Wie geht Social Media?
Zwei bis drei Postings pro Woche reichen meistens aus.

Wie geht Social Media?

Früher reichte es, wenn Gemeinden ihre Bürgerinnen und Bürger auf dem Schwarzen Brett und in der Gemeindezeitung über das Geschehen im Ort am laufenden hielten. Im Informationszeitalter ist das aber schon lange nicht mehr genug. Um rasch und kompetent zu informieren, nutzen immer mehr Gemeinden die neuen sozialen Medien. Aber wie kommuniziert man am besten über Facebook & Co?

Wann wird eine Straße gesperrt? Welche Öffnungszeiten hat das Gemeindeamt? Wo findet das nächste Mutter-Kind-Treffen statt? Wenn man als Bürgerin oder Bürger früher solche Informationen haben wollte, musste man in die Gemeindezeitung oder auf die Amtstafel schauen. Gemeindezeitungen haben es aber an sich, dass sie oft nur vierteljährlich erscheinen und daher nicht immer aktuell sein können und um die Amtstafel zu studieren, muss man sich auf die Straße begeben.

In den letzten 20 Jahren hat das Internet die Kommunikation der Gemeinden zu den Bürgerinnen und Bürgern verändert: Informationen können jetzt rasch auf die Homepage gestellt und von dort abgerufen werden.Die nächste Revolution brachten zuletzt soziale Netzwerke, allen voran Facebook. Sie bieten den Gemeinden die Chance, ihre Inhalte in Echtzeit und mit einem hohen Aktualitätsgrad zu veröffentlichen. „Die Gemeinden können jetzt selbst Medien machen und sind nicht mehr auf andere Medienmacher angewiesen“, strich der Politologe Peter Filzmaier bei den Kommunalen Sommergesprächen 2017 in Bad Aussee die Vorteile heraus.Die sozialen Netzwerke ermöglichen

es auch, dass die Kommunikation nicht mehr nur auf einer Einbahnstraße von der Gemeinde zum Bürger erfolgt. Erstmals kann der Bürger auch rasch und von zu Hause oder von unterwegs seine Wünsche und Anliegen der Gemeinde mitteilen.Umso verwunderlicher ist es, dass viele Gemeinden die neuen Kommunikationsmöglichkeiten noch nicht verwenden. „Das liegt hauptsächlich an den personellen Ressourcen“, meint der Obmann des Fachverbandes der leitenden Gemeindebediensteten Österreichs, Franz Haugensteiner. Facebook-Auftritte hätten zwar mittlerweile zahlreiche Gemeinden, allerdings werden diese meist nicht regelmäßig gewartet.

Wie viel ist nötig?

Facebook ist immer noch die Nummer eins unter den sozialen Netzwerken. Rund 3,8 Millionen Österreicher besitzen einen Account. Zuletzt gab es zwar kaum noch Zuwächse, aber trotzdem liegt man damit weit vor anderen Angeboten wie Twitter oder Instagram.

Eine Umfrage unter Niederösterreichs Gemeinden im Jahr 2016 ergab, dass 134 der 572 niederösterreichischen Kommunen eine offizielle Facebook-Seite hatten.  Das große Angebot auf Facebook führt aber dazu, dass man leicht in der Flut an Seiten untergeht. Die Untersuchung aus Niederösterreich zeigt, dass eine hohe Anzahl an täglichen Veröffentlichungen nicht unbedingt auch eine hohe Interaktion seitens der User mit sich bringt. Veröffentlichungen, die über das Wochenende stattgefunden haben, weisen dagegen eine vergleichsweise hohe Interaktion auf. Es lohnt sich also, auch Samstag und Sonntag aktiv zu sein.

Aus der Studie ergibt sich auch, dass vor allem zu Wochenbeginn gepostet wird. Die meisten Meldungen werden zwischen sieben und zehn Uhr veröffentlicht. Danach flaut die Aktivität deutlich ab. Das lässt sich dadurch erklären, dass Informationen vom Vortag erst am nächsten Vormittag veröffentlicht werden, wenn das Gemeindeamt öffnet.

Die meisten Veröffentlichungen, nämlich fast ein Viertel, sind Ankündigungen von Events, die im Ort stattfinden. Dahinter folgen News aus der Gemeinde sowie Nachberichte über Veranstaltungen. Die meiste Interaktion gibt es jedoch zu Jobangeboten.

4000 Freunde für Telfs

Die Tiroler Gemeinde Telfs, stellt pro Tag vier bis fünf Beiträge auf ihre Facebook-Seite. „Gepostet wird alles, was auch auf der Homepage veröffentlicht wird“, berichtet Amtsleiter Bernhard Scharmer. „Das sind Rechtsinformationen, Neuigkeiten aus den Gemeinderatsitzungen, Infos über den Winterdienst, Hilfestellung bei Problemen etc.“ Dazu kommen noch Postings, die für die Homepage nicht interessant sind, beispielsweise Fotos. Scharmer: „Da geht es nicht um Inhalte, sondern darum, eine positive Stimmung im Ort zu schaffen, wenn man etwa ein schönes Bild der verschneiten Landschaft auf die Seite stellt.“

Derzeit hat man in Telfs rund 4000 „Freunde“. „Das ist nicht wenig, aber uns geht nicht darum, die Beliebtesten auf Facebook zu sein, sondern wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern einfach eine zusätzliche Informationsquelle bieten“, sagt Bernhard Scharmer.

Auf mehreren Social-Media-Kanälen unterwegs

Hannes Pressl, Bürgermeister im niederösterreichischen Ardagger, ist gleich auf mehreren Social-Media-Kanälen unterwegs. Er betreibt nicht nur zwei Facebook-Seiten – eine persönliche und eine für die Gemeinde – sondern schreibt auch einen Blog und ist auch auf Twitter und Instagram sowie auf WhatsApp aktiv. „Das zentrale Medium für mich ist der Blog. Dort kann ich festlegen, welche Beiträge ich auch auf anderen Kanälen bringen will. Manches kann man eins zu eins übernehmen, manches muss man kürzen oder umschreiben“, erläutert Pressl.

Zu viele Botschaften sind unerwünscht. Aus Sicht von Werner Beninger, Geschäftsführer der PR-Agentur Milestones in Communication, ist es gar nicht unbedingt nötig, mehrmals täglich auf Facebook oder anderen Social-Media-Kanälen zu posten. Ganz im Gegenteil: Zu viele Botschaften seien sogar unerwünscht. „Wir leben in einer Zeit des Informationsüberflusses, und die Menschen, wollen nicht täglich von Postings des Bürgermeisters oder der Gemeinde belästigt werden“, meint Beninger. Zwei bis drei Postings pro Woche würden vollkommen ausreichen.

Wie aufwändig ist es?

Wer glaubt, dass es reicht, einfach ein Facebook-Profil zu erstellen und hin und wieder etwas zu posten, irrt. Wer wirklich wahrgenommen werden will, der muss viel Arbeit investieren. Neben geeignetem Personal (inkl. fachlichem, technischem, gestalterischem und rechtlichem Know-how) benötigt man eine Strategie, ein inhaltliches Konzept, Kommunikationsrichtlinien und vieles mehr. Die Accounts müssen regelmäßig gepflegt, beobachtet, analysiert und optimiert werden.

In Telfs sind zwei Mitarbeiter der Presseabteilung, die auch die Gemeindezeitung machen, für den Facebook-Auftritt der Gemeinde zuständig. In Ardagger macht Bürgermeister Pressl dagegen alles alleine. „Wenn man es so intensiv betreibt wie ich, ist es schon sehr aufwändig“, berichtet er. „Heute morgen bin ich fast eineinhalb Stunden gesessen und habe für meinen Blog und auch auf Facebook geschrieben. Das geht nur, weil ich in dem Bereich sehr interessiert bin und es als Hobby betrachte.“

Aus seiner Sicht werden sich Gemeindeverwaltungen über kurz oder lang so aufstellen müssen, dass es genügend Ressourcen gibt, um Social-Media-Kanäle zu bedienen. „Wo es um politische Diskussionen geht, wird das der Bürgermeister machen müssen. Aber es werden auch Gemeindebedienstete mitarbeiten müssen“, ist Pressl überzeugt.

Wie kommuniziert man auf Social Media?

Im Internet muss man anders schreiben als im Amtsblatt. „Lustige Postings werden geteilt und somit viel häufiger angesehen“, meint Christian Erhardt, Chefredakteur von KOMMUNAL Deutschland und Social-Media-Experte. Dadurch erhöhe sich die Reichweite und die Botschaft wird wesentlich besser verbreitet als wenn man im Amtsdeutsch schreibt. Übertreiben soll man es aber nicht: „Nicht jeder Post sollte witzig sein, aber es braucht immer wieder ein ,Appetithäppchen‘“, empfiehlt Erhardt. Ganz wichtig: Man muss dann auch Kritik aushalten können.

„Erfolgreiche Posts sind meist solche, wo man Zwischenmenschliches spürt, Verwaltungstechnische Inhalte werden eher wenig geliked“, berichtet der Telfser Amtsleiter Bernhard Scharmer aus seiner Erfahrung.

Es ist allerdings nicht so, dass man nur positive Meldungen oder Wohlfühlthemen bringen darf. Das zeigt Hard am Bodensee, wo das Thema der Aufnahme von Flüchtlingen auf der Facebook-Seite thematisiert wurde. Durch die offensive Herangehensweise gelang es der Gemeinde, ihr Profil zu schärfen und die Themenführerschaft zu übernehmen.

Wer als Gemeindevertreter persönlich in sozialen Netzwerken präsent ist, sollte authentisch bleiben. „Der Aufritt muss auch mit der eigenen Persönlichkeit zusammenpassen. Es wirkt nicht gut, wenn man auf Facebook den Kasperl gibt und im richtigen Leben mit Anzug und Krawatte auftritt“, meint Hannes Pressl. „Es bringt auch nichts, jeden Schwank aus dem eigenen Leben zu posten, sondern man braucht eine redaktionelle Grundlinie, wie man kommunizieren will.“

Wichtig: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Der Grund dafür ist, dass 83 Prozent aller Informationen mit den Augen wahrgenommen werden. Das menschliche Gehirn verarbeitet lieber visuelle Darstellung als Texte. Gerade der jungen „Generation Smartphone“ fällt es immer schwerer, sich dauerhaft auf nur eine Sache, wie das Lesen eines Textes, zu konzentrieren.

Noch besser wahrgenommen werden Videos. Sie sind, wenn es um das Übermitteln von Informationen geht, um elf Prozent effektiver als statische Bilder.

Keine Angst vor Problemen

Vielfach haben Gemeinden Angst, dass Querulanten Tür und Tor geöffnet wird, wenn man ihnen in den sozialen Netzwerken die Möglichkeit zur Interaktion bietet.

Warum man sich nicht fürchten muss, erläutert Ingrid Brodnig, Journalistin und von der Bundesregierung ernannte „digitale Botschafterin“ Österreichs in der EU, anhand eines Beispiels: „Die Wiener Linien haben vor einigen Jahren eine Facebook-Seite gegründet, weil den Verantwortlichen klar war, dass sich die Fahrgäste über Probleme oder Verspätungen sowieso in den Sozialen Medien aufregen. Da ist es besser, sie machen das gleich auf der Seite der Wiener Linien, weil man da wenigstens reagieren kann.“ Die Lehre daraus: „Sie dürfen nicht glauben, dass die Menschen nicht über ihre Gemeinde sprechen, nur weil die Gemeinde nicht auf Facebook ist.“

Die Sozialen Medien eignen sich auch gut dafür, Gerüchten oder „Fake-News“ entgegenzutreten. Ingrid Brodnig bringt wieder ein Beispiel: „In Waidhofen an der Thaya hatte ein junger Mann gepostet, dass er nach dem Geldabheben vor der Raiffeisen-Filiale von einem Flüchtling ausgeraubt worden war. Wenn man nicht einmal sicher Geld abheben kann, wäre das für die Bank schlecht gewesen. Videoaufzeichnungen bewiesen aber, dass das nicht stimmte und die Bank konnte das auf Facebook klarstellen.“

Die Geschichte ging aber noch weiter: Die Niederösterreichischen Nachrichten machten daraus einen Bericht mit dem Titel „Kein Überfall bei Raika Waidhofen“. Den Facebook-Artikel über diese Geschichte sah wiederum ZiB-Moderator Armin Wolf, der ihn teilte und meinte, dass KEIN Überfall normalerweise keine interessante Story sei – in diesem Fall aber doch. Sein Posting bekam 1700 Likes – die größte Publicity, die die Raika Waidhofen jemals im Internet bekommen hat.

Tipps für Social media

Voraussetzung für alle Social-Media-Aktivitäten ist aber schnelles Internet. Hier hakt es noch in vielen Regionen Österreichs. Es gibt zwar zahlreiche Initiativen, aber bis Breitband mit einer Übertragungsrate von mindestens 100 Mbit pro Sekunde flächendeckend vorhanden sein wird, wird es noch mindestens bis 2020 dauern.