Sache im Bereich der Verfahrenshilfe. Abgesehen davon, dass vor dem Hintergrund des § 2 F-VG unklar ist, um welchen Aufwand es sich dabei handelt bzw. handeln soll (Amtssachaufwand, Sachaufwand, Zweckaufwand), steht – anders als etwa die Zeugengebühren – die Verfahrenshilfe nicht im unmittelbaren Konnex zur jeweiligen Verfahrensmaterie (etwa Baubescheid). Vielmehr handelt es sich bei der Verfahrenshilfe um ein vom Verwaltungsgerichtsverfahren losgelöstes, unter Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO) geführtes (Justizverwaltungs-)Verfahren, in dem über die vom Antragssteller beantragte Gewährung einer Begünstigung entschieden wird. Weshalb eine Gemeinde für diese Kosten aufkommen sollte, die lediglich das dem (nach Gewährung der Verfahrenshilfe) Beschwerdeverfahren vorangegangene Behördenverfahren geführt hat, wäre in keiner Weise nachvollziehbar. Es bedarf daher einer expliziten Klarstellung in der nun anstehenden Gesetzesnovelle, widrigenfalls auch darüber eines Tages ein Höchstgericht zu entscheiden haben wird.



[i] § 2 F-VG bestimmt, dass der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, tragen, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt.

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