Kokainkonsum
Der Kokainkonsum stieg um 70 Prozent.
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Abwasseranalyse

Welche Drogen in Vorarlberg konsumiert werden

24. Januar 2025
Das abwasserbasierte Drogenmonitoring hat sich als eine innovative Methode etabliert, um den Konsum legaler und illegaler Suchtmittel in der Bevölkerung zu analysieren. Bereits 2020 wurde ein abwasserbasiertes Drogenmonitoring in Vorarlberg durchgeführt, sodass nun ein Vergleich der Konsumtrends zwischen damals und heute möglich ist. Neben dem Konsum verbotener Drogen, Alkohol und Nikotin wurden im Jahr 2024 erstmals auch der Konsum von pharmazeutischen Wirkstoffen wie Antidepressiva (Venlafaxin, Citalopram), Antiepileptika (Gabapentin, Pregabalin) und Schlafmittel (Zolpidem) untersucht. Dies erlaubt eine Analyse der Verwendung psychophoaktiver Substanzen durch die Vorarlberger Bevölkerung.

Untersucht wurden Wasserproben aus den 17 größten Kläranlagen Vorarlbergs, an die 78 Gemeinden mit rund 400.000 Einwohnerinnen und Einwohnern angeschlossen sind – etwa 97 Prozent der Bevölkerung. Die Proben wurden an sieben aufeinanderfolgenden Tagen Anfang Juli 2024 entnommen.

„Dank der Kooperation mit den Kläranlagen, die uns die Proben bereitstellen, können wir nun nicht nur den Konsum illegaler Drogen, sondern auch den von pharmazeutischen Wirkstoffen wie Antidepressiva und Schlafmitteln analysieren“, lobt Univ.-Prof. Herbert Oberacher die gute Zusammenarbeit mit den Kläranlagen.

HIV-Infektionen bei Drogenkonsumierenden zurückgegangen

„Die Daten zeigen uns, dass Vorarlberg schon sehr früh und sehr hoch von Drogenkonsum betroffen war. Aber sie zeigen uns auch die Erfolge, durch die in letzten Jahrzenten intensiv aufgabebauten Behandlungs- und Präventionsangebote. Beispielsweise sind die HIV-Infektionen bei intravenös drogenkonusmierenden Menschen zurückgegangen, die soziale Integration und Gesundheitsversorgung von suchtkranken Menschen hat sich deutlich verbessert“, erklärt Abteilungsvorständin Alexandra Kargl.

Aus dem vorliegenden Bericht zeige sich nun aber, dass ein verstärktes Augenmerk auf mögliche Ursachen für den massiven Anstieg des Kokain- und regional eingegrenzten Methamphetaminkonsums gelegt werden muss. Die bisherigen Angebote müssen im Hinblick auf die Datenlage analysiert und

Die Studie hatte vier Hauptziele:

  1. Den Umfang des Konsums der einzelnen Wirkstoffe in Vorarlberg zu ermitteln.
  2. Einen überregionalen Vergleich anzustellen.
  3. Regionale Unterschiede innerhalb Vorarlbergs aufgrund von Urbanisierung und Tourismus zu untersuchen.
  4. Zeitliche Veränderungen im Vergleich zum Jahr 2020 festzustellen.

Wesentliche Erkenntnisse

Die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Studie können wie folgt zusammengefasst werden:

Häufig konsumierte Substanzen

Von den 23 untersuchten Substanzen waren Nikotin, Alkohol, Paracetamol, THC (Cannabis), Venlafaxin und Kokain die am häufigsten konsumierten. Diese Substanzen wiesen Pro-Kopf-Konsummengen von mehr als 10 Dosen pro Tag pro 1.000 Personen auf.

Nikotin und Alkohol dominieren das Konsumverhalten, während Cannabis als die am häufigsten genutzte illegale Droge hervorsticht.

Innerhalb der Gruppe der untersuchten pharmazeutischen Wirkstoffe weisen das Schmerzmittel Paracetamol sowie die Psychopharmaka Venlafaxin, Citalopram und Oxazepam die höchsten Umsätze auf, was auf den breiten Einsatz in der pharmakologischen Behandlung bei Schmerzen und psychischen Erkrankungen hinweist.

Alkoholkonsum

Der durchschnittliche Konsum von Alkohol entsprach 0,7 Standardgläsern pro Tag pro Person. Im Schnitt wurden 7,5 Tonnen an reinem Ethanol pro Tag in Vorarlberg konsumiert.

  • Ein Standardglas enthält etwa 20 Gramm reines Ethanol, was beispielsweise einer Flasche Bier oder zwei Gläsern Wein entspricht.
  • Alkohol ist jene psychoaktive Substanz, von der die größte Menge pro Tag umgesetzt wurde. Dies spiegelt die hohe gesellschaftliche Akzeptanz von Alkohol wider.

Nikotinkonsum

Der tägliche Nikotinkonsum entsprach dem Gehalt von drei Zigaretten pro Person.

  • Unter der Annahme, dass eine rauchende Person durchschnittlich 15 Zigaretten pro Tag konsumiert, bedeutet das, dass rund 20 Prozent der Vorarlberger Bevölkerung Raucherinnen oder Raucher wären. Jährlich würden somit rund 590 Millionen Zigaretten konsumiert werden. Bei einem durchschnittlichen Preis von 0,3 Euro pro Zigarette ergäbe das einen Umsatz von rund 180 Millionen Euro.
  • Diese Werte bestätigen die weit verbreitete Nutzung von Tabakprodukten.

Cannabis und Kokain

Cannabis: Mit 65 Dosen pro 1.000 Personen pro Tag ist THC die am häufigsten konsumierte verbotene Substanz.

  • Hochgerechnet entspricht dies einer jährlichen Menge von 10 bis 20 Tonnen Cannabiskraut.
  • Mit einem geschätzten Preis von 10 Euro pro Gramm beläuft sich der Schwarzmarktwert allein für diese Substanz auf 100 bis 200 Millionen Euro.

Kokain: Mit 16 Dosen pro 1.000 Personen pro Tag folgt Kokain als zweitbeliebteste illegale Droge.

  • Dies entspricht einer geschätzten jährlichen Konsummenge von 309 Kilogramm reiner Substanz.
  • Bei einem durchschnittlichen Preis von 90 Euro pro Gramm erreicht der jährliche Umsatz mindestens 28 Millionen Euro.
    Der Konsum dieser Substanzen unterstreicht die Präsenz eines bedeutenden Schwarzmarkts in der Region.

Pharmazeutische Substanzen

Unter den analysierten Arzneimitteln wurden die höchsten Umsätze bei Paracetamol, Venlafaxin und Oxazepam festgestellt.

Paracetamol: Etwa jede zehnte Person konsumierte dieses Schmerzmittel, das vor allem bei alltäglichen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Gelenkschmerzen eingesetzt wird.

Antidepressiva (z. B. Venlafaxin): Rund drei Prozent der Vorarlberger Bevölkerung nehmen Venlafaxin oder Citalopram zur Behandlung von Depressionen ein. Gemessen an der Rate der ärztlich diagnostizierten Depressionen deutet dies auf eine gute Abdeckung der pharmakologischen Behandlung hin.

Schlafmittel (z. B. Zolpidem): Etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung nutzten die Schlafmittel Oxazepam und Zolpidem zur kurzzeitigen Behandlung von Schlafstörungen.

Regionale Unterschiede

Der Konsum von Kokain und Amphetamin war in einigen Vorarlberger Regionen über dem österreichischen Durchschnitt, während MDMA unter dem Durchschnitt lag. In (semi-)urbanen Gebieten war der Konsum illegaler Substanzen und pharmazeutischer Wirkstoffe höher als in ländlichen Regionen. Tourismus scheint den Konsum bestimmter Substanzen wie Methamphetamin und Ketamin zu beeinflussen, insbesondere in ländlichen Gebieten mit touristischer Infrastruktur.

Zeitliche Trends

Im Vergleich zur Studie von 2020 wurden signifikante Veränderungen festgestellt:

  • Kokain: Der Konsum stieg um 70 Prozent, was eine besorgniserregende Entwicklung darstellt.
  • Methamphetamin: Ein Zuwachs von 114 Prozent deutet auf eine regionale begrenzte Ausweitung des Konsums hin. Tendenziell wurde mehr Methamphetamin in den urbaneren als in den ländlicheren Regionen Vorarlbergs konsumiert, im ländlichen Raum scheint der Faktor Tourismus einen Anstieg des Methamphetaminkonsums zu bedingen.
  • MDMA: Der Konsum fiel um 27 Prozent, was auf eine Verlagerung des Drogenkonsums hinweisen könnte.
  • THC: Der Konsum von psychoaktivem Cannabis reduzierte sich um 20 Prozent, was auf eine veränderte Konsumkultur hinweist.