Abmähen einer Frühlingswiese
Laut EU-Kommission sollen gewisse Flächen somit künftig „außer Nutzung“ gestellt bzw. die Bewirtschaftung umgestellt werden.
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Die Wiederherstellungsverordnung - ein heißes Eisen für die Landwirtschaft

Wie kein anderes Vorhaben des „Green Deals“ wird dieser Rechtsakt enorme Auswirkungen auf den Umgang mit der Natur und ihre Bewirtschaftung haben. Vertreter der Land- und Forstwirtschaft haben ebenso wie Wirtschaftsvertreter und die in vielen Kompetenzbereichen betroffenen Bundesländer Kritik am Kommissionsvorschlag geäußert.

Neben „allgemeinen“ Wiederherstellungszielen, die potenziell alle „wiederherstellungsbedürftigen“ Flächen EU-weit betreffen und damit Auswirkungen auf eine Vielzahl an Lebens- und Wirtschaftsbereiche haben können, enthält die Verordnung Anforderungen insbesondere an landwirtschaftliche Ökosysteme und Wälder. 

In der Landwirtschaft soll künftig etwa der Anteil an „nicht-produktiven“ Landschaftselementen „mit hoher biologischer Vielfalt“ erhöht werden. Die Mitgliedstaaten fordern hier Anpassungen, damit weiterhin eine biodiversitätserhaltende Bewirtschaftung möglich ist.

Zudem sollen nach Kommissionsvorschlag trocken gelegte Torfmoorflächen, die landwirtschaftlich genutzt werden, „wiederhergestellt“ und zu einem gewissen Prozentsatz verpflichtend „wiedervernässt“ werden, etwa durch Entfernen von Entwässerungsanlagen.

Laut Kommission sollen gewisse Flächen somit künftig „außer Nutzung“ gestellt bzw. die Bewirtschaftung umgestellt werden. Die Mitgliedstaaten fordern eine Verringerung dieser Wiedervernässungspflicht, wenn „wesentliche negative Auswirkungen“ auf Infrastruktur oder bestimmte andere „öffentliche Interessen“ zu befürchten sind.

Als weitere Wiederherstellungsmaßnahmen werden im Anhang etwa die „Aufgabe der Holzernte“, die „Aufgabe des Pflügens von Grünland“ oder das „Entfernen nicht-heimischer Pflanzen“ angeführt. Es bleibt offen, wie und wo dies umgesetzt werden soll. Auch seitens der Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments gibt es Bedenken, all diese Maßnahmen verpflichtend umzusetzen.

EU-Parlament sieht Risiko von Produktionsrückgängen und Preissteigerungen

Kritiker sehen durch diese Vorgaben an (Nicht-)Bewirtschaftung neben Grundrechtseingriffen eine Bedrohung der Versorgung mit heimischen Produkten. Daher hat auch das EU-Parlament die Zielvorgaben für die Landwirtschaft vorerst gestrichen.

Der verhandlungsführende Berichterstatter (César Luena, S&D) hat jedoch bereits in den Medien signalisiert, dass diese – nicht von seiner Fraktion eingebrachte, aber im Parlament mehrheitlich angenommene – Änderung für ihn im Trilog keine Priorität hat. Mangels alternativer „freier“ Flächen zur Zielerreichung werden aber auch die „allgemeinen“ Wiederherstellungsziele die Land- und Forstwirtschaft betreffen. 

Das zeigt auch der (begrüßenswerte) Vorstoß des EU-Parlaments einer vorübergehenden „Zurückstellung“ der Ziele, wenn „außergewöhnliche sozioökonomische Folgen“ vorliegen. Das wäre laut Parlament etwa dann der Fall, wenn sich Genehmigungsverfahren aufgrund von naturschutzbezogenen Restriktionen verzögern, die durchschnittlichen Lebensmittelpreise im Laufe eines Jahres um zehn Prozent steigen oder die Gesamtproduktion von Lebensmitteln in der EU um fünf Prozent zurückgeht. 

Ein Schritt vorwärts, zwei zurück

Offen bleiben weiterhin Fragen wie die konkrete Finanzierung dieser Maßnahmen, die Entschädigung potenzieller Ertragseinbußen oder der Umgang mit anderen, möglicherweise zur Zielerreichung notwendigen Eigentumseingriffen und welche Flächen herangezogen werden.

Der Abschluss der Verhandlungen auf EU-Ebene ist für heuer geplant. Dann gilt es, national einen praktikablen Weg zu finden, der die Anforderungen an Naturschutz und -erhalt mit dem Erhalt unserer Produktions- und Lebensgrundlagen und einer lebensfähigen heimischen Land- und Forstwirtschaft in Einklang bringt.