beleuchtete Stadt
Gemeinden sollten Angebote nicht nur nach dem vermeintlich günstigen Preis beurteilen. Der tatsächliche Preis für so ein eher kurzsichtiges Verhalten wird allen Erfahrungen nach hoch sein.
© Shutterstock/think a

Wie die Smart City beleuchtet wird

Die öffentliche Beleuchtung ist im Wandel begriffen. Schon heute können Lichtmasten und Leuchtkörper weit mehr als nur Licht spenden. KOMMUNAL hat sich angesehen, wie Gemeinden für die Beleuchtung der Zukunft gerüstet sind, was zu beachten ist und wie sie an dieses weite Themenfeld herangehen sollten.

Fährt man in einer regnerischen Nacht auf einer unbeleuchteten Straße, merkt man, dass mit dem mangelnden Licht auch die Sicherheit schwindet: die eigene als Autofahrer und damit auch die der anderen Verkehrsteilnehmer. Wie wichtig die öffentliche Beleuchtung ist, wird am deutlichsten, wenn sie fehlt. Dabei können die diversen Beleuchtungskörper heute schon etliches mehr, und das wird sich künftig noch steigern. Wenn es soweit ist, dass weitere neue Anwendungen auf den Markt kommen, sollten kommunale Beleuchtungen bereits dafür vorbereitet sein.

Vorbereitet sein in diesem Zusammenhang heißt, dass beispielsweise sensorgesteuertes automatisiertes Fahren unterstützt wird, ohne die komplette Infrastruktur neu aufzubauen. Vorbereitet sein heißt auch, dass Anwendungen und die Kommunikation der Leuchten mit dem Service- und Wartungsteam ist Echtzeit funktionieren. Damit können im Fall der Fälle auftretende Ausfälle dramatisch verkürzt werden. Vorbereitet sein heißt aber auch, ohne große Investitionen neue Leuchten einbauen zu können, die mit mehr und besseren Sensoren ausgerüstet sind.

Die „Smartifizierung" der Beleuchtung

Mit dem Umstieg auf die LED-Technologie begann sich etwas zu entwickeln, was man als „Smartifizierung" bezeichnen könnte. Eine Entwicklung, die in Deutschland den Begriff „Smart Pfosten" (eigentlich heißt es „Die integrierte multifunktionale Straßenlaterne") geprägt hat. In England gibt es dafür den Begriff „Humble Lamppost" (etwa „der intelligente Straßenmast"). Auf der Suche nach einer Nutzungsmöglichkeit für die Licht-Infrastruktur waren neben den großen Städten vor allem die Telekom-Betreiber. Die Lichtpunkte sollten zusätzlich die Infrastruktur bilden, in die zum Beispiel Kommunikationsmodule wie G5, WLAN und anderes integriert werden können. Mit dem Resultat, dass plötzlich 90 Prozent der Beleuchtungs-Infrastruktur eher Telekommunikation denn Lichtversorgung war.

In Österreich sind die kleinen und mittleren Gemeinden Vorreiter der Umstellung. Feldkirch war eine der ersten Kommunen, die auf LED umgestellt haben. Wien hat Ende 2012 die erste großflächige LED-Anlage auf der Donauinsel umgestellt, also nur rund 1200 der insgesamt 154.000 Beleuchtungskörper der Stadt. Klar, es ist auch einfacher, eine kleine Gemeinde mit 500 Lichtpunkten oder nur Teilgebiete umzurüsten, weil eher überschau- und finanzierbar.

Als wesentliche Triebfeder der Umrüstung stand üblicherweise der Spargedanke im Vordergrund, schließlich weisen LEDs einen signifikant geringeren Stromverbrauch als die bis dahin üblichen Leuchtmittel auf. Man wollte aber auch mittlerweile technisch ausgereifte Innovationen nutzen, etwa dass, falls ein Leuchtpunkt oder gar die Beleuchtung einer ganzen Straße ausfällt, ganz automatisch eine Fehlermeldung an die Zentrale ergeht.

Eine weitere Fähigkeit der smartifizierten Beleuchtung ist es, den Straßenverkehr flüssig zu halten. Das funktioniert heute schon über Sensoren, die einen Stau oder erhöhtes Verkehrsaufkommen erkennen und melden, woraufhin aus einer „Zentrale" darauf reagiert, und der Verkehr über die Ampelschaltung auf eine andere Route geführt werden kann.

Leuchte entscheidet selbst, welches Licht gebraucht wird

Sensorgesteuerte Beleuchtung heißt auch, dass die Leuchte selbst detektiert, welches Licht wann und wo gebraucht wird. Herrscht kein Verkehr auf der Straße, wird das Licht automatisch gedimmt. Das kann über eine autarke, sensorgesteuerte Leuchte mit einem Sensordimmer oder einen bereits integrierten Steuerbaustein funktionieren, bei dem werkseitig nach Kundenwunsch vorprogrammiert ist, wie das Dimmverhalten aussehen soll. Bei bewegungsabhängigen Steuerungen handelt die Leuchte selbstständig, indem sie bei Bewegungen auf der Straße bzw. dem Gehsteig mit dem Lichtniveau nach oben fährt. Das kann entweder jeder Lichtpunkt gesondert machen oder vernetzt in kleinen Gruppen. So wird, falls beispielsweise jemand in eine Nebenstraße einfährt, die gesamte Lichtgruppe in dieser Straße nach oben gefahren. Die smarte Beleuchtung kann auch auf Unfälle reagieren. Wird ein solcher registriert, fährt das System automatisch hoch. Die Leuchten können sogar so eingestellt werden, dass durch sie Rettung und Polizei informiert werden.

Bei der vernetzten Steuerung kommuniziert die Beleuchtung mit dem Kontrollraum oder direkt mit anderen Systemen wie Ampelanlagen. Vernetzte Systeme werden derzeit bereits in Pilotprojekten eingesetzt, und Sensoren zur Verkehrsdetektion und Kommunikation in einer Leuchte gehören mittlerweile zum Stand der Technik. Bei Hängeleuchten ist es zur Zeit noch schwierig, IOT-Module (IOT meint Internet of Things), die zwecks optimaler Kommunikation nach oben gerichtet sein sollten, zu installieren. Kameras und WLAN-Komponenten sind bei dieser Form von Straßenbeleuchtungen derzeit nicht realistisch, dafür braucht es zumindest jetzt noch Masten.

Wenn aber eines nicht allzu fernen Tages jedes Kfz in der Cloud sein soll, drängt sich die öffentliche Straßenbeleuchtung mit ihren Abständen von maximal 40 Metern zwischen den Lichtpunkten geradezu auf, Systeme wie automatisiertes Fahren zu unterstützen. Es gibt bereits Carsharing-Modelle in Städten, die mit solchen Systemen arbeiten.

In Pilotprojekten zur Parkraumüberwachung werden Sensoren in Leuchten getestet – auch wenn die Sinnhaftigkeit zweifelhaft ist. Schließlich liegt die „freie Zeit" eines Parkplatzes in Wien lediglich zwischen 60 und 90 Sekunden.

Das richtige Licht zur richtigen Zeit

Abgesehen von der bewegungsabhängigen Beleuchtung gibt es in den Randbereichen einer Siedlung auch die situativ angepasste Beleuchtung, wie es in der Önorm O 1055 heißt. Das sieht so aus, dass das Licht über ein in der Leuchte eingebautes Gerät mit einem fix hinterlegten Dimmprofil zu gewissen Uhrzeiten gesteuert wird. Einige Kommunen verwenden bereits ein derartiges „Lichtglocken-System", das definiert hat, wann Licht eingeschalten bzw. hochgedimmt werden soll.

Salzburg hat ein ähnliches System. Hier hat man festgestellt, dass die Programmierung (die Techniker sagen dazu „Matrix-Programmierung) bei relativ geraden Strecken viel einfacher ist, weil ich einen Sensor in eine bestimmte Richtung ausrichten kann. Bei Plätzen oder auf Strecken, wo der Weg nicht genau definiert ist, ist es um einiges schwieriger. Daher wird man in solchen Fällen eher Bereiche ansteuern.

Bildauflösende Sensoren

Eine sensorgesteuerte Beleuchtung ermöglicht zu erkennen, was sich auf der Straße tut. Das Einfachste wäre eine Infrarotdetektion, die aber fehleranfällig ist. Weil sie auf Temperaturunterschiede sensibilisiert ist, funktioniert sie im Winter nicht, sobald ein eigentlich zu erkennender Passant dermaßen sorgfältig verpackt ist, dass seine Kleidung die Körperwärme für das Erkennen zu sehr isoliert. Daher gibt es in unterschiedlicher Komplexität Radarsensoren, die wesentlich mehr Bewegung erkennen. Bildauflösende Sensoren für die Erkennung der reinen Bewegung werden bereits eingesetzt, Erfahrungen aus den Bundesländern Tirol und Salzburg sind vorhanden.

Die aktuellen High-End-Systeme umfassen bildauflösende Sensoren, befinden sich aber derzeit noch in Pilotprojekten in der Testphase. Sie können erkennen, ob es einen Unfall gibt, ja sogar ob sich beispielsweise ein Fußgänger auf dem Gehweg Richtung Zebrastreifen dreht. In diesem Fall soll das System einen geregelten Fußgängerübergang steuern. Die Ampeln springen auf Rot, das Lichtniveau wird gesteigert. Die Funktionsweise an sich ist genial, nur die dahinterstehende Software bzw. die Apps sind permanent in Entwicklung und es ist gegenwärtig nicht absehbar, wann das System ausgereift ist. Überdies spielen dabei auch heikle Fragen der Überwachung eine Rolle. Im privaten Bereich kann man mit solchen Systemen zumindest den eigenen Garten überwachen – und zwar ohne das Nachbargrundstück mit einzubeziehen – oder den Eingangsbereich des eigenen Hauses. Auch Töne lassen sich damit erfassen – Einbruchsgeräusche zum Beispiel.

Ist Geiz wirklich geil?

Lange Zeit hatte man im Wesentlichen nur die Wahl zwischen sehr gutem Leuchtenmaterial und ganz schlechtem. Dazwischen gab es fast nichts. Aufgrund der Billig-konkurrenz sind zwar in relativ kurzer Zeit zig Anbieter Pleite gegangen, mittlerweile spielt die billige Konkurrenz aus Sicht der Industrie aber nur noch eine untergeordnete Rolle.

Auch wenn es immer jemanden gibt, der sich für die billigste Lösung entscheidet. Der- oder Diejenige haben einen schnellen (beispielsweise in einer Legislaturperiode), aber nicht nachhaltigen Erfolg. Dessen Beleuchtung scheint sich vorerst rasch zu amortisieren. Nach wenigen Jahren folgt allerdings das böse Erwachen, weil die billigen Leuchten bzw. Bestandteile für den nächsten Entwicklungsschritt nicht mehr gerüstet sind. Der manchmal noch vorhandene schlechte Ruf der LED-Beleuchtung ist eine direkte Folge dieser Billiglösungen. Bei einer billigen und grellen Leuchte, die undifferenziert abstrahlt, sagt die Bevölkerung zu Recht, „welches Glumpert sind die LEDs und wie schön war doch unsere alte Gasentladungsbeleuchtung".

Vorsicht vor Lockangeboten

Speziell in den kleinen Kommunen hat es die Industrie allerdings schwer, diese Umstände zu vermitteln. Der Bürgermeister einer kleineren Gemeinde hat meist aufgrund seiner vielfältigen Tätigkeiten und Zuständigkeiten kaum die Zeit, sich das notwendige Wissen über die Details und Besonderheiten der Beleuchtungssysteme anzueignen. Wird ihm ein Packen Papier samt Angebot auf den Tisch geknallt, das um 30 oder 40 Prozent billiger als Vergleichsangebote etablierter und bekannter Hersteller ist, müssen sogar Experten lange suchen, bis sie die Fallstricke im Angebot finden. Der „normale" Bürgermeister ist da chancenlos. Die bisherige Praxis zeigt aber, sobald sich in den kleinen Gemeinden jemand findet, der sich wirklich mit der Thematik auseinandersetzt, sind die vermeintlich günstigen Lockangebote schnell vom Tisch. Dann gibt’s auf einmal sinnvolle und durchdachte Herangehensweisen wie zum Beispiel Probeinstallationen – sofern man nicht ohnehin auf Erkenntnisse der heute schon zahlreichen Referenzanlagen zurückgreifen kann.

Zwei schnelle Resümees

Um für alle möglichen und denkbaren Komponenten der Zukunft gerüstet zu sein, sollten öffentliche Beleuchtungen zumindest „system ready" sein, sprich bereit, um ohne große Kosten nach- und aufgerüstet werden zu können. Dafür und um für die Gemeinde das richtige Licht bereit zu stellen, ist es anzuraten, in ein Lichtkonzept zu investieren. Hier spielen auch Faktoren wie „Lichtverschmutzung" und „Licht als Werbe- und Imagefaktor" mit hinein.

Resümee zwei: Gemeinden sollten Angebote nicht nur nach dem vermeintlich günstigen Preis beurteilen. Der tatsächliche Preis für so ein eher kurzsichtiges Verhalten wird allen Erfahrungen nach hoch sein. Unabhängige Expertenplattformen arbeiten derzeit daran, eine Checkliste für Gemeinden zu erarbeiten, wie Angebote auf dem Beleuchtungssektor zu lesen sind und worauf besonders zu achten ist.