Walter Leiss
Walter Leiss: „Ewig wieder die gleichen Forderungen zu erheben, die dann im Sande verlaufen, ist nicht zielführend. Ohne vorherige neue Aufteilung der Kompetenzen und Strukturreformen in vielen Bereichen, werden sie in keinem Finanzausgleich gelöst werden können.“
© Philipp Monihart

Und täglich grüßt das Murmeltier

Der Finanzausgleich ist ein vom Nationalrat beschlossenes Gesetz. Die Besonderheit ist die, dass es sich um ein sogenanntes paktiertes und zeitlich befristetes Gesetz handelt. Das Paktum bedeutet, dass ein Einvernehmen zwischen den beteiligten Gebietskörperschaften Bund, Land und Gemeinde erforderlich ist. Die Finanzausgleichspartner müssen sich daher auf dieses Gesetz einigen. Mit dem Gesetz sollen die mit den von den Gebietskörperschaften einhergehenden Aufgaben finanziert werden. Dies hat den Grund, dass der überwiegende Teil der Steuereinnahmen durch Bundessteuern erzielt wird. Die Steuern werden vom Bund festgelegt und von Bundesbehörden eingenommen. Die Verteilung der Erträge soll in weiterer Folge über die Ertragsanteile an die Länder und die Gemeinden erfolgen.

Mit dem Finanzausgleichsgesetz 2017 wurde ein Finanzausgleich für die Jahre 2018 bis Ende 2021 vereinbart. Die Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich hätten daher bereits Ende 2021 abgeschlossen werden müssen. Den dafür erforderlichen Verhandlungen ist allerdings die Pandemie dazwischengekommen. Die Pandemie, die keine Verhandlungen ermöglicht hat und die wirtschaftliche Ausgangslage völlig verändert hat.

Die Ausgaben sind durch diverse Unterstützungspakete explodiert und die Einnahmen stark zurück gegangen. Dazu kam die unsichere Aussicht für die künftige wirtschaftliche Weiterentwicklung. Notwendigerweise hat man sich darauf verständigt den Finanzausgleich 2017 um weitere zwei Jahre bis Ende 2023 zu verlängern. Man ging damals davon aus, dass durch die Verlängerung ein besseres Abschätzen der wirtschaftlichen Entwicklung möglich sein sollte.

Prognosen bleiben düster

Diese Hoffnung hat sich allerdings mit Beginn des Angriffskrieges durch Russland auf die Ukraine zerschlagen. Eine Energiekrise mit der verbundenen Preissteigerung und Inflation ist hereingebrochen. Düstere Aussichten für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die wiederum eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnahmen für Wirtschaft und Bürger erforderlich machten.

Auch für die Gebietskörperschaften und somit auch für die Gemeinden sind die Kostensteigerungen in vielen Bereichen spürbar geworden. Im Gesundheitsbereich, Sozial- und Pflegebereich, in der Bildung und in der Elementarpädagogik, letztlich in der gesamten Daseinsvorsorge, die die Gemeinden zu leisten haben, sind die Kosten explodiert.

Auf den Punkt gebracht, wie es Präsident Alfred Riedl formuliert hat: „Die Gemeinden brauchen mehr Geld“. Auch die Länder haben auf den gestiegenen Finanzbedarf für das Gesundheits- und Sozialwesen hingewiesen. Diese Forderung ist die, die nun zu Beginn der bevorstehenden Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich erhoben wurde. 

Ein willkommener Anlass für andere Experten, nun mehr wieder altbekannte Forderungen, die schon bei den letzten Verhandlungen ausführlich diskutiert wurden, zu erheben. Eine Bundesstaatsreform, genau so wie eine Föderalismusreform, sei erforderlich und müsse endlich erfolgen. Eine Strukturreform, mehr Aufgabenorientierung und Stärkung der Abgabenautonomie müssten endlich umgesetzt werden.

Reformwünsche in den Finanzausgleich zu packen, ist wenig erfolgversprechend

All diese Reformwünsche in den Finanzausgleich zu packen, ist wenig erfolgversprechend. Zurecht wurde schon in den letzten Verhandlungen darauf verwiesen, dass im Finanzausgleich bestehende Aufgaben zu finanzieren sind, aber im Finanzausgleich nicht erst zukünftig festzulegende Aufgabenverteilungen vorweg abgebildet werden können.

Dass eine Bundesstaatsreform und eine Föderalismusreform nicht im nächsten Jahr erledigt werden können, muss wohl nicht weiter diskutiert werden. Genauso wenig erscheint es sinnvoll, wieder mit den Themen der Aufgabenorientierung und Abgabenautonomie diverse Arbeitsgruppen zu beschäftigen.

Schwieriges Thema Aufgabenorientierung

Beide Themen wurden beim letzten Finanzausgleich ausführlich diskutiert, diverse Studien durchgeführt, aber letztlich kein Ergebnis erzielt. Die Aufgabenorientierung scheitert eigentlich schon daran, dass es nicht gelingen kann, bei den Aufgaben zwischen sogenannten Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben zu unterscheiden.

In welcher Qualität müssen Aufgaben erfüllt werden, wo liegen die Benchmarks und welche Effizienzkriterien sind daran geknüpft. Sollen Aufgaben finanziert werden, die schon erfüllt werden, oder soll ein Anreiz bestehen, die Mittel dafür zu verwenden, dass andere in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe auch zu erfüllen. Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen sind herzustellen. Wie wird berücksichtigt, dass viele Aufgaben durch Einbindung der Zivilgesellschaft erbracht werden und in anderen Bereichen dies nicht erfolgt. Sollen diese dadurch schlechter gestellt werden? Oder will man soziales Engagement der Bürger und Bürgerinnen dadurch unterbinden? 

Steuerautonomie ohne Reform der Grundsteuer?

Ähnlich kontrovers wurde das Thema der Abgabenautonomie diskutiert. Dabei hat man sich an eine echte Abgabenautonomie nie herangetraut.

Diskutiert wurden Zu- oder Abschlagssysteme bei der Einkommenssteuer, die von der Länderebene umgesetzt werden sollten. Dass selbst bei derartigen Systemen reiche Länder und Regionen Vorteile und ärmere Nachteile haben würden, liegt auf der Hand. Dies kann man an den befürwortenden und ablehnenden Haltungen der Länder in der damaligen Diskussion erkennen.

Eine Steuerautonomie zu diskutieren und gleichzeitig den Gemeinden den dafür erforderlichen Rahmen durch eine längst notwendige Reform der Grundsteuer zu verwehren, ist daher wenig erfolgversprechend. 

Leistungen brauchen finanzielle Mittel

Die Erwartungshaltung, dass mit dem kommenden Finanzausgleich große Strukturreformen einhergehen, ist daher überzogen.

Erforderlich wird sein, die mit einer dynamischen Kostenentwicklung verbundenen Aufgabenbereiche wie das Gesundheitswesen, das Sozial- und Pflegewesen, das Bildungswesen und die Elementarpädagogik mit mehr Mitteln auszustatten, wenn man will, dass diese Leistungen auch in Zukunft in dieser Qualität erbracht werden.

Parallel dazu gehören temporäre Unterstützungsleistungen, wie sie durch sogenannte 15a Vereinbarungen erfolgen, in ein dauerhaftes Regelsystem übergeführt. Sogenannte Anschubfinanzierungen müssen ein Ende haben. Die Aufgaben der Gemeinden als Schulerhalter müssen, wie dies an sich schon beim Abschluss des letzten Finanzausgleiches vereinbart war, geklärt werden.

Der Abriss zeigt, dass die Erwartungshaltungen an den künftigen Finanzausgleich nicht überzogen werden sollten. Ewig wieder die gleichen Forderungen zu erheben, die dann im Sande verlaufen, ist nicht zielführend. Ohne vorherige neue Aufteilung der Kompetenzen und Strukturreformen in vielen Bereichen, werden sie in keinem Finanzausgleich gelöst werden können. Die Arbeiten dazu sollten baldigst aufgenommen werden, um vielleicht beim übernächsten Finanzausgleich einer Lösung näher zu kommen.