Walter Leiss
Walter Leiss: „Wenn es nicht gelingt, die Bürgerinnen und Bürger nicht nur davon zu überzeugen, dass die Maßnahmen erforderlich sind, sondern auch durch ent-sprechende Förderungen einen Umstieg zu ermöglichen, kann es schnell passie-ren, dass die Maßnahmen die zu setzen sind, nicht mitgetragen werden.“
© Philipp Monihart

Wie können die Klimaziele erreicht werden?

Neben dem - das letzte Jahr beherrschendem - Thema der Pandemie und der damit verbundenen Folgen für die Volksgesundheit und die Wirtschaft, rücken nun auch wieder andere Themen in den politischen Fokus. Eines davon ist der Klimawandel, den wir nach einem zwar kühlen Frühjahr mit den ersten heißen Sommerwochen erleben. 

Fälschlich wird der Klimawandel auch oft als Klimakrise bezeichnet, wobei doch unter einer Krise im Allgemeinen ein Höhepunkt oder Wendepunkt einer gefährlichen Konfliktentwicklung in einem natürlichen oder sozialen System verstanden wird, dem eine massive und problematische Funktionsstörung über einem gewissen Zeitraum vorausging und der eher kurz als länger andauert. 

Dass der Klimawandel nur eine kurze Episode ist, damit rechnet wohl keiner. Man könnte dies wohl nur dann gelten lassen, wenn man den jetzigen Klimawandel im gesamten erdgeschichtlichen Zeithorizont betrachtet.

Zurecht haben sich daher die Staatsverantwortlichen schon bei vielen Klimakonferenzen mit dieser Thematik auseinandergesetzt. In mehreren Dokumenten wurden globale Klimaziele vereinbart und ständig verschärft.

Zuletzt haben sich Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten und des EU-Parlaments auf eine Verschärfung der Klimaziele für 2030 geeinigt. Bis dahin sollen die Treibhausgase der Europäischen Union um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 gesenkt werden. Das EU-Parlament wollte sogar eine 60-prozentige Verringerung. Nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die Europäische Kommission hat Maßnahmen gegen den Klimawandel oberste Priorität eingeräumt. 

Schlüsselprojekt Grüner Deal

Der europäische Grüne-Deal ist das neue Schlüsselprojekt der EU-Kommission. Es handelt sich um eine umfassende Wachstumsstrategie für eine klimaneutrale und ressourcenschonende Wirtschaft. Das übergeordnete Ziel ist, die Treibhausgasneutralität der EU bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Nötig ist dafür eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas so wie ein umfassender Umbau von Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und privater Energienutzung. Um ein klimaneutrales Europa tatsächlich zu erreichen, sind jährlich Investitionen von 260 Milliarden Euro erforderlich, aber sicher auch zusätzliche private Mittel. Eine große Menge an Fördergeldern sind auch im Budgetplan der EU enthalten.

Ohne Konkrete Maßnahmen bleiben Klimaziele Schall und Rauch

Natürlich sind auch die einzelnen Nationalstaaten, sowie auch Österreich, zur Umsetzung verpflichtet. Nicht nur der Staat Österreich, sondern auch die neun Bundesländer müssen ihre Beiträge zur Erreichung dieser Ziele leisten. Je konkreter es allerdings von den Zielsetzungen zur Umsetzung kommt, umso schwieriger wird es. Denn bei der Umsetzung müssen dann auch noch die Betroffenen mitmachen. Ohne konkrete Maßnahmen werden die Ziele nur Schall und Rauch bleiben. Die Umsetzung wird Anpassungen und Verhaltensänderungen nach sich ziehen müssen.

Dass wir zukünftig weniger Energie benötigen werden, glaubt wohl wirklich niemand. Auch wenn Einsparungen notwendig und manchmal auch sinnvoll sind, wird es damit nicht gelingen. Vielmehr ist zu erwarten, dass wir mehr Energie benötigen werden. Die Energieproduktion muss daher auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden. Dafür gibt es entsprechende Förderungen, die mit dem erneuerbaren Energiegesetz und anderen Gesetzen, ermöglicht werden sollen.

Umstellung kostet privaten Haushalte sowie Industrie und Gewerbe viel Geld

Aber Förderungen können nur einen Anstoß liefern. Eine Ökologisierung unseres Steuersystems ist in Diskussion. Unser Mobilitätsverhalten soll verändert werden. Verbrennungsmotoren sollen verboten und durch Alternativen ersetzt werden. Besser nur mehr öffentliche Verkehre und Radverkehr, stellen sich manche vor. Das Fliegen von Kurzstrecken soll, wenn nicht verboten, zumindest unattraktiv gemacht werden. Die Wärmestrategie sieht das Umrüsten von Ölheizungen und Gasheizungen für die Zukunft vor. Ältere Ölkessel (über 25 Jahre) sollen ab 2025 ersetzt werden und ab 2035 soll es überhaupt keine Ölheizungen in Österreich mehr geben. Rund 630.000 Haushalte wären davon betroffen.

Bei einer etwas längeren Frist, gäbe es noch mehr Haushalte, die mit einer Gasheizung beheizt werden. Auch hier wäre ein Tausch erforderlich. Das kostet einen Menge Geld die von privaten Haushalten aufzubringen ist. Industrie und Gewerbe stehen vor gewaltigen Herausforderungen und auch im Bereich der Landwirtschaft ringt die EU gerade um eine Neuausrichtung.

Wenn es konkret wird, wird es schwierig

Viele unserer Bürgerinnen und Bürger unterstützen natürlich die Forderungen von Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels. Einige demonstrieren auch recht häufig und verlangen strenge Maßnahmen und Gesetze. Die Anderen sollen endlich etwas tun. Egal ob es die Industrie, die Landwirtschaft, das Wohnen oder der Verkehr ist. Jeweils sollte dort angesetzt werden, wo man selbst nicht betroffen ist.

Geht es aber dann darum, dass vor der eigenen Haustür Windräder oder flächige Solarparks errichtet werden, hält sich die Begeisterung in Grenzen. Da gibt es gute Gründe, warum das nicht gemacht werden kann. Gegen ein Biomassefernheizwerk in einer Wiener Umlandgemeinde machen die Bürgerinnen und Bürger mobil. Manchmal ist es der Naturschutz, der Artenschutz, der Landschaftsschutz oder einfach nur die Kosten und die erforderliche Verhaltensänderung und manchmal sind es auch Einschränkungen oder die erwarteten Kosten die dazu führen, dass die Bürgerinnen und Bürger dagegen  sind.  So wurde zuletzt berichtet, dass die Sanierung eines Hauses samt Tausch einer Ölheizung im Durchschnitt zwischen 40.000 und 60.000 Euro kostet.

Gleichzeitig ergibt ein Bericht der Statistik Austria, dass es sich 94.000 Haushalte in Österreich nicht leisten können, die Wohnung angemessen warm halten zu können. Nicht mehr auf einen Städtetrip übers Wochenende oder einen Urlaub nach Mallorca fliegen zu können, löst ebenso wenig Begeisterung aus wie höhere Spritpreise. Die deutschen Grünen merken dies gerade. Und eine deutsche Wirtschaftsforscherin hat richtig festgestellt, dass dann, wenn der eigene Arbeitsplatz gefährdet ist, die Begeisterung für den Klimaschutz schnell kippen kann. 

Durch Förderung Umstieg ermöglichen

Wenn es nicht gelingt, die Bürgerinnen und Bürger nicht nur davon zu überzeugen, dass die Maßnahmen erforderlich sind, sondern auch durch entsprechende Förderungen einen Umstieg zu ermöglichen, kann es schnell passieren, dass die Maßnahmen die zu setzen sind, nicht mitgetragen werden.

So ist es vor kurzem der Schweiz ergangen, wo ein Gesetzesvorhaben, dass die jährlichen CO2 Emissionen bis 2030 auf die Hälfte des Ausstoßes von 1990 senken sollte, von den Bürgern in einer Abstimmung abgelehnt wurde. Die „Neue Zürcher Zeitung“ titelte, dass damit die Schweizerklima Politik in Trümmern liegt. Dies sollte uns in Österreich erspart bleiben.