Integration ist das Schaffen von Gemeinsamkeit

Integrationsminister Kurz hat es jüngst ausgesprochen: Die Verhandlungen über das so genannte Integrationspaket verlaufen derzeit zwar positiv, aber schleppend. Der zuständige Ressortminister sieht die Sache damit durchaus realistisch, wenngleich er auch angekündigt hat, dass er das Integrationsgesetz mit dem Regierungspartner im neuen Jahr finalisieren will.

Aus Sicht der Gemeinden schwingt da der Wunsch mit, dass dies auch dann geschieht, wenn das Jahr 2017 noch nicht allzu sehr fortgeschritten ist, also noch nicht wirklich „neu“ ist. Denn angesichts der großen Aufgaben, die Österreich mit der Aufnahme von Flüchtlingen im vergangenen Jahr übernommen hat, wird dieses Gesetz ein Ergebnis liefern müssen, an dem nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Bundesländer und letztlich auch die Gemeinden und die gesamte österreichische Gesellschaft gemessen werden wird.



Schon lange hat kein Gesetzesentwurf so viel Symbolkraft entwickelt wie das Integrationsgesetz, und es kann festgestellt werden, dass ein solches Gesetz auch ohne den großen Flüchtlingsstrom des letzten Jahres auch zuvor schon sinnvoll und lohnend gewesen wäre.



Vorab ist festzustellen, dass Integration in rechtstechnischer Sicht eine Querschnittsmaterie ist, für welche die entsprechenden Rahmenbedingungen nur in Zusammenarbeit aller betroffenen Kompetenzträger geschaffen werden kann. Insofern kann auch ein Bundesgesetz in unserem föderalistischen Staat nur ein Teil einer großen Strategie zur Integration sein. Integration heißt übrigens das Anstreben eines unverletzten und einheitlichen Zustandes. Integrität kommt davon. In einem Bundesstaat heißt dies dann, dass alle Verantwortungsträger eine gemeinsame Linie zu finden haben. Bund, Länder und Gemeinden haben die Aufgabe, sich unter diese gemeinsame Strategie zu stellen, also auch sie haben sich im Wortsinn zu integrieren, sich in den Dienst eines gemeinsamen unverletzten Ganzen zu stellen.

Spracheerwerb, Arbeit und Grundwerte im Mittelpunkt



Wie Minister Kurz bereits über den Entwurf bekanntgegeben hat, soll im Mittelpunkt dieses Gesetzes der Spracherwerb, der Einstieg in den Arbeitsmarkt und die Vermittlung von Grundwerten stehen. Man könnte dies mit den Schlagworten, geistige Beheimatung, Befähigung und Beteiligung umschreiben. Mir ist dabei die Betonung der geistigen Beheimatung wichtig, da damit gravierende Vorbehalte gegenüber der neuen Heimat ausgeschlossen werden müssen. Integration ist ein geistiger Prozess, der zwar mit Maßnahmen z. B. vornehmlich des Spracherwerbs unbedingt einhergehen muss, aber nur oberflächlich gemessen werden kann.

Sozialen Zusammenhalt schaffen



Ziel der Integration kann es nicht sein, jedem Einwanderer ein Zertifikat über sein Österreichertum wie einen Gamsbart an den Hut zu stecken, sondern vielmehr auf eine Gesellschaft hinzuarbeiten, die sich durch einen sozialen Zusammenhang definiert, der Österreich heißt und das hält, was es verspricht: nämlich ein Gemeinwesen zu sein, das jedem Menschen in seiner persönlichen Eigenart und Herkunft eine Würde zugesteht, ihn mit Rechten und Pflichten ausstattet und dabei vor allem Verantwortung für die gemeinsam erkannten unveräußerlichen Werte einer westlichen Demokratie verlangt.



Umgelegt auf die Flüchtlinge heißt dies, dass ihnen mit Integrationsmaßnahmen Perspektiven für ein künftiges Leben in Österreich geschaffen werden, genauso, wie wir das ja auch mit Selbstverständlichkeit für unsere junge Generation tun, im Sinne des Förderns und des Forderns. Umgelegt auf die Bürgergesellschaft heißt dies, dass die Hochhaltung der Werte keine Lippenbekenntnisse sein dürfen. Auch gegenüber den Flüchtlingen müssen diese Werte gelebt werden, sonst sind sie schwer vermittelbar. Insofern haben sich gerade die freiwilligen Initiativen auf der untersten Ebene der Gesellschaft in den Gemeinden, Pfarren und Vereinen eine besondere Unterstützung und Förderung verdient.



Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung möglichst vieler Verantwortungsträger abhängt, und letztlich ist ja jeder hier lebende Mensch Träger von Rechten und Pflichten; er trägt Verantwortung, dass unser Gemeinwesen auch gelingt. Unser Land soll weiterhin ein Land mit hoher Lebensqualität und sozialem Zusammenhalt bleiben. Insofern müssen die Rahmenbedingungen für die Integration von Flüchtlingen möglichst breit und gut in der Gesellschaft verankert werden.



Föderalismus heißt auch Eigenverantwortung, aber bei besonders bedeutenden Fragen auch das Bekenntnis zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Dass die Einbindung vieler Ebenen nicht einfach ist und vielleicht auch so manche verzögernde „Ehrenrunde“ nötig macht, ist verständlich. Aber es muss doch bitte von allen am Zustandekommen Beteiligten erwartet werden können, dass sie dieses wichtige Unterfangen mit Hochdruck fördern, damit Österreich ein Integrationsgesetz bekommt, wenn das neue Jahr noch wirklich „jung“ ist.