Mäusebussard
Mäusebussard auf Beuteschau.
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Landwirtschaft

Wie Raubvögel helfen, Wasser am Feld zu halten

Lorenz Mayr, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer NÖ, über naturnahe Konzepte für den Wasserhaushalt, warum er auf seinen Äckern seit 20 Jahren keinen Pflug benutzt und warum Greifvögel eine entscheidende Rolle dabei spielen.

Wie stark beschäftigt sich die Landwirtschaft mit dem Thema Wasser?

Lorenz Mayr: Wir sind die Ersten, die das veränderte Klima spüren, weil wir unter freiem Himmel arbeiten. Wir haben oft sechs Wochen oder länger keinen Niederschlag. Und wenn der Niederschlag dann kommt, dann kommt er heftig, das heißt Starkregenereignisse, wo man dann alles unternehmen muss, dass der Regentropfen bei dir am Acker bleibt und nicht davonrinnt. Wenn er nämlich davonrinnt, dann ist dieses so wichtige Gut weg. Und zweitens nimmt es meistens einen Boden mit, was unsere Lebensgrundlage, unser Kapital ist, auf dem die Früchte wachsen, mit denen wir die Menschen in Österreich und Europa ernähren.

Was sind da die Strategien?

Da gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Etwa mit Begrünungen einen Bodenaufbau zu machen. Das sind Zwischensaaten, die man nach der Sommer-Getreideernte anbaut, die dann den Boden über den Sommer und Herbst bedecken und durchwurzeln. Diese sterben über den Winter ab, und im Frühjahr baut man dann die Zuckerrüben, die Erdäpfel, den Körnermais, Sonnenblumen an. Der Boden ist dadurch immer durchwurzelt. Das ist wichtig, dann hält er nämlich zusammen, das ist wie eine Eisenarmierung in Beton.

Außerdem ist der Boden immer bedeckt. Wenn Regentropfen direkt auf die Erde klatschen, zerstören sie die Bodenaggregate, dann macht der Boden dicht, es kann kein Wasser mehr eindringen. Wenn er bedeckt ist, wird er über die Pflanzen gebremst und das Wasser kann dann langsam über die vielen Regenwurmgänge und Wurzellöcher, die noch vorhanden sind, in den Boden.

Lorenz Mayr
Lorenz Mayr, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich: „ Der wichtigste Punkt ist, das Wasser auf dem Feld zu halten.“

Keine Bodenbearbeitung heißt kein Pflug?

Ich habe schon seit über 20 Jahren keinen Pflug mehr im Einsatz. Die Bodenlockerung machen bei uns die Wurzeln dieser Zwischenfrüchte. Das heißt aber, dass man das ganze System umstellen muss. Im Frühjahr werden ohne Bodenbearbeitung bei uns Zuckerrüben, Mais, Sonnenblumen, angebaut, das heißt, es braucht Spezialmaschinen dazu, die natürlich einiges kosten, aber wir schaffen es so, dass man Boden und das Wasser auf unseren Feldern hält.

Jeder Regentropfen, der am Feld bleibt, kann die Kulturpflanze dann in einem späteren Zeitpunkt, wenn es dann wieder trocken ist, aufnehmen und in Ertrag umwandeln. Und somit haben wir zwei Mal gewonnen: Auf der einen Seite, wenn es stark regnet, überschwemmen wir nicht die Ortschaften, wir vermuren keine Keller, wir belasten nicht unnötig die Bäche und andererseits bleibt das Wasser auf unseren Feldern. 

Viele Landwirte sagen, sie müssen trotzdem pflügen, um Bodensäugetiere wie Mäuse in Zaum zu halten.

Ich habe da schon seit zehn Jahre Julen bei uns auf den Feldern stehen, das sind vier Meter hohe Stangen, auf diesen sitzen Bussarde, Falken, Habichte und fangen die Mäuse weg. Das heißt natürliche Bekämpfung. 

Also die Greifvögel helfen mit, das Wasser in der Region zu halten?

Ja, das kann man so sagen. Ich muss nämlich nicht den Boden umdrehen, dass ich die Mauslöcher zerstöre. Die Greifvögel sind mindestens ebenbürtig, man sieht am Gewöll unter den Stangen, wie viele Mäuse ein so ein Vogel wegputzt. 

Manche Bauern meinen, es bringt etwas, quer zum Hang zu pflügen, um das Wasser zu halten.

Ja, aber wenn dann so ein Starkregen kommt, bringt das nicht viel. Wir haben es schon oft gesehen bei Erdäpfelreihen quer zum Hang, wenn dann ein Damm durchbricht, ist es wie ein Schneeballeffekt, dann brechen alle und dann wird der Abfluss sogar noch mehr. Bei den Erdäpfeln machen wir Zwischendämme der Länge nach und bauen in der Kultur noch Hafer mit rein, der diese Dämme durchwurzelt. Somit hat man zigtausend kleine Auffangbecken auf einem Hektar.

In letzter Zeit werden verstärkt auch Rückhaltebecken zur Bewässerung angelegt.

Der wichtigste Punkt ist, das Wasser auf dem Feld zu halten. Erst der zweite Punkt ist dann in der Region das Wasser rückzuhalten mit kleinen Auffangbecken, am besten, wenn man eine Doppelnutzung zusammenbringt. Das heißt, das Wasser in Form von Retentionsbecken und Speicherteichen gleichzeitig zu nutzen und somit in der Region zu halten. Wenn das Wasser dort steht, dann verdunstet es wieder und wenn es verdunstet, dann kühlt auch die Temperatur ab. 

Es gibt aber auch weite Gebiete Niederösterreichs, in denen es trotz der Maßnahmen zu trocken ist. Was macht man da? 

Im Trockengebiet im Osten Niederösterreichs werden 60 % des Getreides 65 % der Erdäpfel und 60 % des Gemüses für Österreich produziert. Dort sind solche Trockenphasen, wo gar nichts wächst oder sogar die Ernte eingehen kann, ein riesengroßes Problem. Im Marchfeld, im Tullner Becken oder um Wiener Neustadt haben wir  circa 100.000 Hektar, wo wir bereits bewässern können, weil Brunnen vorhanden sind.

Das heißt, man kann Maßnahmen setzen, um so kurze Trockenheiten zu überbrücken. Beim Erdapfel ist es zum Beispiel so: Wenn der im Juli schon seine Knollen angesetzt hat, aber dann lange kein Wasser bekommt, kann das fast zu einem Totalausfall führen. Eine Beregnung von 30-40 Millimeter würde alles retten und die Versorgung für 1,35 Millionen Menschen sichern.

Und wo es keine Brunnen gibt?

Da gibt es Überlegungen, Donauwasser dorthin zu bringen. Das hat neben der Versorgungssicherheit auch andere Gründe: Wir haben sehr viel verarbeitende Industrie, etwa die AGRANA, die zwei Zuckerfabriken und eine Stärkefabrik hat, in Pischelsdorf Ethanol und Eiweiß macht, genauso wie in Aschach. In Hollabrunn werden Pommes für Österreich und Italien gemacht. Kellys verarbeitet die Chips, die Firma Jungbunzlauer ist mit Zitronensäure Weltmarktführer.

Die brauchen alle Rohstoffe aus der Region und manche sagen, wenn ich meine Rohstoffe nicht sicher bekomme, muss ich mit meinem Betrieb auswandern. Das heißt, es geht auch um sehr viele Arbeitsplätze, wenn wir die Rohstoffe nicht vor Ort produzieren können.

Wie will man das Donauwasser fördern?

Es gibt fünf verschiedene, geplante Stränge für Rohrleitungen. Aber man darf sich nicht vorstellen, dass da ein Sauger in der Donau ist und dann drückt jemand auf einen Knopf und es sprüht überall raus. Da werden wieder Speicherteiche eine wichtige Aufgabe übernehmen, dass man die vor allem in Zeiten füllt, wo in der Donau mehr als genug Wasser ist. Die Donau macht 1800-2000 Kubikmeter in der Sekunde. Im Vollausbau wird man, wenn wir das ganze Trockengebiet bewässern, zirka 15 bis 18 Kubik in der Sekunde brauchen. Also nicht einmal ein Prozent des Donauwassers. 

Der Beitrag erschien in der Ausgabe 7/2023 der NÖ Gemeinde.