Verkehrszeichen sollten
mindestens 2,20 Meter hoch
angebracht werden: Verletzungen
insbesondere
von blinden oder sehbehinderten
Menschen
können so vermeiden
werden.

Verbesserungen für Fußgänger im Straßenverkehr

3. Dezember 2015
Schlecht einsehbare Fußgängerübergänge? Schwer passierbare Gehsteigkanten für Kinderwägen und Rollstuhlfahrer oder zu tief hängende Verkehrsschilder als Sicherheitsrisiko für sehschwache bzw. blinde Menschen? Eine neue Richtlinie soll nun den Fußgängerverkehr in Österreich verbessern.





„Die neuen Richtlinien für den Fußgängerverkehr, die von 27 österreichischen Verkehrsplanern und Verkehrsexperten erstellt und von der Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße ‐ Schiene – Verkehr herausgegeben wurden, vereinfachen das tägliche Leben der Fußgänger und tragen zu deren Schutz bei“, betont Thann.

Warum eine Richtlinie zum Fußgängerverkehr?



„Fußgänger sind keine `Randerscheinung`, sondern das Bindeglied jeglicher Mobilität. Die neue Richtlinie trägt diesem Umstand Rechnung und versucht durch Vorgaben für die Planungspraxis die Attraktivität im Straßenraum für die Fußgänger zu erhöhen“, erklärt Univ. Prof. Josef Michael Schopf von der FSV.



Zu Fuß gehen ist die ureigene Fortbewegungsart des Menschen, der aufrechte Gang zeichnet ihn als solchen aus. Waren Straßen über Jahrtausende hinweg Erlebnisräume und „Begegnungszonen“, änderte sich dies speziell in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts grundlegend: Straßen wurden zu Verkehrsräumen mit dem motorisierten Individualverkehr als Gewinner im Kampf um Straßenflächen – auch bezüglich der abgestellten Fahrzeuge. In der Folge wurden die Belange des Fußgängers sowohl in den Planungsrichtlinien als auch in der Praxis nur mehr „am Rande“ behandelt und Restflächen zugewiesen.



Ende des letzten Jahrhunderts fand in der Verkehrsplanung ein Paradigmenwechsel statt, der den Blick wieder auf den Umweltverbund (Fußgänger, Radfahrer, Öffentlicher Verkehr) lenkte und 2004 zur ersten Ausgabe einer Richtlinie ausschließlich für den Fußgängerverkehr sorgte.



Und dies aus gutem Grund: Der Fußgängerverkehr ist die umweltfreundlichste Verkehrsart und ein wichtiger Beitrag zur Gesundheitsvorsorge obendrein. Er ist ein Garant für die Stabilität der Siedlungsstrukturen. Zudem hat er wesentlich dazu beigetragen, dass wir uns heute zum Teil noch immer über menschengerechte Siedlungen freuen können, die auf Basis der Fußgängergeschwindigkeit und den hohen ästhetischen Ansprüchen an Fußwegen entstanden sind.

Auszug aus den neuen Richtlinien und Vorschriften für den Fußgängerverkehr:


Aufstellen von Verkehrszeichen



  • Verkehrszeichen (einschließlich Zusatztafeln) dürfen im Lichtraum für den Fußgängerverkehr nicht unter 2,20 m (gem. ÖNORM B1600) über Gehsteigniveau angebracht werden, um Verletzungen insbesondere von blinden oder sehbehinderten Menschen durch das Unterlaufen der Verkehrszeichen oder das Anstoßen zu vermeiden.

  • Verkehrszeichen, die in den Lichtraum der Fußgänger hineinragen, dürfen nicht scharfkantig sein und sind entsprechend taktil zu kennzeichnen, um ein Unterlaufen durch blinde oder sehbehinderte Menschen zu vermeiden. Sinngemäß gilt dies auch für Postkästen, Verkaufsautomaten usw.

  • Baustellenbedingte oder sonstige mobil aufgestellte Verkehrszeichen dürfen nicht scharfkantig sein und die Standsockel nicht überragen. Die Standsockel sind so auszuführen, dass sie für blinde und sehbehinderte Menschen mit dem Langstock taktil wahrnehmbar (Höhe mindestens 6cm) sind. Auf die Freihaltung des Verkehrsraumes und tastbarer Bodeninformationen gem. ÖNORM V2102-1, ist besonders zu achten.

  • Ebenso sind Maste von Verkehrslichtsignalanlagen (Ampeln) und dgl. so anzuordnen, dass sie den Verkehrsraum der Fußgänger so wenig wie möglich einschränken und abseits der Gehlinien der Fußgänger platziert sind.


Hindernisse auf Fußgängerflächen



  • Hindernisse auf Fußgängerflächen (Verkehrszeichensteher, Hydranten, Poller, usw.) sind farblich kontrastierend (mindestens zweifärbig) zu markieren und sollten eine Mindesthöhe von 0,9m aufweisen.

  • Die Markierungen sind in einer Regelbreite von 24cm (bei drei gleich breiten Streifen), jedoch in einer Mindestbreite von 10cm gemäß ÖNORM B1600 bei zwei gleich breiten Streifen auszuführen und in einer Höhe von 0,8m bis 1,0m und ggf. 1,50m bis 1,60m (gem. ÖNORM B1600) anzubringen.


Gehsteigbreite



  • Die Breite des Verkehrsraumes soll im Regelfall mindestens 2,00m betragen, um den Fußgängern ein gefahrloses und bequemes Begegnen und Passieren zu ermöglichen.



  • Die Mindestbreite für die Begegnung zweier Fußgänger beträgt 1,50m und ist nur bei geringer Fußgängermenge anwendbar.

  • Für unvermeidbare Engstellen (Bereiche auf einer Länge von maximal 1,00m) ist eine minimale Durchgangsbreite von 1,20m zu erhalten..

  • Hierbei sind neben Rollstuhlfahrern auch Passanten mit Kinderwägen, Rollatoren oder Gepäckstücken zu berücksichtigen


Ausschließungsgründe für nicht signalgeregelte Schutzwege:



  • mehr als ein Fahrstreifen pro Richtung

  • im freien Streckenbereich von Schienenstraßen

  • keine ausreichenden Sichtverhältnisse

  • Die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit darf nicht über 55 km/h liegen



Klaus Robatsch, Othmar Thann (beide KFV) und Josef Michael Schopf (FSV) bei der Pressekonferenz auf der die neuen Richtlinien vorgestellt wurden.