Vitali Klitschko, Bürgermeister der belagerten ukrainischen Hauptstadt Kiew, war beim Plenum des AdR in einer Liveübertragung zugeschalten.
Vitali Klitschko, Bürgermeister der belagerten ukrainischen Hauptstadt Kiew, war beim Plenum des AdR in einer Liveübertragung zugeschalten.
© AdR

Europa

„Der Kampf für die Ukraine ist der Kampf für die Demokratie Europas“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als aktueller EU-Vorsitzender und EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sprachen beim 9. Gipfeltreffen des AdR vor rund 3.000 lokalen und regionalen europäischen Führungspersönlichkeiten, die das Marseiller Manifest annahmen und Forderungen zur Zukunft der EU stellten.

Während des 9. Europäischen Gipfeltreffens der Städte und Regionen in Marseille am 3. und. 4. März waren sich lokale und regionale Führungspersönlichkeiten aus ganz Europa in ihrer Solidarität mit der Ukraine im Krieg gegen Russland einig und verpflichteten sich, das ukrainische Volk zu unterstützen. Da der Krieg in der Ukraine zeigt, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, formuliert das vom Gipfel angenommene Manifest von Marseille seine Forderungen, die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt der europäischen Demokratie zu stellen.

AdR-Ehrenmitgliedschaft für Kiew

Bei der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Europäischen Ausschusses der Regionen an Vitali Klitschko, den Bürgermeister von Kiew, in Marseille sagte Apostolos Tzitzikostas, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen und Gouverneur der griechischen Region Zentralmakedonien: „3.000 Menschen in Marseille und 1,2 Millionen regionale und lokale Führungspersönlichkeiten in der EU stehen zur Ukraine und gegen die Invasion Russlands. Wir sind vereint, um unseren Nachbarn zu helfen, die Klimakatastrophe zu bewältigen, Extremismus zu bekämpfen und den territorialen Zusammenhalt zu fördern. Unser Manifest von Marseille fordert ein Europa, das schützt und das Leben der Bürger verbessert. Es ist Zeit für eine stärkere EU-Demokratie, die die Menschen in jeder Region, Stadt und jedem Dorf in den Mittelpunkt stellt.“

Statements

Emmanuel Macron, Präsident der Französischen Republik, übermittelte eine Botschaft an die Delegierten (wegen der Situation in der Ukraine konnte er nicht wie geplant persönlich teilnehmen): „In einer Zeit, in der Frankreich und Europa Entscheidungen über entschiedene Unterstützung und massive Sanktionen treffen, weiß ich, dass die europäischen Gebiete die gleiche Stärke zeigen. Sie sind es, die unser Europa ausmachen, die uns zu einer Macht des Friedens machen, zu einer Macht im Dienste der Freiheit und der Gerechtigkeit machen. Gemeinsam zeigen wir die besten Gesichter Europas. Ein geeintes, enges, faires, demokratisches Europa. Diese Zeiten zeigen auch, wie sehr wir unsere europäische Souveränität stärken müssen. Kommunen haben ihren Platz in dieser gemeinsamen Arbeit.“

Roberta Metsola, Präsidentin des Europäischen Parlaments, nahm persönlich am Gipfel teil und betonte: „Regionen und Städte sind das schlagende Herz unserer Union. Den regionalen und lokalen Regierungen kommt eine klare Rolle bei der Sicherstellung der Grundfreiheiten und der ­Rechtsstaatlichkeit im Alltag der EU-Bürger zu. Wir wissen, wie wichtig lokale Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die Gouverneure der Regionen sind, um unser gemeinsames Projekt, unsere ­gemeinsamen Werte und Prinzipien zu fördern und zu pflegen. Wir dürfen nicht in Selbstzufriedenheit verfallen. Wir müssen wachsam bleiben. Unser Europäisches Haus der Demokratie ist kostbar. Wir werden es beschützen.“

Vasco Alves Cordeiro, Erster Vizepräsident des AdR, sagte: „Der Krieg in der Ukraine und unsere Diskussion hier über die europäische Demokratie sind eng miteinander ­verbunden. Wir können nicht den Fehler machen, die beiden zu trennen, unser Manifest und das, was wir wiederbeleben wollen, ist eigentlich das, was von der russischen Aggression in der Ukraine angegriffen wird. Dieser Krieg zeigt uns, dass wir Demokratie nicht als selbstverständlich hinnehmen können.“

Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und Kommissarin für Demokratie und Demografie, Dubravka Šuica, sagte: „Wir können unsere Demokratie niemals als selbstverständlich ansehen, wir müssen jeden Tag und auf allen Ebenen gemeinsam daran arbeiten. Regionen und ihre Veranstaltungen ermöglichen es der EU, Bürger in allen Ecken Europas zu erreichen. Als ehemalige Bürgermeisterin (von Dubrovnik, Anm. d. Red.) unterstütze ich Ihre Forderung nach einer stärkeren Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der europäischen Demokratie.“

Die rund 2.000 Delegierten des 9. Gipfeltreffens des AdR setzten in einer Demonstration vor dem Rathaus von Marseille ein deutliches Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Marseilles Bürgermeister Benoît Payan bei seiner Rede.
Die rund 2.000 Delegierten des 9. Gipfeltreffens des AdR setzten in einer Demonstration vor dem Rathaus von Marseille ein deutliches Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Marseilles Bürgermeister Benoît Payan bei seiner Rede. 

Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA), die österreichische Juristin Christa Schweng, sagte: „Was wir heute mit den erschreckenden Entwicklungen in der Ukraine erleben, ist ein Angriff auf alle Werte, die uns als Gemeinschaft zusammenhalten. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass ,Europäer zu sein‘ in erster Linie bedeutet, an einer Reihe von nicht verhandelbaren Werten festzuhalten, wie der Achtung der Freiheit, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte – all dies mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern, Männern und Frauen, im Mittelpunkt. Organisationen der Zivilgesellschaft sind der Beton unseres gemeinsamen Hauses der europäischen Demokratie.“

In der Erklärung des Gipfels zur Ukraine wird die EU aufgefordert, ukrainische Flüchtlinge umfassend zu unterstützen. Die Erklärung verurteilt aufs Schärfste die unprovozierte und ungerechtfertigte militärische Aggression von Wladimir Putin gegen die Ukraine und fordert die EU auf, ukrainischen Bürgern, die das Land verlassen, dringend den Flüchtlingsstatus nach dem EU-Asylgesetz zu gewähren.

Demo in Marseille
Die österreichischen Delegierten: Kärntens LH Peter Kaiser, EU-Gemeinderat Peter Kurri aus Wr. Neustadt und Hannes Weninger, Vertreter des Österreichischen Gemeindebundes im AdR. 

Obwohl der Krieg in der Ukraine die Diskussionen dominierte, fanden auf dem zweitägigen Gipfel weitreichende Diskussionen über die Zukunft Europas, die Erholung nach der Pandemie und den Zusammenhalt statt – Schlüsselelemente des am Ende des Gipfels verabschiedeten Manifests.

Das Marseiller Manifest enthält Vorschläge zur Stärkung der demokratischen Legitimität der EU, einschließlich der Forderung, dass ihre Regionen, Städte und Gemeinden – durch den Europäischen Ausschuss der Regionen – schrittweise über ihre derzeitige beratende Funktion hinaus zu einer verbindlichen Rolle in einer begrenzten Anzahl von Politikbereichen aufgewertet werden: eine klare territoriale Dimension bei gleichzeitiger Vermeidung zusätzlicher Komplexität in der EU.