Handschlag
Ist eine Vertragsänderung wesentlich, ist der Auftraggeber verpflichtet, erneut auszuschreiben.
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Welche Änderungen sind nach der Vergabe zulässig?

21. Dezember 2019
Selbst bei sorgfältigster Erstellung der Ausschreibungsunterlagen kann – aus den unterschiedlichsten Gründen – der Fall eintreten, dass nach Auftragsvergabe eine Anpassung des Vertrages notwendig ist. Ob diese Anpassung formfrei – also ohne die erneute Durchführung des Vergabeverfahrens (§ 365 Abs. 1 BVergG 2018) – möglich ist, hängt davon ab, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Vertragsänderung handelt.

Ist die Vertragsänderung wesentlich, ist der Auftraggeber nämlich verpflichtet, erneut auszuschreiben. Eine formlose Vertragsänderung ist unzulässig!

Was ist eine wesentliche Vertragsänderung?

Eine wesentliche Vertragsänderung liegt nach dem Bundesvergabegesetz 2018 beispielsweise vor, wenn die Änderung – hätte sie bereits im ursprünglichen Vergabeverfahren gegolten –

  • eine Änderung des relevanten Bieterkreis
  • die Zulassung anderer Bewerber zum Verfahren
  • die Annahme eines anderen Angebotes („Bietersturz“)
  • einer Änderung des wirtschaftlichen Gleichgewichts zugunsten des Auftragnehmers
  • eine erhebliche Ausweitung oder Verringerung des Umfangs des Vertrages
  • bewirkt hätte, oder
  • ein neuer Vertragspartner den Auftragnehmer ersetzt.

Was ist eine unwesentliche Vertragsänderung?

Hingegen ist eine neuerliche Ausschreibung nicht notwendig, wenn es sich um eine unwesentliche Vertragsänderung handelt:

  • Eine unwesentliche Vertragsänderung liegt unter anderem dann vor, wenn sich die Auftragssumme bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen um maximal 10 Prozent und bei Bauaufträgen um maximal 15 Prozent der ursprünglichen Auftragssumme ändert (§ 365 Abs 3 Z 1 BVergG 2018) und dabei die Schwellenwerte (derzeit 221.000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungen bzw. 5.548.000 Euro bei Bauleistungen) nicht überschritten werden.
  • Darüber hinaus legt das Bundesvergabegesetz 2018 für besondere Einzelfälle noch weitere Tatbestände unwesentlicher Vertragsänderungen fest (§ 365 Abs 3 Z 3 bis 6 BVergG 2018).

Kann sich ein Auftraggeber im Vorhinein auf spätere Vertragsänderungen vorbereiten, ohne dass er verpflichtend neuerlich ausschreiben muss?

  • Ja! Das Gesetz erlaubt dem Auftraggeber, für spätere Vertragsänderungen in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen klare, präzise und eindeutig formulierte Vertragsänderungsklauseln vorzusehen (§ 365 Abs 3 Z 2 BVergG 2018). Diese Klauseln müssen Angaben zu Umfang und Art der möglichen Änderungen enthalten, unter denen sie zur Anwendung gelangen können.

Infos

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