Groß und Klein. Regelgrenzen stellen eine nicht sachgerechte Ungleichbehandlung der Gemeinden gegenüber Bund und Ländern dar.
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Hält die Zusage der Länder?

2017 ist das strukturelle Defizit erstmals anzuwenden. Fünf Jahre nach Vertragsabschluss stellen nun die Länder einen fixen landesweisen Anteil der Gemeinden infrage.

Der Österreichische Stabilitätspakt 2012 sieht ab dem Haushaltsjahr 2017 vor, dass Bund, Länder und Gemeinden ihrer Haushalte grundsätzlich ausgeglichen zu führen haben. Dieser neben der Ausgabenbremse zentralen Fiskalregel ist entsprochen, wenn der strukturelle Haushaltssaldo österreichweit -0,45 Prozent des nominellen BIP nicht überschreitet, was 2017 mit knapp -1,6 Milliarden Euro entsprechen wird. Das bisher maßgebliche Maastricht-Defizit lief also 2016 aus, künftig werden Einmalmaßnahmen und Konjunktureffekte aus dem Defizit herausgerechnet. Diese -0,45% des BIP entsprechen der künftigen österreichweiten Regelgrenze für ein Null-Defizit, wird diese erfüllt, sind auch die europäischen Währungshüter zufrieden, ansonsten drohen finanzielle Sanktionen die von Bund, Ländern und Gemeinden im Verhältnis der Verursachung zu tragen sind.




Ein Fünftel für die Gemeinden


Gemäß dem im Mai 2012 abgeschlossenen Österreichischen Stabilitätspakt stehen dem Bund als Regelgrenze für das strukturelle Defizit -0,35 Prozent sowie den Ländern UND Gemeinden -0,1 Prozent zu. Die länderweise Aufteilung dieser gemeinsamen -0,1 Prozent des nominellen BIP, somit 2017 etwa -357 Mio. Euro, erfolgt im Verhältnis der Einwohnerzahl. Der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund haben es in den Verhandlungen im Frühjahr 2012 zur Bedingung für die Unterzeichnung des Stabilitätspakts gemacht, dass den Gemeinden jeweils ein Fünftel der landesweisen Anteile zukommt. Und die Länder haben einem solchen fixen Anteil der Gemeinden letztlich zugestimmt, was somit auch eine Regelgrenze für die kommunale Ebene jedes Bundeslandes leicht unter Null ergibt. Die Tabelle zeigt diese Anteile ausgedrückt in absoluten Beträgen für das Jahr 2017.







Regelgrenzen 2017 für das strukturelle Defizit

Dass die Länder nun nicht mehr bereit sind, den Gemeinden diese 2012 zugesagten 20 Prozent nicht nur im Bedarfsfalls, sondern generell (und damit auch im Sinne der Regelgrenze) zu überlassen und sich auf den interpretationsbedürftigen Wortlaut im Stabilitätspakt berufen, wirft auf ihre Pakttreue kein sonderlich gutes Licht. Dass die kommunalen Spitzenverbände nun angehalten sind, auch mit Blick auf künftige Vereinbarungen diese Pakttreue einzufordern, liegt auf der Hand. Von Seiten des Finanzministers wurde Ende April zugesagt, dass er zur Klärung dieser Streitfrage ein politisches Gremium mit Länder- und Gemeindevertretern einberufen wird, ansonsten hält sich der Bund jedoch vornehm zurück und verweist die Gemeinden an die Länder, denn schließlich hat der Bund sein Tücher (seine fixen -0,35 Prozent) im Trockenen.




Spielraum für die Gemeinden


Aber es geht sozusagen nicht nur ums Prinzip, es geht auch um einen gewissen Spielraum für die Gemeinden. Fixe Anteile am strukturellen länderweisen Defizit sind vor allem auch deswegen wichtig, weil man sich auf dem jeweiligen der 18 sogenannten Kontrollkonten (1 x Bund,

8 x Länder, 1 x Wien, 8 x Gemeinden länderweise) nicht nur tatsächliche Haushaltsüberschüsse, sondern den gesamten Unterschiedsbetrag zwischen der Regelgrenze und dem Realergebnis gutschreiben lassen kann, die dort jährlich aufsummiert werden. Somit wird das Ende des Überziehungsrahmens des Kontrollkontos (hier wiederum gibt es fixe Anteile für die Gemeinden ohne Wien in Höhe von insgesamt rund 420 Millionen. Euro), wo dann ein Sanktionsverfahren stattfinden kann, nicht so schnell erreicht. Darüber hinaus führt ein leichtes Defizit innerhalb der Regelgrenze (z. B. wenn die niederösterreichischen Gemeinden 2017 ein strukturelles Defizit von zehn Millionen Euro aufweisen würden) auch zu keinerlei Folgen gemäß Stabilitätspakt.


Der Bund kann sich also aufgrund seiner Regelgrenze von -0,35 Prozent im Fall eines Überschusses von 0,25 Prozent insgesamt volle 0,60 Prozent des BIP im betreffenden Jahr auf sein Kontrollkonto gutbuchen lassen und damit ein Polster für spätere Jahre aufbauen. Analog können dies die Länder gemäß ihrer leicht negativen Regelgrenzen.


Den Gemeinden wollen sie diese Möglichkeit jedoch nicht zubilligen, womit sich die Kommunen nur positive Haushaltsergebnisse auf ihrem landesweisen Kontrollkonto anrechnen lassen könnten. Ein Polster für schlechtere Jahre aufzubauen, fällt den Gemeinden also deutlich schwerer. Gleichzeitig stellt dies auch eine nicht sachgerechte Ungleichbehandlung der Gemeinden gegenüber Bund und Ländern dar, da sich die Gemeinden nur Überschüsse gutschreiben lassen könnten, der Bund und die Länder sich aber auch ein leicht negatives Ergebnis als positiven Puffer am Kontrollkonto anrechnen können.



 

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