Aus dem Empfehlungskatalog wird auch deutlich, dass ein europäischer Ansatz zur Regulierung der Datenwirtschaft breite Unterstützung findet und Datenschutz kein Randthema ist.
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Partizipation

Wie läuft die Konferenz zur Zukunft Europas?

Auch wenn es still geworden ist um die Konferenz zur Zukunft Europas – es gibt sie noch immer. Krisenbedingt passiert sehr viel online und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt.

Nicht nur in Österreich befasst man sich im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen und Aktivitäten mit der Zukunft der EU. Die Konferenz auf europäischer Ebene besteht aus einem Plenum, Arbeitsgruppen, vier Bürgerforen und nicht zuletzt der digitalen Plattform für jedermann.

Während das 108-köpfige Plenum von EU-Institutionen und nationalen Parlamenten dominiert wird, sorgt eine zwanzigköpfige Delegation der Bürgerforen dafür, dass die Empfehlungen „von unten“ in den Plenardebatten Gehör finden.

Jedes der vier Foren setzt sich aus 200 Mitgliedern zusammen, mindestens zwei pro Mitgliedstaat und nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Insgesamt wurde darauf geachtet, dass die Bürgerforen ausgewogen sind und Frauen, Männer, Alt und Jung gerecht repräsentiert werden. Ein Drittel der Plätze wurde für Menschen zwischen 16 und 25 reserviert, was im Europäischen Jahr der Jugend wohl gut und sinnvoll ist.

Inhaltlich steht die gesamte EU, sowohl institutionell als auch kompetenzrechtlich, zur Debatte. Und während die Diskussionen und Beiträge auf der Online-Plattform mitunter eine Sache und ihr Gegenteil fordern, erstaunen die Empfehlungen des Bürgerforums durch Klarheit und Weitblick.

Man könnte auch sagen, dass den Bürgern der European Way of Life und sein Fortbestand sehr am Herzen liegen. Sozialer Ausgleich, Verteilungsgerechtigkeit und Umweltschutz sollen daher als Grundpfeiler des europäischen Lebensmodells bei der Politik­gestaltung besser berücksichtigt werden.

Worüber wird diskutiert?

Im Empfehlungskatalog der Gruppe Demo­kratie und Rechtsstaatlichkeit finden sich zahlreiche Vorschläge zu Steuergerechtigkeit, Arbeitnehmerschutz und Gleichstellung. Auch wird deutlich, dass ein europäischer Ansatz zur Regulierung der Datenwirtschaft breite Unterstützung findet und Datenschutz kein Randthema ist.

Beim Thema Gerechtigkeit werden auch EU-Förderungen angesprochen, die sich stärker am Gemeinwohl ausrichten und bei schädlichen Praktiken – sei es für die Umwelt, sei es für die Rechtsstaatlichkeit – eingestellt werden sollten.

Natürlich gibt es auch Empfehlungen zu den europäischen Institutionen und den Europawahlen. Am interessantesten sind aber jene Punkte, die sich mit dem täglichen Leben und den Auswirkungen europäischer Entscheidungen auf die eigene Lebensrealität befassen. Dies kommt übrigens auch bei den Empfehlungen des Panels Klimawandel, Umwelt und Gesundheit zum Ausdruck.

Auf die Bürger soll gehört werden

Genau aus diesem Grund wollte man einen Prozess von unten, etwas anderes als den EU-Verfassungskonvent. Der Konvent brachte Anfang der 2000er-Jahre neuen Schwung, setzte Diskussionen und Reformen in Gang und trug kurze Zeit zu einer gewissen Europa-Euphorie bei. Nach zwei großen Krisen ist die Stimmungslage aber eine andere, die Zukunftskonferenz erhebt den Anspruch, auf die Bürgerinnen und Bürger hören zu wollen.

Böse Zungen könnten behaupten, dass das mediale Desinteresse vielleicht gar nicht so schlecht ist. Denn die Bürgerforen empfehlen teils radikale Umbrüche, die im Brüsseler Politikgeschehen, das von Partikularinteressen und großen Lobbys beeinflusst wird, kaum umsetzbar sind.

Was wird der französische Ratsvorsitz bringen?

Die Konferenz ist noch nicht zu Ende. Der französische Ratsvorsitz will sie als Prestigeobjekt nutzen, weshalb im ersten Halbjahr 2022 mit pompöseren Veranstaltungen und mehr Berichterstattung zu rechnen ist.

Was konkrete Ergebnisse und die Umsetzung von Empfehlungen betrifft, hat Frankreich der EU etwas voraus. Die politischen Folgen der 2018 initiierten „Grand Débat“ sind dabei eher kosmetischer als struktureller Natur. Sowohl „Gilets Jaunes“ als auch einflussreiche Lobbys wurden bedient, große Reformen aber abgesagt.

Zukunftskonferenz in Österreich

Auch in Österreich werden weiterhin Ideen gesammelt.

Dass die Zukunft der Jugend gehört, spiegelt sich 2022 in einer großen Zahl von Diskussionsveranstaltungen mit Schülern wider. In Oberösterreich besteht eine interessante Kooperation mit der Zukunftsakademie, im Burgenland wird die Veranstaltungsreihe „Jugend im Landtag“ fortgesetzt.

Die burgenländische Landtagspräsidentin Verena Dunst ist ebenso Mitglied der EU-Zukunftskonferenz wie Europaministerin Karoline Edtstadler, die ihre schon 2020 gestarteten Dialogtouren fortsetzt. Auch Klimaministerin Leonore Gewessler, die EU-Abgeordneten Roman Haider, Othmar Karas, Andreas Schieder und Monika Vana sowie Vertreter von National- und Bundesrat und der Sozialpartner gehören der EU-Konferenz an. Die österreichischen Jugendvertreterinnen sind Valentina Gutkas und Elyes Ouerghi.

Der Ausschuss der Regionen wird den Anfang März stattfindenden Gipfel der Regionen und Städte in Marseille nutzen, um dem Konferenzplenum eine abschließende Position zu übermitteln.

Der Abschlussbericht der Konferenz ­wurde von Präsident Macron für Mai in Aussicht gestellt, erst nach den im April stattfindenden französischen Wahlen.

Infos

futureu.europa.eu/?locale=de
futureu.europa.eu/assemblies/citizens-panels/f/299/