vernetzte Häuser
Um welchen Bereich der Daseinsvorsorge es auch geht, immer ist die Digitalisierung Teil davon. Sie ist allgegenwärtig und hat unser tägliches Leben durchdrungen.
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Daseinsvorsorge

Was ist kommunale Infrastruktur?

Wie entwickeln die Gemeinden ihre Einrichtungen für die Daseinsvorsorge weiter? Welche Trends sind erkennbar und was braucht es, um für die Zukunft gewappnet zu sein?

Die kommunale Infrastruktur bildet das Fundament einer Gemeinde und gewährleistet ihre soziale und wirtschaftliche Handlungsfähigkeit. Sie umfasst die technische Infrastruktur, zu der beispielsweise die Energieversorgung, das Internet und der Verkehr zählen, ebenso wie die soziale Infrastruktur, die Bildung, Fürsorge, Gesundheit und Kultur einschließt, sowie die grün-blaue Infrastruktur, bestehend aus natürlichen und naturnahen Flächen, Parks und Gewässern.

Die soziale Infrastruktur wird im Vergleich zur technischen Infrastruktur zunehmend bedeutender und als entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Gemeinden und Regionen betrachtet. Seit geraumer Zeit zeichnen sich mehr oder weniger starke Tendenzen ab, die darauf hindeuten, welche Bedürfnisse für die kommunale Infrastruktur bestehen und wohin sich die Gemeinden entwickeln müssen.

An den Klimawandel anpassen

Da wäre zunächst der Klimawandel und die Anpassung daran. Bis 2040 strebt Österreich Klimaneutralität an, wobei die Gemeinden eine entscheidende Rolle spielen.

Immer mehr Bürgermeister setzen auf erneuerbare Energien, doch die Schaffung der benötigten Infrastruktur stellt eine Herausforderung dar. Effektive Lösungen erfordern eine Ist-Analyse und das Fördern einer nachhaltigen Mobilität. Eine gute Energieraumplanung und lokale Stromversorgung sind entscheidend für Energieeinsparungen.

Die thermische Sanierung gemeindeeigener Gebäude hat vielerorts Priorität, ebenso wie Beratung und Förderungen für die Einwohner. Die Unterstützung von Unternehmen durch Umweltförderungen und der Aufbau von Energie- und Klima-Modellregionen werden durch spezifische Fonds gefördert. Intelligente Mobilitätskonzepte und optimierte Straßenbeleuchtung sind ebenfalls gefragt, um Verkehr zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern.

Straßen und Verkehr

Der Verkehr und mit ihm das gesamte Mobilitätsverhalten ändern sich sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum, allerdings auf unterschiedliche Weise. Gut organisierte Rad- und Fußgängerwege sowie der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel sind angesagt. Immer mehr Gemeinden erkennen die Bedeutung von Fahrradwegen und investieren in ihre Entwicklung.

Auch die Bevölkerung ist sich bewusst, dass die Straßeninfrastruktur den heutigen Bedürfnissen angepasst werden muss – unter Berücksichtigung der Gesetzeslage und in enger Zusammenarbeit mit Polizei und Behörden. Begegnungszonen, 30er-Zonen, Verkehrsberuhigung und ein breit gefächertes Angebot an Fortbewegungsmitteln entstehen nicht nur in Ballungszentren, sondern selbst in den kleinsten Gemeinden.

Das Problem der letzten Meile stellt aber nach wie vor ein scheinbar unlösbares Problem dar, das virulenter ist, je dünner die jeweilige Region besiedelt ist.  

Kinderbetreuung 

Ausgeweitete Kinderbetreuung und der Ausbau von Kindergartenplätzen, speziell auch der Ganztagsbetreuung, ist österreichweit bemerkbar. Projekte zur Kinderbetreuung sind dringend notwendig und zukunftsorientiert. Bereits vor der Pandemie fehlten Tausende Betreuungsplätze in Österreich. Die stetig steigenden Lebenskosten zwingen viele Eltern zur Berufstätigkeit.

Die traditionelle Großfamilie ist dazu selten geworden. Daher sind mehr Kindergartenplätze und alternative Betreuungsorte notwendig. Die Einrichtung und Erhaltung von Betreuungsplätzen setzt Gemeinden oft unter Druck, besonders bei kurzfristigem Handlungsbedarf. Die Planungen sind daher langfristig und umfangreich anzulegen und berücksichtigen Faktoren wie Bevölkerungsentwicklung, Arbeitsplatzangebot, Fertilität und Zuwanderung. Eine durchdachte Kinderbetreuung verbessert die Lebensqualität und die Standortattraktivität einer Gemeinde erheblich.

Pflege

Nicht nur die Betreuung der Jüngsten, sondern auch die der Ältesten ist eine zunehmend wichtige Thematik. Die steigende Anzahl pflegebedürftiger Senioren stellt Gemeinden vor enorme Herausforderungen in der Pflegevorsorge.

Der demografische Wandel treibt die Nachfrage nach stationärer Pflege an, erfordert aber auch eine gut durchdachte soziale Infrastruktur, die Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, Altenheime, Pflegedienste und mehr umfasst. Das Aufrechterhalten unseres Gesundheitssystems wird immer schwieriger. Der Ausbau mobiler Dienste für ältere Menschen sowie betreutes Wohnen sind wichtige Schwerpunkte.

Da das Pflegepotenzial in Familien abnimmt, brauchen Gemeinden zukunftsorientierte Konzepte, um allen Bürgern ein gutes Leben zu ermöglichen. Finanzierung und der drohende Arbeitskräftemangel im Pflegesektor sind heiße Themen. Bürgermeister sind oft die ersten Ansprechpartner für Pflegefragen und müssen Lösungswege finden, um die Bedürfnisse älterer Menschen zu erfüllen. Die Art und Weise, wie eine Gemeinde sich um ihre Senioren kümmert, beeinflusst oft die Stimmung und das Wohlbefinden der gesamten Gemeinschaft. 

Ärztemangel

Mancherorts wird das Konzept der Community Nurses als Ergänzung und Unterstützung forciert, allerdings kann es das grundlegende Problem des nächsten, leider negativen Trends nicht beheben: den Ärztemangel.

Dabei gibt es nicht grundsätzlich zu wenig Ärztinnen und Ärzte. Es gäbe genug Ärzte im Land. Das Problem liegt an den Strukturen. Die Bürokratie belastet Ärzte und kostet Patienten Zeit. Zudem vergeben die Kassen zu wenige Verträge.

Junge Ärzte finden das Landleben oft wenig attraktiv, da es ihnen an Perspektiven und angemessener Entlohnung mangelt. Die Anforderung, ständig verfügbar zu sein, ist nicht mehr zeitgemäß und unattraktiv. Viele ländliche Gemeinden haben gar keinen niedergelassenen Arzt mehr. Junge Ärzte aufs Land zu locken, ist für Gemeinden schwer umsetzbar.

Die entscheidenden Parameter liegen zumeist außerhalb ihres Einflussbereiches. Gemeinschaftspraxen und Primärversorgungszentren sind die Hoffnungsschimmer am Horizont, doch wie adäquat sie für welche Regionen und welche Patientenbedürfnisse sind, ist höchst unterschiedlich.  

Breitband und Digitalisierung

Um welchen Bereich der Daseinsvorsorge es auch geht, immer ist die Digitalisierung Teil davon. Sie ist allgegenwärtig und hat unser tägliches Leben durchdrungen.

Ob in der Gesellschaft, der Politik oder der Wirtschaft - ohne Internet läuft heutzutage kaum noch etwas. Gerade deshalb muss man sich fragen, warum im internationalen Vergleich  Österreich im Jahr 2023 im Bereich des Festnetzinternets um einen Platz abgerutscht ist und nun auf Platz 59 von 181 Ländern liegt. Mit einer durchschnittlichen Mediengeschwindigkeit von 83,29 Mbps befindet sich Österreich knapp vor Grenada und hinter Paraguay. Besonders in ländlichen Gebieten ist die Bereitstellung schnellerer Internetgeschwindigkeiten eine große Herausforderung.

Die Breitbandstrategie 2030 hat das ambitionierte Ziel, Österreich bis zum Jahr 2030 flächendeckend mit symmetrischen, gigabit­fähigen Zugangsnetzen auszustatten. Doch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stoßen immer noch auf unüberwindbare Hindernisse beim Ausbau von Breitband-Datennetzen, sei es durch fehlende Fördermittel oder bürokratische Hürden. Umso wichtiger, aber auch mühsamer ist es, dahingehend nicht nachzulassen. 

Eine Förderung aus dem Kommunalen Investitionsprogramm ermöglicht mancherorts den Startschuss für die Grabungsarbeiten. Die großen Netzbetreiber betonen zwar immer wieder, dass ein stärkerer Fokus auf den peripheren Raum gelegt werden soll, doch bleibt fraglich, ob darunter nur regionale Zentren oder auch entlegenere Gemeinden verstanden werden.

Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind oft die treibende Kraft beim Breitbandausbau in ihren Gemeinden, doch aufgrund finanzieller Engpässe, nicht bewilligter Förderungen, komplizierter Verfahren und örtlicher Gegebenheiten fühlt es sich oft an, als müsse man gegen Windmühlen kämpfen. 

Energiegewinnung

Sowohl bürokratische als auch technische Hürden stellen sich den Gemeinden auch bei den Bestrebungen zur nachhaltigen Stromerzeugung in den Weg.

Energiegemeinschaften sind eine vielversprechende Option, damit Bürgerinnen und Bürgern sowie lokale Unternehmen gemeinsam erneuerbare Energie produzieren, nutzen und teilen können. Durch diese Kooperationen wird nicht nur die Abhängigkeit von konventionellen Energiequellen verringert, sondern auch die lokale Wirtschaft gestärkt.

Geothermie ist eine weitere attraktive Alternative, die in vielen österreichischen Gemeinden großes Potenzial bietet. Durch die Nutzung von Erdwärme können Gemeinden ihre Heiz- und Stromversorgung auf umweltfreundliche Weise sicherstellen. Besonders in Gebieten mit geothermischen Ressourcen profitieren Gemeinden von dieser nachhaltigen Energiequelle und reduzieren gleichzeitig ihre CO₂-Emissionen.

Ein innovatives Projekt, das derzeit im Raum Vöcklabruck vorangetrieben wird, ist die Produktion und Wasserstoffspeicherung unter Tage. Diese Technologie ermöglicht es Gemeinden, überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen in Form von Wasserstoff zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen. Dadurch können die örtlichen Gemeinden ihre Energieversorgung flexibler gestalten und gleichzeitig zur Entwicklung von Wasserstoff als sauberem Energieträger beitragen.

Neben diesen spezifischen Ansätzen gibt es auch andere nachhaltige Energieerzeugungsformen, die für österreichische Gemeinden schon länger state-of-the-art sind. Solarenergie durch Photovoltaikanlagen, Windenergie durch Windkraftanlagen und Biomasse sind etablierte Technologien, die weiterhin dazu beitragen können, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Zukunft zu fördern.

Insgesamt stehen österreichischen Gemeinden im Jahr 2024 eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Verfügung, um ihre Energieversorgung nachhaltiger zu gestalten. Durch die gezielte Nutzung alternativer Energiequellen können Gemeinden nicht nur ihre Umweltbilanz verbessern, sondern auch langfristig von stabilen und kosteneffizienten Energieversorgungslösungen profitieren. Ist in puncto Energiewende also alles super? ­Leider nein. Das Infrastruktur-Problem verlagert sich in diesem Zusammenhang zunehmend auf die Leistungsfähigkeit der Stromnetze und die Logistik der Einspeisungs- und Entnahme­kapazitäten, wobei Gemeinden unglücklicherweise kaum zur Lösung beitragen können.