Bernhard Haubenberger: „Regularien sind nur so gut, wie sie auch tatsächlich von den Normunterworfenen akzeptiert und beachtet werden.“
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„Kluft zwischen Soll und Ist“

Was haben Pensionsantrittsalter und Geschwindigkeitsbeschränkungen gemeinsam? In beiden Bereichen gibt es gesetzliche (Soll-)Werte, die vom tatsächlichen (Ist-)Geschehen deutlich abweichen. So gibt es eine Kluft zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen („faktischen“) Pensionsantrittsalter. Ohne effektive Begleitmaßnahmen, wie etwa steuerliche Anreize um länger im Erwerbsleben zu bleiben, wird sich an dem Umstand auch nichts ändern.

Eine reine Erhöhung des gesetzlichen ändert am tatsächlichen Pensionsantrittsalter wenig. Ähnlich (aber mit umgekehrten Vorzeichen) ist es bei der Geschwindigkeit: Auch hier tut sich eine Schere zwischen gesetzlich vorgegebener und tatsächlich gefahrener Geschwindigkeit auf, die man durch eine (weitere) Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht beseitigt, im Gegenteil. Ohne begleitende Maßnahmen ist eher mit einem weiteren Auseinanderdriften der Ist- von der Soll-Geschwindigkeit zu rechnen.

Gleich ob Geschwindigkeitsbeschränkung oder Pensionsantrittsalter: Regularien sind nur so gut, wie sie auch tatsächlich von den Normunterworfenen akzeptiert und beachtet werden. Ohne in der Sache wirksame (Begleit-)Maßnahmen ist die Festlegung von (Soll-)Werten zwar öffentlichkeitswirksam, der eigentlich verfolgten Zielerreichung, die in dem einen Bereich eine Erhöhung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters und auf der anderen Seite eine Reduktion der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit sein sollte, aber nicht dienlich.

Die letzten Novellen der Straßenverkehrsordnung waren geprägt von Verschärfungen der Strafmaßnahmen und -sanktionen, sollten die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten überschritten werden. So wurden die Strafrahmen deutlich erhöht, bei extremer Raserei droht sogar die Beschlagnahme des Fahrzeuges. Diese durchaus sinnvollen (Begleit-)Maßnahmen entfalten aber nur dann ihre Wirkung, wenn auch ausreichend Kontrollen stattfinden und der Verkehrsteilnehmer damit rechnen muss, dass ihm die angedrohte Sanktion auch tatsächlich trifft, wenn er Ge- und Verbote missachtet.