Ein Vorschuss für die Verteidigungskosten in den oftmals langwierigen (Ermittlungs-)Verfahren kann dabei durch die Gemeinde gewährt werden. Da zum Zeitpunkt der Gewährung des Vorschusses der Ausgang des Verfahrens idR noch nicht feststeht, ist es aber notwendig, eine auflösende Bedingung zu formulieren, um die Rückzahlung des Vorschusses im Falle einer Verurteilung entsprechend zu regeln.
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Recht

Tragung von Verteidigungskosten im Strafverfahren durch die Gemeinde

Gemeindevertreter, insbesondere Bürgermeister sehen sich immer häufiger mit – oftmals unbegründeten – strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert. Erfolgen diese Vorwürfe in Form strafrechtlicher Anzeigen, haben diese oft ein zeit- und kostenintensives Strafverfahren zur Folge. Die Frage ist, unter welchen Umständen die Körperschaft (Gemeinde) zur Tragung der Verfahrenskosten berechtigt bzw. gar verpflichtet ist.

Die Erstattung einer Strafanzeige ist für den Anzeiger bereits sehr niederschwellig möglich, ohne dass damit ein Kostenrisiko einhergeht. Eine (anonyme) Sachverhaltsdarstellung ist oftmals ausreichend, um ein Strafverfahren in Gang zu bringen. Die  Verfahrensführung/Ermittlungstätigkeit durch die Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei erfolgt auf Kosten des Staates, die Kosten der Verteidigung sind jedoch – auch im Falle der Einstellung des Verfahrens oder eines Freispruchs – grundsätzlich vom Beschuldigten selbst zu begleichen. Wie mit solchen Verfahrenskosten von gewählten Gemeindeorganen (idR Bürgermeister) umzugehen ist, ist im Gemeinderecht nicht explizit geregelt. 

Für Gebietskörperschaften fehlt es an höchstgerichtlichen Entscheidungen

Während die Ersatzfähigkeit von Verteidigungskosten bei Geschäftsführern und Vorständen von juristischen Personen des Privatrechts (GmbH/AG) im Falle einer Einstellung des Verfahrens oder im Falle eines Freispruchs (nicht im Falle einer Verurteilung!) allgemein anerkannt ist, fehlt es - soweit ersichtlich - bislang an höchstgerichtlichen Entscheidungen für den Bereich der Gebietskörperschaften. 

Während für Beamte des Bundes klare gesetzliche Regelungen für derartige Ansprüche bestehen, ist für den Fall von (gewählten) Gemeindeorganen ein Rückgriff auf allgemeine zivilrechtliche Bestimmungen notwendig. 

Verschuldensunabhängige Risikohaftung des Geschäftsherrn

Zentrale Bestimmung für die Ersatzansprüche von sogenannten „Machthabern“ ist § 1014 ABGB. Dabei handelt es sich um eine auftragsrechtliche Regel, die (unter anderem) eine verschuldensunabhängige Risikohaftung des Geschäftsherrn gegenüber dem Auftragnehmer normiert. Erfasst sind Schäden und Aufwendungen, die dem Auftragnehmer aufgrund der Auftragserfüllung erwachsen, also solche, bei denen sich gerade das spezifische Risiko seiner Tätigkeit verwirklicht („ex causa mandati“). 

Risikohaftung bei Tätigkeit in fremdem Interesse

§ 1014 ABGB ist grundsätzlich nur auf privatrechtliche Auftragsverhältnisse anwendbar, was bei Bürgermeistern aber gerade nicht der Fall ist, da sich deren Pflichten direkt aus dem Gesetz ergeben; aus diesem Grund ist eine analoge Anwendung der §§ 1002 ff ABGB geboten.

Der OGH sieht in § 1014 ABGB ein allgemeines Prinzip der „Risikohaftung bei Tätigkeit in fremdem Interesse“, so ist etwa die Geltung der Prinzipien des § 1014 ABGB jedenfalls auch für Arbeitsverhältnisse allgemein anerkannt. Die analoge Anwendung von § 1014 ABGB auch für gewählte Gemeindeorgane ist daher angezeigt.

Weiters ist anerkannt, dass die Gemeinde sogenannte „D&O“-Versicherungen zugunsten ihrer gewählten Organe abschließen darf; dabei wird vor allem auch das Risiko von Verteidigungskosten in Strafverfahren versichert. Aus diesem Gesichtspunkt muss es der Gemeinde auch offenstehen, die Entscheidung zu treffen, selbst das Risiko zu tragen, statt dieses gegen Entgelt (Versicherungsprämie) auf eine Versicherung auszulagern.

Verpflichtung zur Übernahme der Kosten ergibt sich aus dem Gesetz

Das Risiko, Beschuldigter in einem Strafverfahren zu sein, gehört zum typischen Risiko der Tätigkeit als Leitungsorgan (Geschäftsführer einer GmbH oder Bürgermeister einer Gemeinde), wenn sich das Verfahren konkret auf die ausgeübte Tätigkeit bezieht. Dabei ist zwischen der Zulässigkeit einer freiwilligen Übernahme und einer Verpflichtung zur Tragung der Kosten zu unterscheiden.

Hat sich das handelnde Organ (Bürgermeister) im Verhältnis zum Geschäftsherrn (Gemeinde) pflichtgemäß verhalten und wird das Verfahren zugunsten des Organs entschieden (Einstellung/Freispruch), ist der Geschäftsherr (Gemeinde) zum Ersatz der Vertretungskosten verpflichtet.

Dies wird insbesondere auch damit begründet, dass die Verurteilung des Organs in aller Regel nachteilig für die juristische Person ist; daher liegt die Abwehr von Anschuldigungen gegen das Organ auch im Interesse des Geschäftsherrn, also der juristischen Person.

Die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten ergibt sich somit unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf daher grundsätzlich keiner weiteren vertraglichen Vereinbarung. Endet das Verfahren jedoch nicht zugunsten des Vertreters (strafrechtliche Verurteilung), besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten des Verfahrens durch die Gemeinde; eine freiwillige Übernahme kann jedoch unter gewissen, engen Voraussetzungen zulässig sein. Jedenfalls unzulässig ist jedoch die (unbedingte) vertragliche Verpflichtung zur Übernahme im Vorhinein. 

Vorschuss für Verteidigungskosten kann durch die Gemeinde gewährt werden

„Im Falle einer Verfahrenseinstellung oder eines Freispruchs ist die Gemeinde zum Ersatz der Kosten, die dem Bürgermeister für ein Strafverfahren, das in direktem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Bürgermeister steht, nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet.“

Ein Vorschuss für die Verteidigungskosten in den oftmals langwierigen (Ermittlungs-)Verfahren kann dabei durch die Gemeinde gewährt werden. Da zum Zeitpunkt der Gewährung des Vorschusses der Ausgang des Verfahrens in der Regelnoch nicht feststeht, ist es aber notwendig, eine auflösende Bedingung zu formulieren, um die Rückzahlung des Vorschusses im Falle einer Verurteilung entsprechend zu regeln. Die Beiziehung rechtskundiger Unterstützung ist hierbei jedenfalls empfehlenswert.

Im Ergebnis ist die Gemeinde daher zum Ersatz der Kosten, die dem Bürgermeister für ein Strafverfahren, das in direktem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Bürgermeister steht, nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet. Bei der Beauftragung eines Strafverteidigers sind jedenfalls die Vorgaben (Beschlusserfordernisse) der jeweiligen Gemeindeordnungen genau zu beachten.