Christian Mader
„Wir müssen zusammenhelfen, wenn wir uns als Region weiterentwickeln wollen.“ Christian Ma-der über das Bekenntnis zur interkommunalen Zusammenarbeit von Schlatt und seinen Nachbargemeinden.“

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Über Grenzen hinausdenken

Christian Mader ist nicht nur Bürgermeister der Gemeinde Schlatt. Der Landtags­abgeordnete ist Nachfolger von Hans Hingsamer und übernahm die Spitze des Oberösterreichischen Gemeindebundes.

Kleinod und Vielfalt“ steht auf dem Umschlag des Heimatbuchs von Schlatt. Ein wirklich treffender Titel, wenn man den Erzählungen von Christian Mader folgt. Der 43-jährige Bürgermeister beschreibt seine Heimatgemeinde, ebenso wie die sie umgebende Region, als überaus vielfältig: „Der Bezirk Vöcklabruck bildet ein gewisser Weise das gesamte Bundesland Oberösterreich ab. In meiner Gemeinde herrscht eine intensive Landwirtschaft vor, vor allem der Ackerbau. Genauso gibt es starke Wirtschaftsregionen mit bedeutenden Industriebetrieben. Kommt man in das Seengebiet, wo wir einen starken Tourismus haben, verändert sich auch die Landwirtschaft und tendiert eher zur Viehzucht.“

Schlatt
Schlatt ist eine von elf Ortschaften im gleichnamigen Gemeinde­gebiet und liegt verkehrsgünstig an der Westbahnstrecke und an der B1. Der Zentralort der Gemeinde im Hausruckviertel ist Schwanenstadt. Foto: Gemeinde Schlatt

Im Gespräch mit dem Ortschef von Schlatt wird schnell klar, dass er auf weit mehr Ebenen denkt als nur in den starren Kategorien der Gebietskörperschaften. Mader denkt über die Gemeindegrenzen hinaus, sucht (und findet) Kooperationen mit den Nachbargemeinden, nutzt Synergieeffekte, vernetzt sich intensiv mit den anderen Bürgermeistern des Bezirks und ist davon überzeugt, dass eine gemeinsame und abgestimmte Entwicklung der Region die beste Methode ist, um auch die Gemeinde voranzubringen. 

Seine Sichtweise wird schnell nachvollziehbar, wenn man einen Blick auf seinen Werdegang wirft. Der Vater zweier kleiner Kinder hat eine Schlosserlehre absolviert und den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen.

Parallel dazu engagierte er sich seit seiner Jugend politisch. Bereits 1997 wurde er Ortsgruppen­obmann der Jungen ÖVP Schlatt. 2003 wurde Mader Mitglied des Gemeinderates, 2009 Fraktionsobmann, 2010 Gemeindeparteiobmann und 2015 schließlich Bürgermeister. Als solcher befindet er sich gegenwärtig in seiner zweiten Amtsperiode.

Doch die Liste von Maders Stationen geht noch weiter. Schon in den 2010er-Jahren war die ÖVP für Mader eine ganze Dekade lang nicht nur politische, sondern auch berufliche Heimat. Als Bezirksgeschäftsführer der ÖVP Vöcklabruck lernte er die internen Abläufe kennen und knüpfte zahlreiche Kontakte. 2020 wechselte er die Position und wurde vom Bezirksgeschäftsführer zum Bezirkspartei­obmann, wodurch er seine Vernetzung in der Region nochmals intensivierte.

Christian Mader in Feuerwehruniform
Christian Mader ist leidenschaftlicher Feuerwehrmann bei der FF Schlatt. Aufgrund seiner zahlreichen anderen Aufgaben trat er kürzer und steht heute „nur“ noch im Rang eines Oberlöschmeisters.   

Seit Oktober ist der leidenschaftliche Feuerwehrmann zudem Landtagsabgeordneter. „Ich habe schon seit 2010 in meinem Angestelltenverhältnis ein bisschen gelernt, wie die Politik auf Landesebene funktioniert – ein Vorteil, wenn man im System mitgearbeitet hat und weiß, wie alles abläuft.“ Als Abgeordneter sieht er Zusammenhänge, Verstrickungen und Hindernisse, die man als Bürgermeister in der Form sonst nicht wahrnimmt. 

„Gesetze gelten meist für ganz Österreich oder das ganze Bundesland. Die Interessen einer einzelnen Region irgendwo abzubilden, ist natürlich schwierig. Meist steht sofort wieder ein Landes- oder Bundesgesetz im Weg, da andere  Schutzinteressen ebenso vorhanden sind“, weiß Mader: „Umso wichtiger ist es, wenn man den anderen Bürgermeistern erklären kann, warum etwas so ist, wie es ist, und ihnen gangbare Wege aufzeigen kann.“

Gelegenheit dazu bietet sich Mader zum Beispiel bei Treffen der „Seen-Bürgermeister“, wie erst am Vorabend des Interviews zuletzt stattgefunden. „Das machen wir bezirksübergreifend mit Gmunden. In unserem Bezirk gibt es ja drei Seen, und der Bezirk Gmunden kann auch mit einigen aufwarten. Wir haben die gleichen Probleme. Warum sollte man also überall das Rad neu erfinden? Wir waren 30 Bürgermeister aus dieser Region und gemeinsam Lösungen zu finden, war äußert ergiebig“, freut sich Mader.

Die Initiativen für ein themenspezifisches Zusammenarbeiten rund um Schlatt sind zahlreich. Wenn man dem Begriff „Koalition 
der Willigen“ auch eine positive Konnotation verleihen möchte, wären die Aktivitäten der örtlichen Gemeinden bestens dafür geeignet. Sich in Verbänden zu organisieren, ist in der Region traditionell populär – vom Reinhalteverband bis zu Standesamtsverbänden.

Das Gemeindeamt/Das „Verwaltungszentrum 5+“ in Oberndorf
Das „Verwaltungszentrum 5+“ in Oberndorf bei Schwanenstadt fungiert als Gemeindeamt für gleich fünf Kommunen: Pitzenberg, Pühret, Rutzenham, Oberndorf und Schlatt.

Seit 1. Jänner 2021 ist Schlatt sogar Teil der „Verwaltungsgemeinschaft 5+.“ Bei dieser sind fünf Gemeinden in einer Verwaltungseinheit gebündelt. „Dadurch, dass wir historisch schon immer Schwanenstadt als Zentrum gehabt haben und noch nie ein Gemeindeamt in der eigenen Gemeinde, war das nicht tragisch. Das gemeinsame Gemeindeamt und die kollektive Verwaltung haben in unserem Fall bis zur kleinsten Struktur hinunter weitaus mehr Vorteile als Nachteile.“ 

Mader weiß natürlich, dass das nicht überall möglich ist. Die geografischen und historischen Umstände in Schlatt seien dafür besonders günstig gewesen. „Es gibt den Zentralort Schwanenstadt, und je nachdem, wen man dazuzählt, zwischen neun und zwölf Gemeinden, die die Region bilden. Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit und in den letzten zwölf Jahren die Region als Gesamtes weiterentwickelt, dank der Erkenntnis: Ich muss den anderen nichts neidig sein. Vielmehr ist das Bewusstsein da, dass wir zusammenhelfen müssen, wenn wir uns als Region weiterentwickeln wollen.“

Gemeindekooperationen in vielen Bereichen

Ohne Neid und Missgunst war es auch möglich, die INKOBA-Region Schwanenstadt zu gründen. In diesem Fall sind es neun Gemeinden, die im Zuge der interkommunalen Betriebsansiedelung einen gemeinsamen Wirtschaftspark errichten möchten, statt dass jede Kommune ihr eigenes Süppchen kocht. „Dadurch minimieren wir den Bodenverbrauch und die Bodenversiegelung und werden gleichzeitig wettbewerbsstärker“, erklärt Mader.

Um die Kinderbetreuungssituation zu verbessern, hat sich Schlatt wiederum mit fünf anderen Gemeinden zusammengetan. „Wir sind eine Region mit gutem Zuzug und das Angebot der Kinderbetreuungsplätze war seit geraumer Zeit am Limit.“

Daher hat Mader mit seinem Amtsleiter und den Kollegen der Verwaltungsgemeinschaft das Projekt eines interkommunalen Kindergartens initiiert: „Direkt neben unserem Verwaltungszentrum in der Gemeinde Oberndorf entsteht eine gemeinsame sechsgruppige Kinderbetreuungseinrichtung. Schlatt ist mit einer Fläche von 11 km² eine ziemlich kompakte Gemeinde, aber auch aus allen anderen Gemeinden sind es nur wenige Kilometer zu diesem geografisch gut gelegenen Standort. Wer es braucht, kann sein Kind an fünf Tagen pro Woche bis 17 Uhr betreuen lassen. Schwankungen in der Anzahl der Kinder je Gemeinde und Jahrgang gleichen sich durch die Zusammenlegung besser aus.“ 

Zweifellos ist unter Mader Schlatt mit seinen traditionell eng verbundenen Nachbargemeinden noch ein Stück näher zusammengerückt. Seinem Einsatz zollt der Bürgermeister allerdings auch Tribut. Freizeit bleibt ihm nämlich kaum, und die wenige, die er hat, widmet er der Familie. „Ich lebe mein Politikerdasein wirklich mit Leidenschaft. Der Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern ist eine sehr angenehme Sache. Daher kann ich sagen, auf der einen Seite ist das mein Beruf, aber auf der anderen ist es auch ein bisschen wie ein Hobby. Egal welche Veranstaltungen oder Zusammenkünfte stattfinden, als Bürgermeister schaut man, dass man dabei ist.“ 

 Edelbrände der Destille­rie Parzmair genießen
Die Edelbrände der Destille­rie Parzmair genießen internationales Renommee.  Seinen Stammsitz hat der traditionsreiche Schlatter Familienbetrieb in der kleinen Ortschaft Staig. Foto: Destille­rie Parzmair

Gerne verbringt Mader seine Zeit auch bei der Freiwilligen Feuerwehr: „Ich hab fast alle Aus- und Weiterbildungen gemacht, die bei der Feuerwehr auch nur irgendwie möglich sind.“ Deshalb ist er auch im Katastrophenschutz versiert: „Sollte ein Blackout kommen, haben wir an destillierten Früchten jedenfalls genug“, lacht er und spielt damit auf die edlen Brände aus Schlatt an, die über Österreichs Grenzen hinaus einen hervorragenden Ruf genießen, und auf die die Einheimischen zu Recht stolz sind. Direktvermarkter gibt es in der Kommune übrigens bemerkenswert viele. Vom weithin bekannten  Gemüsebauernhof über Obst bis hin zum Fleisch reicht die Auswahl. 

Schon bisher hat Mader in seiner Funktion als Vorstandsmitglied des Gemeindebundes an der Evaluierung der „Gemeindefinanzen neu“ mitgearbeitet. Am 13. September wird er die Nachfolge von Hans Hingsamer als Präsident des oberösterreichischen Gemeindebundes antreten.

Schwager ist Linzer Bürgermeister

Dass Mader mit der Landesrätin und Gemeinde­referentin gut bekannt ist, wird ihm in seiner neuen Rolle ebenso wenig schaden wie der Umstand, dass der Linzer Bürgermeister und Präsident des oberösterreichischen Städtebundes, Klaus Luger, sein Schwager ist. Christian Mader hat es schon bisher verstanden, seine Kontakte und Netzwerke zum Wohle seiner Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Künftig dürfen nun alle oberösterreichischen Gemeinden (bis auf die drei Statutarstädte) von seinem Engagement profitieren. Bleibt nur noch, ihm für sein derzeitiges und das bevorstehende Amt mit all seinen Herausforderungen alles Gute zu wünschen! 

Zur Person

Christian Mader

Alter: 43
Gemeinde: Schlatt
Einwohnerzahl: 1430 (2022)
Bürgermeister seit: 2015
Partei: ÖVP