Blick auf Alpenwiese
Ein Blick auf die inner-österreichische Verteilung der touristischen Nächtigungen (In- und AusländerInnen) zeigt, dass der ländliche Raum mit deutlichem Abstand vor intermediären und städtischen Gebieten liegt.
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Tourismus als Faktor der ländlichen Entwicklung

Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Österreich. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass die Tourismusbranche im Jahr 2018 rund 8,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftete und somit in nicht unerheblichem Maß zur österreichischen Wertschöpfung beitrug [1, 2]. Der Tourismussektor ist von den aufgrund von Covid-19 verhängten Maßnahmen, wie Ausgangs- und Reisebeschränkungen und vorübergehenden Schließungen von touristischen Betrieben, besonders betroffen.

Gerade ländliche Regionen begünstigen Tourismus als Wirtschaftszweig durch naturnahe Landschaften, Ruhe, vielfältige landschaftsbezogene Freizeitaktivitäten sowie Kultur und Brauchtum.

Tourismus als wichtiger Faktor für die ländliche Entwicklung

Tourismus kann in ländlichen Gebieten als zentraler Faktor für die Regionalentwicklung fungieren, indem er durch positive ökonomische und soziale Effekte zum Ausgleich regionaler Disparitäten und zur Schaffung gleicher Lebensverhältnisse beiträgt [3].

So kann der Tourismus beispielsweise Arbeitsplätze schaffen, zusätzliche Einnahmen und Einkommen generieren oder zur Sicherung und zum Erhalt der Infrastruktur beitragen, die letztlich auch der ortsansässigen Bevölkerung zugutekommt.

Weiters ist es möglich, dass der Tourismus einen positiven Einfluss auf das Image der Region hat, welches sich wiederum positiv auf andere wirtschaftliche Standortfaktoren auswirkt [3].

Die Entwicklung, die Erhaltung und der Ausbau touristischer Strukturen sind daher neben traditionellen Ansätzen der Regionalentwicklung, wie Infrastrukturausbau oder der kostengünstigen Bereitstellung von Bauland, mittlerweile häufig ein fixer Bestandteil von Regionalentwicklungsstrategien [4].

Nächtigungen und Anzahl der Betriebe als zentrale Indikatoren

Vor diesem Hintergrund betrachtet der vorliegende Beitrag die Tourismuswirtschaft in den ländlichen Regionen Österreichs. Als zentrale Indikatoren werden die Anzahl der touristischen Nächtigungen und die Anzahl der touristischen Betriebe herangezogen.

Um ein differenziertes Bild der touristischen Strukturen zu zeichnen, werden diese beiden Indikatoren in ländlichen Räumen mit jenen in städtischen und intermediären Gebieten (entsprechend der Urban-Rural-Typologie der EU-Kommission) verglichen. Der Beitrag greift hierfür auf die Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat zurück. Aufgrund der Datenverfügbarkeit und im Sinne der Vergleichbarkeit mit anderen EU-Staaten werden Daten aus dem Jahr 2017 herangezogen.

Nächtigungen in Österreich im Jahr 2017 im europäischen Vergleich

Im Vergleich der Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben für TouristInnen liegt Österreich mit 86,0 Mio. Nächtigungen von AusländerInnen im Jahr 2017 in absoluten Zahlen und trotz seiner eher geringen Größe EU-weit auf Platz 6. Damit liegt es hinter den Ländern Spanien, Großbritannien, Italien, Frankreich und Griechenland und vor Deutschland, Kroatien, Portugal und den Niederlanden.

Da Österreich auch für Inländerinnen und Inländer eine beliebte Tourismusdestination darstellt, ist auch die Anzahl der touristischen Nächtigungen dieser interessant. Im Jahr 2017 gab es 35,1 Mio. touristische Nächtigungen durch InländerInnen. Insgesamt belief sich die Anzahl touristischer Nächtigungen in Österreich 2017 damit auf 121,1 Mio.   

Ländlicher Raum mit den meisten Nächtigungen

Ein Blick auf die inner-österreichische Verteilung der touristischen Nächtigungen (In- und AusländerInnen) zeigt, dass der ländliche Raum mit deutlichem Abstand vor intermediären und städtischen Gebieten liegt.

Mit 80,5 Mio. Nächtigungen fanden im Jahr 2017 rund 67 Prozent der touristischen Nächtigungen in Österreich im ländlichen Raum statt. Städtische Gebiete verzeichneten mit circa 18 Prozent der touristischen Nächtigungen (22,0 Mio. touristische Nächtigungen) im Jahr 2017 einen deutlich geringeren Anteil.

Noch weniger touristische Nächtigungen erfolgten 2017 in österreichischen Kleinstädten und Vororten, die im selben Jahr mit 18,6 Mio. touristischen Nächtigungen auf einen Anteil von circa 15 Prozent kamen.

Touristische Nächtigungen in Österreich im Jahr 2017
Datenquelle: Eurostat, eigene Berechnung, Grafik: Andrea Tony Hermann

Im Vergleich zum EU-weiten Durchschnitt ist der österreichische Wert von touristischen Nächtigungen in ländlichen Gebieten sehr hoch. EU-weit entfielen im Jahr 2017 rund 38 Prozent der touristischen Nächtigungen auf Städte, circa 32 Prozent auf Kleinstädte und Vororte und lediglich rund 30 Prozent auf ländliche Gebiete.

Im EU-Ländervergleich der touristischen Nächtigungen in ländlichen Regionen führt Österreich die Liste der EU-28-Staaten vor Griechenland, Kroatien und Dänemark an. Wobei der hohe Anteil in Österreich auf die Alpenregionen (insbesondere in Tirol und Salzburg), in den anderen drei Ländern auf ihre Küstenregionen zurückzuführen ist.

Anstieg der touristischen Nächtigungen auf dem Land

Der Tourismus erscheint somit als wichtiger Wirtschafts- und Regionalentwicklungsfaktor auch und gerade im ländlichen Österreich. Trotz des ohnehin hohen Niveaus ist die Zahl der touristischen Nächtigungen auf dem Land zwischen 2012 und 2017 nahezu kontinuierlich von 74.405.249 (2012) auf 80.513.833 (2017) und somit um 6.108.584 Nächtigungen gestiegen.

Die jährlichen Steigerungsraten lagen in diesem Zeitraum zwischen 0,86 Prozent (2013) und 4,51 Prozent (2016) zum jeweiligen Vorjahr. Lediglich von 2013 auf 2014 war ein leichter Rückgang von 1,54 Prozent zu verzeichnen. Zwischen 2016 und 2017 ist die Zahl der touristischen Nächtigungen wieder um 3,21 Prozent angestiegen.

Entwicklung der Nächtigungen auf dem Land in Österreich 2012-2017
Datenquelle: Eurostat, Grafik: Andrea Tony Hermann

Großteil der Tourismusbetriebe auf dem Land

Entsprechend den hohen Nächtigungszahlen findet sich auch der Großteil der touristischen Betriebe in den ländlichen Regionen Österreichs. So lag der Anteil der Betriebe, Zimmer und Schlafgelegenheiten auf dem Land im Jahr 2017 bei rund 79 Prozent. 16.457 der österreichweit 20.885 Beherbergungsmöglichkeiten befanden sich in ländlichen Regionen.

Demgegenüber stehen lediglich 1.632 Betriebe, Zimmer und Schlafgelegenheiten in städtischen Gebieten, die 8 Prozent der Tourismusbetriebe in Österreich ausmachen. Eine Zwischenposition auf niedrigem Niveau nehmen intermediäre Gebiete ein: Hier gab es im Jahr 2017 2.796 Betriebe, Zimmer und Schlafgelegenheiten und somit 13 Prozent der österreichischen Tourismusbetriebe.

Anteil der Tourismusbetriebe
Datenquelle: Eurostat, eigene Berechnung, Grafik: Andrea Tony Hermann

Anzahl der Tourismusbetriebe auf dem Land kaum verändert

Die Anzahl der Tourismusbetriebe im ländlichen Raum hat sich zwischen 2012 und 2017 nur leicht verringert. Während die Anzahl der Betriebe zwischen 2012 und 2016 einen konstanten, aber nur sehr leichten Rückgang von 16.644 auf 16.334 Betriebe verzeichnete, so steigt sie seither wieder leicht an. Insgesamt waren es im Jahr 2017 mit 16.457 Betrieben und somit 123 Betriebe mehr als im Vorjahr.

Tourismusbetriebe im ländlichen Raum
Datenquelle: Eurostat, Grafik: Andrea Tony Hermann

Herausforderungen der ländlichen Tourismusentwicklung

Trotz der vielfältigen und umfangreichen Potenziale, die der Tourismus auch für die ländliche Entwicklung birgt, werden in der Forschung auch immer wieder zentrale Herausforderungen der Tourismusentwicklung für ländliche Gebiete diskutiert [3].

Hierzu zählen, unter anderem, die teilweise schwierige Erreichbarkeit der Tourismusregionen von den touristischen Quellgebieten durch öffentlichen Nahverkehr und die ausbaufähigen Mobilitätsangebote vor Ort [3].

Weiters werden auch soziale Auswirkungen des Tourismus angesprochen, zu denen beispielsweise die Änderung der Lebensstile, die Kommerzialisierung von Bräuchen oder die Entstehung sozialer Disharmonie durch steigende Einkommensunterschiede und Konflikte zwischen touristischen Betrieben zählen [3].

Weiters führen ForscherInnen noch die potenziellen Effekte der touristischen Entwicklung auf die Naturlandschaft und Wildtiere, verkehrsbedingte Emissionen und den höheren Energie- und Wasserverbrauch ins Feld [3].

All diese Herausforderungen hängen jedoch in nicht unerheblichem Maße von der Intensität und konkreten Ausgestaltung touristischer Aktivitäten ab. Außerdem ist zu betonen, dass diese Herausforderungen nicht für alle ländlichen Gebiete gelten und außerdem nicht notwendigerweise gleichzeitig auftreten [3].

Kontextsensibler, zukunftsfähiger Tourismus

Die möglichen Herausforderungen deuten darauf hin, dass es stetiger Bemühungen bedarf, um den Tourismus im ländlichen Raum in ökonomischer, sozialer und ökologischer Hinsicht zukunftsfähig zu gestalten und die Potenziale des Tourismus für ländliche Entwicklung zu nutzen. Gerade die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel könnten zukünftig an Bedeutung gewinnen.

Außerdem könnte die Umsetzung vielfältiger neuer Tourismuskonzepte als Ergänzung zu bestehenden Angeboten geprüft werden. Eine besondere Bedeutung kann bei der zukunftsfähigen Gestaltung des Tourismus im ländlichen Österreich der Berücksichtigung regionaler Stärken zukommen, insbesondere wenn erfolgreiche Tourismuskonzepte aus anderen Regionen oder Ländern übertragen werden sollen. Bei einer zukunftsfähigen Gestaltung kann der Tourismus auch langfristig einen wichtigen Faktor für die Entwicklung ländlicher Räume in Österreich darstellen.

Covid-19 als zentrale Herausforderung für ländliche Entwicklung

Zuvor bedarf es jedoch der Bewältigung der durch Covid-19 entstandenen spezifischen Herausforderung für den ländlichen Tourismus und die damit verbundene Regionalentwicklung. Ausgangs- und Reisebeschränkungen sowie vorübergehende Hotelschließungen treffen die Tourismusbranche besonders stark und kann sich durchaus in einer Reduktion der touristischen Nächtigungen und möglicherweise sogar der Tourismusbetriebe im Land niederschlagen. Da die Anteile von touristischen Nächtigungen und Betrieben in ländlichen Regionen besonders hoch sind, könnten sich diese auch besonders auf die ländliche Entwicklung auswirken. 

Wie umfangreich diese Effekte für ländliche Gebiete ausfallen, hängt letztlich von vielen Faktoren ab: So wird es beispielsweise darauf ankommen, wann und unter welchen Bedingungen eine Öffnung der Tourismusbetriebe sowie der vor- und nachgelagerten Branchen wieder möglich ist.

Es wird sich auch zeigen, inwieweit Förderungen und/oder Kompensationszahlungen seitens der politischen EntscheidungsträgerInnen bereitgestellt werden (können). Eine wichtige Rolle für den Erhalt und die Wiederbelebung des heimischen Tourismus wird außerdem spielen, wann die Ausgangs- und Reisebeschränkungen im In- und Ausland gelockert bzw. aufgehoben werden und Reisende aus dem In- und Ausland wieder in Österreich Urlaub machen können. Die Bundesregierung hat die Österreicherinnen und Österreicher bereits zum „Sommerurlaub in Österreich“ aufgerufen.

Angesichts der Herausforderungen für den ländlichen Tourismus in der aktuellen Covid-19-Krise erscheinen vor allem integrierte Regionalentwicklungskonzepte, die Tourismusentwicklung mit anderen Feldern der Regionalentwicklung vernetzen und die Tourismusbranche in umfangreiche Gesamtkonzepte regionaler Entwicklung einbetten, für ländliche Räume besonders zentral.

Anmerkungen und Quellen

[1] Anmerkung: ohne Dienst- und Geschäftsreisen, direkte und indirekte Effekte

[2] Bundesministerium Nachhaltigkeit und Tourismus (2019): Tourismus und Freizeitwirtschaft. Österreich 2018. Wien. (https://www.bmlrt.gv.at/tourismus/tourismus-in-oesterreich/lagebericht.html, Stand: 17.3.2020)

[3] Rein, Hartmut/Schuler, Alexander (2012): Tourismus im ländlichen Raum. In: Rein, Hartmut/Schuler, Alexander (Hrsg.): Tourismus im ländlichen Raum. Wiesbaden. S. 3-10.

[4] Oberbauer, Katharina (2017): Regionalentwicklung durch Tourismus. Eine Chance für periphere Räume? Wien.