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So laufen die Finanzausgleichsverhandlungen

Mutig in die neuen Zeiten - Der Text ist zwar schon ein Dreiviertel-Jahrhundert alt, dennoch könnte und sollte der Beginn der dritten Strophe unserer Bundeshymne auch als Leitspruch für die aktuellen Verhandlungen zum Finanzausgleich ab dem Jahr 2024 dienen.

Vor allem im Gesundheitswesen und im Pflegebereich braucht es dringend mutige Reformen, gegen überlastete Ambulanzen, Unterversorgung im ländlichen Raum, fehlendes Personal und gegen die ausufernden Kosten auf Landes- und Gemeindeebene. Aber auch in den Kernbereichen des Finanzausgleichs besteht Handlungsbedarf.

Beispielsweise braucht es eine Erhöhung der gemeinsamen Dotation für die Investitionen in die Siedlungswasserwirtschaft, mehr Unterstützung für strukturschwache Gemeinden und vor allem eine substanzielle Erhöhung der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden, um ihre Pflichtaufgaben auch weiterhin erfüllen zu können.

Herausforderungen werden nicht kleiner

Die fiskalischen Herausforderungen sind in den letzten Monaten nicht gerade geringer geworden. Die Inflation hält sich hartnäckig, die Zinsen werden von der EZB immer weiter erhöht (der 6-Monats EURIBOR lag vor einem Jahr noch im Minus und nun bei fast vier Prozent) und die Gehaltsabschlüsse liegen teilweise schon über der Zehn-Prozent-Marke.

Dem stehen im heurigen Jahr gegenüber dem Vorjahr sogar leicht rückläufige Ertragsanteile gegenüber (Stichwort Steuerreformen – wie die Abschaffung der kalten Progression), wie die untenstehende Tabelle mit der aktuellen Ertragsanteile-Prognose des BMF bis 2027 zeigt.

Ertragsansteile

Das sozusagen natürliche jährliche Wachstum der Steuereinnahmen und Ertragsanteilen liegt in Normaljahren im Bereich von vier bis fünf Prozent, was nach BMF-Einschätzung ab 2024 auch wieder der Fall sein soll. Dem stehen auf kommunaler in den meisten Bereichen aber deutlich höhere Ausgabensteigerungen gegenüber. Nachdem spätestens 2023 allfällige Polster aus dem überraschend guten Jahr 2022 aufgebraucht sind, werden die kommenden Jahre eine große Herausforderung für die Gemeinden werden.

Ohne Bewegung keine Reformen

Seit Mitte Jänner tagen im Zwei-Wochen-Rhythmus die drei Arbeitsgruppen (AG Finanzausgleich Kernthemen, AG Gesundheit und AG Pflege). Zur AG Gesundheit wurden nach und nach auch noch mehrere Unterarbeitsgruppen eingesetzt.

Nachdem in der ersten Phase der Finanzausgleichsverhandlungen im Jänner und Februar vor allem die grundlegenden Forderungspapiere mit teils deutlich überzogenen Erwartungen ausgetauscht wurden, erfolgten seither in den Arbeitsgruppen sehr konstruktive Gespräche.

Eine Vielzahl von Konzepten und Lösungsvorschlägen liegt auf dem Tisch. Im Gesundheitsbereich signalisieren die Länder unterstützt von der Gemeindeebene seit Monaten große Reformbereitschaft und sind dafür auch bereit, etwa den Sozialversicherungen Mitsprache im Krankenanstaltenbereich einzuräumen. Bis Mai mit überschaubarer Resonanz auf Seiten des Bundes, der in den zentralen Themen der zuständige Gesetzgeber ist, und auch auf Seiten der Sozialversicherung, die sich in den Verhandlungen gerne auf ihr Selbstverwaltungsrecht zurückzieht.

Erstes Entgegenkommen des Bundes

Wenngleich die zweite politische FAG-Runde am 2.5.2023 keine großen Fortschritte brachte, kann sie möglicherweise doch als Wendepunkt der Verhandlungen angesehen werden. Zum einen ist das BMF von einigen Radikalforderungen wie dem Auslaufen der gemeinsamen Förderung der Siedlungswasserwirtschaft oder des Strukturfonds abgerückt, zum anderen zeichnete sich in den Folgewochen vor allem im Gesundheitsbereich Bewegung ab.

Nachdem sich Mitte Mai der Gesundheitsminister und die Länder bereits angenähert hatten, kündigte der Finanzminister wenige Tage danach an, dass der Bund durchaus bereit ist, für strukturelle Reformen Geld zur Verfügung zu stellen. Letztlich braucht es aber nicht nur das Geld, sondern auch den Mut, Reformen selbst bei stürmischem Gegenwind einzelner Stakeholder durchzuführen.

Durchaus positiv wiederum haben Gemeindebund und Städtebund die Aufforderung des Finanzministers im Rahmen der Sitzung am 2.5.2023 aufgenommen, doch ihre Vorstellung für eine Reform der Grundsteuer B vorzulegen.

Wenngleich die Gemeindebünde in den letzten Jahren den verschiedenen Finanzministern schon einige Reformvorschläge (von einer vereinfachten Einheitsbewertung, über das Grazer- bis hin zum Altlengbacher-Modell) zur Grundsteuer B gemacht haben, werden wir dieser Aufforderung in den nächsten Wochen gerne nachkommen. Klar ist hierbei aber, dass im Fall einer Reform die politische Verantwortung für allfällige Steuererhöhungen wohl nicht vom Bund übernommen werden wird.

Die nächsten Schritte

Im Juni sollen die Verhandlungen auf Expertenebene weitgehend abgeschlossen sein. Natürlich werden dann noch längst nicht alle Zahlen vereinbart oder Reformwege fixiert sein, sondern es wird vor dem Sommer abermals eine politische Runde brauchen, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen, damit im Sommer die legistischen und die Arbeiten am Paktum erfolgen können.

Eine der zentralen Forderungen der Länder und Gemeinden, die in der besonders starken Ausgabendynamik in Bereichen wie Gesundheit, Pflege und (Elementar)Bildung begründet liegt, wird wohl erst ganz am Ende der FAG-Verhandlungen entschieden werden. Nämlich jene nach der notwendigen deutlichen Erhöhung des einheitlichen Abgabenschlüssels, also der vertikalen Ertragsanteile der Länder und Gemeinden.