Reka Fekete: „Ich habe einen starken Gerechtigkeitssinn und ein ganz großes Bedürfnis, mitzuwirken, mitzureden, mitzugestalten und Sachen zu optimieren.“
© Marktgemeinde Au am Leithaberge

Nahaufnahme

Null Toleranz bei Ungerechtigkeit

Réka Fekete ist die erste Frau an der Spitze der Marktgemeinde Au am Leithaberge. Seit einem guten Jahr ist sie dabei, mit den angehäuften Missständen im Ort aufzuräumen.

Die Bürgermeisterin von Au am Leitha­berge wurde als Angehörige der ungarischen Volksgruppe im rumänischen Siebenbürgen geboren. Genau genommen heißt die 34-Jährige daher Fekete Réka, denn im Ungarischen wird der Familienname immer zuerst genannt.

Unter dem Ceaușescu-Regime wurde die ungarische Minderheit im Land diskriminiert und unterdrückt. Nachdem sich die Situation auch nach dessen Ende nicht besserte, flohen ihre Eltern nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mit der ­damals zweijährigen Réka nach Österreich.

Anfangs lebten sie in verschiedenen österreichischen Ortschaften, je nachdem, wo gerade eine Unterkunft verfügbar war. In Mitterndorf an der Fischa bezogen sie schließlich ein Reihenhaus. Die kleine Réka kam in den ­Kindergarten und lernte Deutsch. Zum Ende ihrer Volksschulzeit hin fanden die Eltern nicht weit entfernt ein Haus in Au am Leithaberge, das sie erwerben konnten. Seitdem ist Au die Heimat von Fekete Réka.

Schon immer engagiert

Von dort aus besucht sie das Gymnasium Kurzwiese in Eisenstadt, nach der Matura zieht es sie zur darstellenden Kunst. Bis zur Aufnahme an der Schauspielschule studiert sie Kultur- und Sozialanthropologie. Als sie mit Abschluss der Schauspielausbildung zum zweiten Mal Mutter wird, wechselt sie an die Pädagogische Hochschule und wird Volksschullehrerin. Im Gemeindeleben engagiert sich Fekete seit jeher und hilft mit, wo immer helfende Hände benötigt werden. Sie kellnert bei Festen, hilft beim Bauernmarkt oder dolmetscht bei der Ungarn-Reise der Kameradschaftsgruppe. Passend zu ihrer Ausbildung kümmert sie sich auch um das Theater für Kinder.

Es waren sicherlich auch die früheren Erfahrungen ihrer Eltern, die Fekete geprägt haben:

„Ich habe einen starken Gerechtigkeitssinn und ein ganz großes Bedürfnis, mitzuwirken, mitzureden, mitzugestalten und Sachen zu optimieren. Seit ich denken kann, habe ich versucht, irgendeinen Weg zu finden, diese Bedürfnisse zu kanalisieren. Ich habe mich in verschiedensten Gruppierungen und Jugendorganisationen eingebracht, aber nie die Institution gefunden, mit der ich mich hundertprozentig identifizieren konnte bzw. langfristig und nachhaltig ein Engagement entfalten hätte können.“

Das ändert sich 2014, als sie gefragt wird, ob sie Lust hätte, sich politisch in der Gemeinde zu engagieren. „Das war großartig und kam wie gerufen. Ich realisierte, dass das exakt das war, was ich tun wollte“, erzählt Fekete. „Meine Eltern waren darüber nicht überrascht und meinten, schon als kleines Kind hätte ich gesagt, ich möchte Politikerin oder Anwältin werden. Ich glaube aber, Anwältin wäre ihnen noch lieber gewesen“, lacht die Bürgermeisterin.

2015 tritt Fekete für die ÖVP an und wird in den Gemeinderat gewählt. Sie macht die Ausbildung zur diplomierten Kommunalmanagerin und studiert anschließend Schulmanagement. 2020 folgt schließlich ihr Aufstieg in den Gemeindevorstand. Fekete übernimmt die Agenden für Bildung und Kinder. Etwa zeitgleich wird sie zum dritten Mal Mutter.

Der Weg ins Bürgermeisteramt

Während es für Fekete persönlich stetig vorangeht, läuft es in der Gemeindepolitik alles andere als rund. Der Bürgermeister, der 2010 auf unschöne Weise seinen Vorgänger gestürzt hatte, verprellt durch seine Art der Amtsführung letztendlich nahezu alle Gemeinderäte. Die Vorwürfe: Wichtige Informationen werden vorenthalten, Falschinformationen verbreitet, Termine und Vereinbarungen nicht eingehalten und Gemeinderatsbeschlüsse nicht vollzogen.

Die Missstände werden immer schlimmer, sodass im August 2021 die gesamte Opposition und mit ihr Teile der regierenden Bürgerliste ZUM geschlossen zurücktreten. In einem Brief informieren die Gemeinderäte von ÖVP und SPÖ sowie ihre freien und unabhängigen Kollegen die Aurer und Aurerinnen über ihre Beweggründe. Beispielsweise fehlten Kaufverträge für Grundstücke der Gemeinde, ein Grund, weshalb das Freibad nach der Pandemie nicht wieder öffnete, und noch einiges mehr.

Mehr als genug jedenfalls, um Feketes Gerechtigkeitssinn zu triggern: „Manche Bürger haben ihre Sachen ganz schnell bekommen und manche gar nicht. Das ist etwas, das ich überhaupt nicht verstehen kann.“ Fekete tritt zur Wahl an und wird Ende März 2022 neue Ortschefin. „Bei mir gibt es die gleiche Bearbeitungszeit für jede Person, egal in welchem Verhältnis wir zueinander stehen“, stellt sie klar.  

Gemeindeamt Au am Leithaberge
Das Gemeindeamt von Au am Leithaberge ist in die benachbarte ehemalige Bankfiliale übersiedelt und ist nun endlich barrierefrei. 

Was macht Fekete nun, da sie Bürgermeisterin ist? „Aufräumen! Seit einem Jahr bin ich am Erfassen, Sanieren und Kategorisieren. Es gibt aus den letzten zwölf Jahren wirklich genug aufzuarbeiten.“

Und einmal mehr ist Fekete wieder am Lernen, „denn es gibt keine Referatsleiter für einzelne Themenbereiche. Ich muss in allem fit sein. Die erste Phase war noch ­verhältnismäßig leicht – alle Gesetze durcharbeiten, von der Gemeindeordnung über die Straßenverkehrsordnung bis zum Forstgesetz. Das Soziale, Juristische und Organisatorische liegt mir nämlich. Aber alles Technische muss ich mir wirklich hart erarbeiten und bin da sicher noch nicht top. Darum bin ich sehr froh, dass ich einen engagierten und geschickten Vizebürgermeister habe, der mich betreffend Kanal und allen baulichen Gegebenheiten unterstützt.“ 

Gemeinsam mit dem Vize hat Fekete auch das Gemeindeamt ins Nachbarhaus übersiedelt, eine ehemalige Sparkassen-Filiale. Dadurch ist es endlich barrierefrei. Diese Anforderung bestand zwar schon seit Jahren, wurde aber nicht umgesetzt. 

Kindergarten in Au am Leithaberge
Im frei gewordenen alten Gemeindeamt haben Réka Fekete und ihr Team eine dringend benötigte neue Kinderbetreuungsstätte eingerichtet. 

„Nachdem wir die letzten Kisten aus den Räumlichkeiten des alten Gemeindeamtes geschleppt hatten, kam uns die Idee, dort eine Art Kinderkrippe einzurichten. Wir hatten schon lange Platzprobleme im Landeskindergarten. Die Kinder mussten monatelang warten und man ist ständig von einem Akutfall zum nächsten gestolpert. Die Übersiedlung war Ende November und bereits mit 14. Februar haben wir die neue Krippe eröffnet“, berichtet die Bürgermeisterin stolz. „Dafür haben alle zusammen­geholfen, von den Mitarbeitern bis zum Gemeinderat. Das innige Gemeinschaftsgefühl hat uns richtig gutgetan!“

Ein Zeichen für die starke Gemeinschaft im Ort ist neben dem regen Vereinsleben auch die Unkrautkiller-Gang. Das ist eine ­freiwillige Ansammlung (kein Verein) von Aurern und Aurerinnen, die spontan einsprangen, als die für Grünraumpflege zuständige Person kurzfristig ihren Job wechselte. 

Unkrautkiller Au am Leithaberge
Die „Unkrautkiller-Gang“ von Au kümmert sich eigeninitiativ um die Grünraumpflege  im Ort. Mittlerweile begeistern sich die engagierten Bürger und Bürgerinnen auch für andere Maßnahmen zur Ortsverschönerung.   

Das Unkraut war schnell beseitigt, die Gruppe blieb jedoch zusammen und macht sich seitdem mit viel Einfallsreichtum daran, den Ort zu verschönern. Der Ortsgemeinschaft zuliebe haben die Aurer auch ihr Freibad wieder reaktiviert. Es ist zwar auf dem technischen Stand der 60er-Jahre, mit manueller Chlorierung, benötigt ständige Frischwasserzufuhr und hat weder Rutsche noch sonstige Attraktionen, die es für Leute von außerhalb attraktiv machen ­würden. „Aber es ist ein sozialer Treffpunkt für alle Altersklassen, den ich so sonst noch nirgends gesehen habe“, konstatiert Fekete. Eher früher als später müsse man aber etwas tun. Sie favorisiert dabei die Idee eines Naturschwimmbades. Auf alle Fälle soll das Bad erhalten bleiben, die Aurer sind nämlich ziemlich stolz auf ihre vergleichsweise gute Infrastruktur und hohe Eigenständigkeit. 

Die rund 16 km² große Marktgemeinde bildet den südlichsten Zipfel des Bezirks Bruck an der Leitha, grenzt ans Burgenland und abgesehen von ein paar Motorradfahrern, die das kurvenreiche Leithagebirge schätzen, kommen nicht allzu viele Ortsfremde hier vorbei.

Ortseinfahrt Au am Leithaberge
Die Ortseinfahrt von Au am Leithaberge.

Dennoch hat Au bei nicht einmal tausend Einwohnern eine eigene Volksschule, einen Kindergarten, die Tagesbetreuungseinrichtung, ein Feuerwehrhaus, eine eigene Wasserversorgung und Kläranlage, ein Altstoffsammelzentrum, Tennisplatz und Sportplatz, einen kleinen Spar als Nahversorger direkt im Ortszentrum, drei Wirtshäuser, einen Badesee, eine Kulturhalle und das ehemalige „Milchhaus“ als Treffpunkt der Jugend und einiger anderer Gruppen. 

Kein Wunder, dass die Aurer auch ihr Freibad in dieser Auflistung keinesfalls missen möchten.   

Gegenwärtig herrscht in Au nach Langem wieder Aufbruchsstimmung und die neue Bürgermeisterin bemüht sich mit aller Kraft, den Usus der Vergangenheit mit bevorzugten und benachteiligten Bürgern in Vergessenheit geraten zu lassen. Ein Beispiel dafür ist die neue Bürgerfragestunde, bei der alle Aurer vor der Gemeinderatssitzung und vor den versammelten Gemeinderäten persönlich ihre Anliegen vorbringen können. 

„Der Antrag kam von der Opposition und er ist gut. Darum haben wir ihm einstimmig zugestimmt“, erklärt Fekete. Die Bürgermeisterin, die einst als Flüchtlingskind nach Österreich kam, kann sich durchaus vorstellen, ihren Sinn für Gemeinschaft und Gerechtigkeit auch auf höherer politischer Ebene einzusetzen. 

„Jetzt gilt es aber erst einmal, die Gemeinde gut zu führen. Wir haben in kurzer Zeit schon viel erreicht. Aber es ist noch Luft nach oben und da geht sicherlich noch mehr.“   

Au am Leithaberge
Au am Leithaberge von Nordosten aus gesehen. Im Hintergrund erstreckt sich das Leithagebirge. Dahinter, am Horizont, liegt der Neusiedler See. 

Zur Person

Reka Fekete

Alter: 34
Gemeinde: Au am Leithaberge
Einwohnerzahl: 553 (2022)
Bürgermeisterin seit: März 2022
Partei: ÖVP