Die Abgabe ist moderat. Eine Mobilisierung des Wohnraums für die einheimische Bevölkerung kann damit nicht erreicht werden. Wer sich eine Immobilie als Freizeitwohnsitz leisten kann, wird sich auch durch die Vorschreibung einer Freizeitwohnsitzabgabe nicht von ihr trennen. 
© Markus Rieder - stock.adobe.com

VfGH hat keine Bedenken gegen Freizeitwohnsitzabgabe

Freizeitwohnsitze bringen den Gemeinden keine Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich. Die Freizeitwohnsitzabgabe soll eine finanzielle Beteiligung der Freizeitwohnsitzer an den Infrastrukturkosten leisten. Bei der Festlegung der Höhe der Abgabe gilt es nach der Rechtsprechung die finanzielle Belastung der Gemeinde mit Freizeitwohnsitzen darzulegen.

Die Rufe nach einer Reduzierung des aktuellen Bodenverbrauchs werden immer lauter. Wenn es nach der Bundesregierung geht, soll die tägliche Flächeninanspruchnahme von derzeit rund 11,5 auf 2,5 Hektar pro Tag reduziert werden. Damit eine Reduktion des Bodenverbrauchs gelingen kann, wird an vielen Schrauben zu drehen sein.

Freizeitwohnsitze fördern die Wohnraumverknappung

Eine dieser Schrauben ist der Umgang mit Freizeitwohnsitzen, die per definitionem nicht der ganzjährigen Befriedigung des Wohnbedürfnisses dienen. Nachdem niemand an zwei Orten gleichzeitig anwesend sein kann, folgt daraus, dass immer dann, wenn das Wohnbedürfnis in der Wohnung am Hauptwohnsitz gedeckt wird, die Wohnung am Freizeitwohnsitz leer steht und umgekehrt.

In Zeiten von restriktiven Baulandwidmungen bringen diese sogenannten „kalten Betten“ eine Wohnraumverknappung mit sich. Wie in allen Bereichen der Wirtschaft treibt auch ein knapper Wohnungsmarkt die Preise für Grundstücke und Immobilien nach oben. Wohnraum wird für die einheimische Bevölkerung immer öfter kaum noch erschwinglich.

Wenn auch die Freizeitwohnsitze nicht der alleinige Grund für die stark steigenden Immobilienpreise sind, stellt die Suche nach einem leistbaren Zuhause heute insbesondere junge Menschen vor große Herausforderungen. In den von den Preissteigerungen am meisten betroffenen Gemeinden, wie Umlandgemeinden der Ballungszentren sowie Tourismusgemeinden, braucht es daher Maßnahmen, um die Abwanderung der Einheimischen hintanzuhalten. 

Auch Freizeitwohnsitze brauchen teurer Infrastruktur 

Für die Gemeinden bedeuten Freizeitwohnsitze eine finanzielle Herausforderung. Denn im Hinblick auf die in den Gemeinden bereitzustellende Infrastruktur macht es kaum einen Unterschied, ob es sich um einen Haupt- oder einen Freizeitwohnsitz handelt. Der Freizeitwohnsitzer erfreut sich ebenso am gepflegten Ortsbild, an einer funktionierenden Schneeräumung oder einer einsatzfähigen Feuerwehr wie der Hauptwohnsitzer.

Die vielen Leistungen, die die Gemeinden im Rahmen der Daseinsvorsorge erbringen, kosten Geld. Doch obwohl die Freizeitwohnsitzer diese von den Gemeinden bereitgestellte Infrastruktur genauso wie Hauptwohnsitzer nützen, gibt es für die Freizeitwohnsitzer kein Geld aus dem Finanzausgleich.

Sofern die Kosten nicht durch Benützungsgebühren (z .B. Wasser- und Kanalgebühren) oder Fremdenverkehrsabgaben gedeckt sind – die (auch) für Freizeitwohnsitze zu entrichten sind –, fehlt den Gemeinden dadurch Geld, das für den Ausbau sowie die Erhaltung der Infrastruktur dringend benötigt wird. Aus diesem Grund verwundert es wenig, dass gemeindeseitig die Forderung nach einer finanziellen Beteiligung der Freizeitwohnsitzer besteht.

Erfahrungen mit der Freizeitwohnsitzabgabe in Tirol

Tirol führte bereits vor wenigen Jahren eine Freizeitwohnsitzabgabe ein, deren Höhe sich nach der Nutzfläche des Freizeitwohnsitzes bemisst. Das Tiroler Freizeitwohnsitzabgabegesetz (TFWAG) sieht dabei eine untere und eine obere Wertgrenze vor. Die jährliche Abgabe startet bei einer Nutzfläche bis 30 m2 mit mindestens 100 Euro bis höchstens 240 Euro und steigt abgestuft bei einer Nutzfläche von mehr als 250 m2 auf mindestens 920 Euro und höchstens 2.200 Euro an.

Die jeweilige Abgabenhöhe hat jede Gemeinde für sich innerhalb der Wertgrenzen nach dem TFWAG mit Verordnung des Gemeinderates festzulegen. Dabei haben die Gemeinden auf den Verkehrswert der Liegenschaften und auf die finanziellen Belastungen der Gemeinde durch die Freizeitwohnsitze Bedacht zu nehmen. Im Jahr 2020 brachte die Freizeitwohnsitzabgabe den Tiroler Gemeinden 6,4 Millionen Euro und im Jahr 2021 7,9 Millionen Euro. Bei etwas über 16.300 genehmigten Freizeitwohnsitzen sind das im Schnitt pro Freizeitwohnsitz rund 480 Euro pro Jahr.

VfGH hat keine Bedenken gegen Freizeitwohnsitzabgabe

Erst kürzlich standen die aufgrund des TFWAG erlassenen Verordnungen von Wörgl und Kufstein im Rahmen eines Verordnungsprüfungsverfahrens des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) auf dem Prüfstand. Mit diesen Verordnungen legten die Gemeinden jeweils die gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträge für Freizeitwohnsitzabgaben in ihrem Gemeindegebiet fest. 

Nach den beiden Erkenntnissen vom 07.03.2022, V 54/2021 und V157/2021, bestehen seitens des VfGH keine verfassungsgesetzlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit der als ausschließliche Gemeindeabgabe erhobenen Freizeitwohnsitzabgabe. Die beiden Tiroler Gemeinden legten aber nicht ausreichend die Art der finanziellen Belastungen durch die Freizeitwohnsitze dar. Aus diesem Grund hob der VfGH die beiden Verordnungen auf. 

Verglichen mit anderen Tiroler Gemeinden weisen Wörgl und Kufstein mit 16 und 27 Freizeitwohnsitzen eine geringe Anzahl an Freizeitwohnsitzen auf. Zum Vergleich: Kitzbühel hat 1.273 Freizeitwohnsitze.

Nach dem VfGH kann allein aus der geringen Anzahl von Freizeitwohnsitzen nicht auf das Vorliegen geringer Aufwendungen geschlossen werden.

Hinsichtlich der finanziellen Belastungen ist nicht auf die für einen bestimmten Freizeitwohnsitz konkret anfallenden Aufwendungen abzustellen. Vielmehr kommt es auf die Belastung der Gemeinde insgesamt an. Da Aufwendungen auch unabhängig von der Anzahl der Freizeitwohnsitze anfallen, kann dem Höchstgericht nach aus einer im Vergleich geringen Freizeitwohnsitzquote nicht abgeleitet werden, dass die Festsetzung der Abgabe im Höchstausmaß schon deshalb gesetzwidrig sei. Die beiden Verordnungen waren aber vom VfGH zu beheben, weil die Gemeinden es verabsäumten, die besonderen Belastungen durch die Freizeitwohnsitze darzulegen.

Weder den Verordnungsakten noch den in den Verfahren erstatteten Äußerungen war zu entnehmen, welcher Art die finanziellen Belastungen sind. Bei der Festlegung einer Abgabe mit dem Höchstsatz muss für das Höchstgericht jedoch erkennbar sein, dass es sich bei den darzulegenden Aufwendungen um überdurchschnittliche Aufwendungen handelt. Aufwendungen, die durch Benützungsgebühren oder Fremdenverkehrsabgaben finanziert werden, haben dabei außer Betracht zu bleiben.

Allgemeine Ausführungen zur regionalen oder wirtschaftlichen Stellung einer Gemeinde und den Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen reichen für die Begründung des Höchstsatzes nicht. Wörgl und Kufstein werden sich für die neu zu erlassenden Abgabenverordnungen nun näher mit den finanziellen Belastungen durch die Freizeitwohnsitze auseinanderzusetzen haben. 

Moderate Abgabe

Abschließend bleibt festzuhalten, dass mit der Freizeitwohnsitzabgabe ein finanzieller Beitrag zu den Infrastrukturkosten in den Gemeinden geleistet wird. Im Besonderen werden Gemeinden mit einer großen Anzahl an Freizeitwohnsitzen auf diese Abgabe nicht verzichten wollen.

Wie am Beispiel Tirol gezeigt, bewegt sich die Abgabe aber in moderaten Höhen. Eine Mobilisierung des Wohnraums für die einheimische Bevölkerung kann damit nicht erreicht werden. Wer sich eine Immobilie als Freizeitwohnsitz leisten kann, wird sich auch durch die Vorschreibung einer Freizeitwohnsitzabgabe nicht von ihr trennen.