Eine flächendeckende Maut würde den Transport von Gütern in die ländlichen Räume verteuern.

Damit das Land nicht unter die Räder kommt

Der Österreichische Gemeindebund hat sich als Anwalt der kleineren und ländlichen Gemeinden aktiv mit der Diskussion um die Ausdehnung der Straßenmaut auf das niederrangige Verkehrsnetz auseinandergesetzt.





Die Linie zwischen Befürwortern und Gegnern einer flächendeckenden Maut  ist jedoch nicht leicht zu ziehen. Wichtig ist, sich hier nicht von einer Illusion des schnellen Geldes blenden zu lassen, das vielleicht wie ein Füllhorn auf die Länder und Gemeinden niederrieselt. Letztlich, und das muss einmal klargestellt werden, zahlen wir ja alle für die Aufrechterhaltung der Straßeninfrastruktur. Und genauso, wie es Argumente für eine Kostenwahrheit und Verursacherprinzip gibt, wird es auch Argumente dafür geben, dass es letztlich an der Gerechtigkeit der Mittelverteilung liegt.



Die Straße ist ein Universaldienst, der generell von der Öffentlichkeit aufrechterhalten wird. Dieser Dienst hat nicht nur die Aufgabe, dass der Austausch von Gütern und Leistungen erleichtert und die Wirtschaft dadurch belebt wird, sondern auch, dass die Menschen, wo immer sie auch ihren Wohnsitz haben, zumindest eine Option der Erreichbarkeit haben.

Liberalisierung hat entlegenen Räumen oft geschadet



Menschen, die in entlegenen Gebieten wohnen, haben daher ein sehr feines Sensorium, wenn es darum geht, neue Finanzquellen zu erschließen. Eine totale Liberalisierung hat diesen Gebieten nicht die bedeutenden Errungenschaften gebracht. Von gesplitteten Strompreisen oder Posttarifen, die diese Gebiete noch stärker belasten würden, wurde zwar schon länger nicht geredet, aber es ist schon allein ein Nachteil, aus entlegenen Bereichen an Dienste und Geschäfte heranzukommen, weil oft auch durch die dünne Besiedelung wenig Anreiz für Infrastrukturinvestitionen geboten wird. Der Kampf um die Infrastrukturmilliarde und der Breitbandausbau im ländlichen Raum darf hier in Erinnerung gerufen werden.



Kurz gesagt, die Versorgung mit Gütern im ländlichen Raum ist schon allein durch die längeren Anfahrtswege, durch höhere Infrastrukturkosten und Energieverbrauch pro Kopf nicht so billig wie in den Ballungsräumen. Diese Nachteile werden unter anderem durch höhere Mineralölsteuerbelastung aufgedoppelt.



Erreichbarkeit ist ein Wert, der durch die Daseinsvorsorge abgesichert werden muss. Daseinsvorsorge heißt, dass jene Leistungen, die die Menschen für die täglichen Notwendigkeiten des Lebens grundlegend benötigen, drei grundlegenden Kriterien genügen müssen:

Sie müssen


  1. in einer ausreichend abgesicherten Qualität,

  2. flächendeckend, das heißt für alle Menschen, und

  3. sozial ausgewogen angeboten werden.


Schieflage zulasten der entlegenen Räume



Für eine Maut, die für den Schwerverkehr nach dem Aufkommensprinzip eingehoben wird, verschärft das die Schieflage zulasten der entlegenen Räume. Freilich muss man konzedieren, dass höheres Aufkommen auch die Straßen stärker belastet, jedoch schlagen für die Grundausstattung eines leistungsfähigen Straßennetzes Fixkosten zu Buche, welche die Gemeinden mit langen, aber wenig frequentierten Straßen, einfach höher belasten. Siehe oben die Pro-Kopf-Ausgaben. Mit dem Gedanken einer flächendeckenden Maut soll der Transport also noch mehr verteuert werden. Und dabei wird auch nicht unbedingt nach dem Prinzip der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vorgegangen. Wenn bei einem solchen Plan die Verkäufer der Messtechnik überproportional verdienen und der Ausweichverkehr auch durch einfache Transitfahrverbote verhindert werden kann, scheinen noch nicht alle Argumente bewertet worden zu sein.



Erfahrungsgemäß ist es nämlich bei der Erschließung von neuen Finanzquellen immer so gewesen, dass diese nie auch annähernd den so nötig gebrauchten Finanzbedarf der kleinen und ländlichen Gemeinden decken konnten, weil der Löwenanteil immer in den Ballungsräumen versickert ist.



Erst im Zuge der Regierungsumbildung konnte man aufmerksam verfolgen, dass der durchaus mit dem Thema vertraute neue Infrastrukturminister Jörg Leichtfried dieses Thema angehen will. Wir wollen hoffen, dass er dieses Kapitel nicht leichfertig abhandelt und die Gemeinden im ländlichen Raum durch eine unproportionale finanzielle Ausstattung nicht noch mehr unter die Räder kommen.