APG-Vorstand Gerhard Christiner, A1-CEO Markus Grausam, ÖBB-Vorständin Sabine Stock, Moderator Thomas Hofer, Post-Vorstand Walter Oblin und Martin Kweta, Geschäftsführer der Hypo Niederösterreich.
APG-Vorstand Gerhard Christiner, A1-CEO Markus Grausam, ÖBB-Vorständin Sabine Stock, Moderator Thomas Hofer, Post-Vorstand Walter Oblin und Martin Kweta, Geschäftsführer der Hypo Niederösterreich.
© Jürg Christandl

Talk

Wie resilient ist Österreichs Infrastruktur?

Bei der Fachtagung des Gemeindetages stand das Thema „Daseinsvorsorge als Standortfaktor, Sicherstellung einer resilienten Infrastruktur“ im Mittelpunkt. Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Branchen kamen zusammen, um über die Bedeutung einer widerstandsfähigen Infrastruktur und ihre Herausforderungen zu diskutieren. Moderiert wurde die Talkrunde von Thomas Hofer.

Zu Beginn der Diskussion stellte Hofer die Frage, wie gut die jeweilige Infrastruktur in der jüngsten Krisensituation, ausgelöst durch die Hochwasser-Katastrophe, funktioniert hat.

Sabine Stock, Vorständin der ÖBB-Personenverkehr AG, berichtete: „Es hat viele Schäden gegeben, wie etwa beim Lainzer-Tunnel, und es wird auch noch einige Zeit Einschränkungen geben.“ Besonders betonte sie die Auswirkungen des Klimawandels auf den Bahnverkehr: „Die Zahl der aufgrund von Witterung ausgefallenen Züge hat in den letzten Jahren verfünffacht. Die ÖBB ist also vom Klimawandel stark betroffen, obwohl sie die klimafreundlichste Art des Reisens bietet.“

Gerhard Christiner, Vorstand der Austrian Power Grid (APG), konnte positive Erfahrungen teilen: „Die APG ist gut durch die Krise gekommen. Grund dafür ist, dass wir in den letzten Jahren viel in Sicherheit investiert haben.“ Dennoch hob er hervor, dass es bei Stauseen und Donaukraftwerken zu Herausforderungen gekommen sei. „Es war generell eine Herausforderung, die Stromversorgung in Europa stabil zu halten.“

Auch Markus Grausam, CEO von A1, betonte die Bedeutung der Resilienz in seinem Bereich: „Unsere Mitarbeiter waren ständig im Einsatz, um das Telefonieren gerade in der Krise zu ermöglichen.“ Er verwies auf die Zusammenarbeit mit Gemeinden, um auf potenzielle Blackouts und Cyberattacken vorbereitet zu sein.

Was gehört zur Grundversorgung in den verschiedenen Bereichen?

Die Diskussion wandte sich der Frage zu, was in den jeweiligen Branchen als Grundversorgung verstanden wird. Hier zeigten sich interessante Unterschiede zwischen den Sektoren.

Martin Kweta, Geschäftsführer der Hypo Niederösterreich, erklärte: „Wenn es unseren Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern schlecht geht, haben wir als Bank ebenfalls ein Problem.“ Er hob hervor, dass die Bank angesichts des Klimawandels auf grüne Finanzierungen setze, und verwies auf ein gemeinsames Strommodell mit der EVN als Reaktion auf den Ukraine-Krieg.

Für Markus Grausam ist die Breitband-Infrastruktur essenziell: „Unter Grundversorgung verstehe ich, dass jede Österreicherin und jeder Österreicher Zugang zu Breitband-Internet hat.“ Er machte jedoch deutlich, dass die Anforderungen in diesem Bereich ständig steigen und der Ausbau von Glasfaser-Netzen eine Investition in die Zukunft sei.

Walter Oblin, Vorstand der Post AG, definierte Grundversorgung aus der Perspektive der Logistik: „Wir versorgen die Bevölkerung mit Briefen und Paketen, aber auch mit Bargeld.“ Er sprach über den Wandel im Kerngeschäft der Post: „Das Briefgeschäft schrumpft, aber der Online-Handel und damit das Paketgeschäft boomt. Daher investieren wir in Logistikzentren und Paketstationen.“

Gerhard Christiner hob die Bedeutung einer stabilen Stromversorgung hervor: „Für eine entwickelte Volkswirtschaft ist eine sichere und leistungsfähige Stromversorgung unabdingbar.“ Er verwies auf die Herausforderungen beim Bau neuer Leitungen, die oft in gefährdeten Regionen errichtet werden müssten.

Sabine Stock schließlich wies auf den Wandel in der Mobilität hin: „Früher brauchte man auf jeden Fall einen Bahnhof. Heute diskutieren wir mit Gemeinden Mobilitätskonzepte, die nicht immer die Bahn betreffen. Es können auch Carsharing, E-Scooter oder Shuttlebusse Teil der Lösung sein.“

Was bieten die Expertinnen und Experten den Gemeinden an?

In einer dritten Gesprächsrunde wurde besprochen, wie die jeweiligen Unternehmen die Gemeinden unterstützen können.

Sabine Stock erklärte: „Wir helfen Gemeinden bei der Konzeption und Planung von Mobilitätslösungen.“ Zudem wies sie auf die App „wegfinder“ hin, die es ermöglicht, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen effizient an ihren Arbeitsplatz zu bringen.

Martin Kweta bot den Gemeinden PPP-Modelle an, die es ihnen ermöglichen, Risiken besser abzufedern: „Wir stellen sicher, dass finanziert werden kann. Das können wir, weil wir unsere Kundinnen und Kunden sehr gut kennen.“

Markus Grausam betonte die Notwendigkeit, die Digitalisierung voranzutreiben: „Wir treiben die Digitalisierung voran, weil es der Bevölkerung das Leben erleichtert und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärkt.“

Walter Oblin wies auf die umfangreichen Investitionen der Post AG hin, die der wachsenden Nachfrage nach Paketversand gerecht werden sollen: „Wir rüsten uns für das wachsende Paketgeschäft und bauen Selbstbedienungsmöglichkeiten aus.“ Auch die Zusammenarbeit mit den Gemeinden bei administrativen Prozessen, wie dem Versand von Wahlkarten, wurde hervorgehoben.

Gerhard Christiner warnte vor den steigenden Herausforderungen im Energiebereich: „Der Stromverbrauch wird sich bis 2040 verdoppeln.“ Er betonte die Notwendigkeit, Netzinfrastrukturen auszubauen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Wünsche an die nächste Bundesregierung

Abschließend äußerten die Teilnehmenden ihre Wünsche an die nächste Bundesregierung. Gerhard Christiner plädierte für einen Energiewendekoordinator, um die Energiewende effizient zu gestalten: „Um Überschüsse und Engpässe auszugleichen, brauchen wir mehr Koordination.“

Markus Grausam forderte den Abbau von Bürokratie und eine bessere Koordination bei Bauaktivitäten, während Sabine Stock auf die Notwendigkeit vorausschauender Investitionen in den Bahnausbau hinwies. Walter Oblin schloss sich den Forderungen nach schnelleren Genehmigungsverfahren und einer stärkeren Wirtschaftsfreundlichkeit an.

Martin Kweta schließlich appellierte an die neue Regierung, die Bürokratie zu reduzieren und mehr Lösungskompetenz zu zeigen: „Weniger Ideologie und mehr Lösungskompetenz – hier können Gemeinden ein Vorbild sein.“